Infos über Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Wenn der Wille verlorengeht

München · Das Grundrecht auf Leben schließt nicht das Recht auf Sterben ein, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil und erteilte damit der aktiven Sterbehilfe eine deutliche Abfuhr.

Geklagt hatte eine Engländerin, die – vom Hals abwärts gelähmt – im Rollstuhl saß. Auch in Deutschland wird in etlichen Patienten-Testamenten der Wunsch geäußert, ab einem bestimmten Krankheitsstadium die medizinische Behandlung abzubrechen.

Schließlich ist die Vorstellung, im Alter oder bei Krankheit einmal nicht mehr selbst handeln oder seinen Willen äußern zu können, sehr beunruhigend. Doch welche Möglichkeiten gibt es, rechtzeitig seinen Willen zu formulieren? Und welche formalen und inhaltlichen Gesichtspunkte muss man dabei beachten?

In der neuen Broschüre »Patientenverfügung, Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügung« informiert die Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V. (DVEV) jetzt über die Möglichkeiten, wie das Recht auf Selbstbestimmung und Menschenwürde auch bei einer schweren oder unheilbaren Krankheit bestmöglichst gewahrt wird.

So erklärt die Broschüre aus der DVEV-Reihe »Erbrecht verständlich« nicht nur die Unterschiede zwischen Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Sie enthält auch Formulierungsbeispiele, wie solche Verfügungen formal und inhaltlich abgefasst werden können.

So wird in einer Patientenverfügung beispielsweise festgelegt, wie sich die behandelnden Ärzte im Falle einer unheilbaren Krankheit verhalten sollen. »Der Patient kann bereits im Vorfeld seine Behandlungswünsche aufschreiben und angeben, in welchem Umfang er lebenserhaltende Maßnahmen wünscht.

Lehnt er zum Beispiel ab einem gewissen Krankheitsstadium Maßnahmen wie Wiederbelebung oder Ernährung per Magensonde ab, sollte er dies in der Patientenverfügung festhalten«, erläutert Rechtsanwalt Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge DVEV.

Doch inwieweit können die Wünsche des Betroffenen berücksichtigt werden, ohne dass sich der behandelnde Arzt oder der Angehörige in die Gefahr einer strafbaren Handlung begibt?

Grundsätzlich gilt: Eine gezielte Lebensverkürzung durch Maßnahmen, die den Tod herbeiführen oder das Sterben beschleunigen sollen, ist unzulässig und mit Strafe bedroht. Anders bei Maßnahmen zur gezielten Schmerzlinderung. Diese werden selbst dann für straflos erachtet, wenn sie eine lebensverkürzende Wirkung mit sich bringen.

Hat der Sterbevorgang bereits eingesetzt, kann – ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen – auch auf lebensverlängernde Maßnahmen wie künstliche Beatmung, Bluttransfusion oder künstliche Ernährung verzichtet werden. Das Abschalten der Geräte kann aber auch in anderen Fällen legal sein.

»Ist der Patient unheilbar krank, kann der Abbruch einer ärztlichen Behandlung ausnahmsweise zulässig sein, auch wenn der Sterbevorgang noch nicht eingesetzt hat. Ein entsprechender Wunsch ist daher zu befolgen«, erklärt Jan Bittler. »Aber auch ohne akuten Anlass«, so der DVEV-Geschäftsführer, »hilft eine Verfügung, für alle Fälle vorzusorgen«.

Artikel vom 02.10.2002
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