Fest Junger Erwachsener oder auch »Ist Politik ein kleiner Horrorladen?«

Wie im wirklichen Leben

»Der kleine Horrorladen«: Highlight beim Fest Junger Erwachsener.	Foto: rme

»Der kleine Horrorladen«: Highlight beim Fest Junger Erwachsener. Foto: rme

Altstadt/ Lehel/ Maxvorstadt/ Isarvorstadt/ Ludwigsvorstadt · Den Nikolaus mag es ein bisschen »irritiert« haben, was da an »seinem« Tag im Vollmarhaus-Theater am Oberanger vor sich ging.

Denn mit adventlicher Beschaulichkeit hatte das »Fest Junger Erwachsener« nun wirklich überhaupt nichts zu tun: Statt Lebkuchen gab‘s Hotdogs, statt Krippenspiel stand »Der kleine Horrorladen« auf dem Programm – ein Musical mit einer schaurig-schönen, blutschlürfenden Pflanze als Hauptdarstellerin.

Aber das Fest Junger Erwachsener solle ja auch ganz bewusst »nicht so getragen daherkommen« und »kein Event unter Tausenden sein«, betont Wolfgang Püschel, Chef des Bezirksausschuss Altstadt-Lehel (BA 1). Und seine Kollegin Ricarda Mayer, Kinder- und Jugendbeauftragte des Bezirks Altstadt-Lehel ergänzt: »Hier sollen die Jugendlichen die Möglichkeit haben, mit den Politikern hautnah in Kontakt zu kommen, ihre Wünsche und Fragen vorzubringen.« Der Bezirk Altstadt-Lehel hat die »Party« für die 18-Jährigen aus den sechs Innenstadtbezirken in diesem Jahr hauptverantwortlich ausgerichtet.

Doch auch die übrigen »Innenstadt-BAs« 2, 3, 4 und 12 sind auf der Feier stark vertreten – ebenso wie Stadtrat und Landtag. Sogar der »Nikolaus« ist gekommen. – Nein, nicht der mit dem weißen Bart und dem roten Mantel, sondern der »Neue« aus dem Stadtrat: Nikolaus Gradl (SPD), der mit seinen 25 Jahren noch ziemlich nah dran ist an den 18-Jährigen.

Aber die Gespräche zwischen Politikern und Jugendlichen (letztere sind nicht so zahlreich erschienen wie in den letzten Jahren) kommen zunächst nur sehr schleppend in Gang. Liegt es daran, dass die Einsparungen auf allen Ebenen den »Nachwuchs-Wählern« die Lust auf Politik endgültig vermiest haben?

Der skeptische Blick von Jacqueline Ftacsek aus dem Lehel verrät Zustimmung: »Bei der momentanen Wirtschaftslage ist es für mich eigentlich keine Ehre, von der Stadt eingeladen zu werden«, erklärt sie bestimmt. »Trotzdem finde ich es ganz gut, dass hier wenigstens ein bisschen Geld für die 18-Jährigen ausgegeben wird.« Die Skepsis gegenüber Politik und Politikern ist an diesem Abend häufig zu spüren.

Auch Bürgermeisterin Gertraud Burkert, die das Fest seit vielen Jahren eröffnet, muss zugeben: »Die Situation ist natürlich längst nicht mehr so gut wie zu ›unserer Zeit‹. Stagnation wird heute schon als beängstigend empfunden.«

Im letzten Jahr, so die Bürgermeisterin, habe sie ein Jugendlicher auf diesem Fest sogar gefragt: »Wie steht´s mit meiner Rente?«

Den wachsenden Sorgen der Jugendlichen versuchen die Politiker weiterhin motivierend entgegenzuwirken. »Wir müssen gemeinsam anpacken und aktiv werden«, so Burkerts Wahlspruch. Und Püschel fordert die 18-Jährigen in seiner Begrüßungsansprache auf: »Erklären Sie ruhig den Politikern, wie Politik ihrer Meinung nach funktionieren sollte.«

Obwohl viele Jugendliche nach eigenen Angaben »nur wegen des Musicals« gekommen sind, formieren sich nach der Vorstellung doch einige »gemischte« Gesprächsrunden. rme

Artikel vom 12.12.2002
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