Inwieweit interessieren/engagieren sich Studenten heute noch für Politik

Politik – nein danke!?

Pfarrer Dr. Peter Marinkovic von der Evangelischen Hochschulgemeinde glaubt an das politische Engagement der Studenten.	Fotos: aw, ms

Pfarrer Dr. Peter Marinkovic von der Evangelischen Hochschulgemeinde glaubt an das politische Engagement der Studenten. Fotos: aw, ms

Schwabing/Maxvorstadt · Haben die Studenten von heute eigentlich noch politisches Interesse oder nicht? Seit einigen Wochen finden in der Ludwig-Maximilians-Universität zwar zahlreiche Veranstaltungen zum Thema »60 Jahre Weiße Rose« statt.

Bundespräsident Johannes Rau hielt in der Uni-Aula eine Rede, ebenso wie Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Auch die Studierendenvertretung erinnerte am 19. Februar mit einer Performance an die Hinrichtung der Widerstandskämpfer. Das ist Geschichte.

Doch wie sieht es heute mit dem gesellschaftlichen Engagement der Studierenden aus? »Gesellschaftskritisch sind die meisten nicht«, bedauert Gangolf Schüßler, Studentenpfarrer und Leiter der Katholischen Hochschulgemeinde in der Leopoldstraße 11.

»Es geht ihnen vielmehr darum Ressourcen zu sammeln, Selbstkompetenz zu stärken und Konflikte zu bewältigen«, außerdem gäbe es »kaum politisches Bewusstsein« erzählt der Seelsorger: »Es gibt zwar ein starkes Bewusstsein für die Konflikte in der Welt, aber keinen Glauben daran, dass jemand etwas ändern könnte«.

In der Katholischen Hochschulgemeinde treffen sich die Studenten um gemeinsam zu beten, zu feiern und sich auszutauschen, doch »politische Diskussionen finden keine statt«, so Schüßler. Zwar engagieren sich die Mitglieder der Hochschulgemeinde in der Bahnhofsmission, doch eine Reflexion über diese Erfahrungen kann der Hochschulpfarrer »nicht erkennen«. »Es stimmt leider, dass es unter den Studenten wenig politisches und gesellschaftliches Interesse gibt« räumt auch Fee Dürr ein.

Die 22-jährige Soziologiestudentin engagiert sich bei der Studentengruppe von Attac, einer globalisierungskritischen Bewegung. Seit zwei Jahren ist Attac an der Münchner Uni präsent, doch bisher sind nur 15 Studierende dort aktiv. »Die meisten haben schon eine eher egoistische Einstellung« vermutet Fee Dürr, »wenn sie sich für etwas einsetzen, dann sind es eher Dinge, die sie selbst betreffen, wie zum Beispiel die Einführung von Studiengebühren«.

Etwas andere Erfahrungen mit Studierenden hat hingegen Dr. Peter Marinkovic, Pfarrer an der Evangelischen Hochschulgemeinde in der Friedrichstraße 25 gemacht: »Natürlich hat sich das gesellschaftliche und politische Bewusstsein in den letzten 25 Jahren verändert, aber seit dem 11. September ist es wieder stärker im kommen«. So wird an der Evangelischen Hochschulgemeinde ganz bewusst »nach Formen des sozialen Engagements gesucht«, berichtet er.

Auch Dr. Mathias Rösch, Leiter der »Weiße Rose Stiftung e.V.« sieht ein »ganz deutliches Interesse an gesellschaftlichen Themen« unter den Studierenden. Laut Rösch besuchen jährlich bis zu 15.000 Menschen« die Gedenkstätte der »Weißen Rose« in der LMU, »und darunter sind viele Studenten«. Also doch politisches Interesse?!? Oder einfach nur Interesse für Geschichte ohne selbst aktiv zu werden? aw

Artikel vom 06.03.2003
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