Auf kleinen Füßen durch das Pfarrgebiet von St. Joseph

Große Entdeckungsreise

Das Wagmüller-Grabmal am Alten Nördlichen Friedhof wird genauestens unter die Lupe genommen.

Das Wagmüller-Grabmal am Alten Nördlichen Friedhof wird genauestens unter die Lupe genommen.

Maxvorstadt · In der Kirche ist die Hölle los: Etwa 80 kleine Füße trappeln den Hauptgang auf und ab, aufgeregtes Gewisper und fröhliches Lachen erfüllt die sonst so stillen heiligen Hallen von St. Joseph.

Eine »Entdeckungsreise« der jüngsten Gemeindemitglieder ist hier im Gange, denn die Pfarrei St. Joseph veranstaltet im Rahmen ihrer Jubiläumswochen (wir berichteten) einen geführten Spaziergang für Kinder unter dem Motto »Auf kleinen Füßen durch unser Pfarrgebiet«.

Der »Josephszyklus« ist das erste Ziel der Entdeckungsreise. Was hat der oft etwas »stiefmütterlich« behandelte Vater von Jesus eigentlich so gemacht? Wie ein Bilderbuch erzählen die 14 Gemälde an den Kirchenwänden vom Leben des Heiligen – so anschaulich, dass die Kinder kaum mehr zusätzliche Erklärungen von Führerin Angelika Obermeier brauchen.

Dafür lauschen sie umso gespannter der Geschichte der Elisabeth-Statue. Als Kaiserin Elisabeth von Österreich ermordet wurde, stellte man eine Statue ihrer Namenspatronin, der Heiligen Elisabeth, in der Kirche auf. – »Sissi« ermordet! Da werden viele kleine Augen ganz groß, viele Mündchen bleiben offen stehen.

Schließlich kennt man die schöne Kaiserin aus dem Fernsehen!

Doch bald schon sind die trüben Gedanken wieder verflogen, denn die kleinen Füße trippeln weiter Richtung Schwindschule – früher einmal die erste »Verwahranstalt« für Arbeiterkinder in München. »Die Kinder hatten hier ziemlich wenig Platz«, erzählt Angelika Obermeier. »Die Mädchen noch weniger als die Jungen.« – »Das ist ja ganz fies«, tönt es empört aus der Runde.

Nächste Station: Der Alte Nördliche Friedhof. Die Führerin hält das Bild des berühmten Grabmals in die Höhe, das Bildhauer Michael Wagmüller hier vor über 100 Jahren für seine beiden Töchter errichtet hat. »Wer findet dieses Grab zuerst – auf die Plätze fertig los!« Mit fröhlichem Geschrei setzen sich die kleinen Füße in Bewegung, und schon kurze Zeit später melden sich die ersten »Entdecker«.

Nachdem das Monument genauestens unter die Lupe genommen ist und alle die traurige Geschichte des Bildhauers gehört haben, steuert der Trupp als letzte Station den Elisabethplatz an. In der Grünfläche, am angeblich »höchsten Punkt Schwabings« entdecken die Spürnasen ein kleines, in die Erde eingelassenes Schild: »Sie befinden sich jetzt am Elisabethenhügel und sehen das Rathaus nicht«, steht darauf. »Damit wollten die Arbeiter vor 100 Jahren das Rathaus am Marienplatz auf ihre Sorgen und Nöte aufmerksam machen«, erklärt Angelika Obermeier.

Genau wie die Arbeiter damals dürfen nun auch die Kinder dem Rathaus eine Botschaft schicken – per »Luftpost«! Und so steigen etwa vierzig gelbe Ballons mit Kinderwünschen – aufgemalt oder aufgeschrieben – zum Himmel. Zumindest der Wunsch, dass es in der Pfarrei St. Joseph künftig häufiger solche »Kinderspaziergänge« gibt, wird wohl kein Hirngespinst bleiben, verspricht Kirchenpflegerin Dorothea Merforth. rme

Artikel vom 24.10.2002
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