Was Jugendliche vom »Haus am Schuttberg« so über die Politik denken

»Leere Versprechungen«

Die Jugendlichen vom »Haus am Schuttberg« interessieren sich auch für Politik.	Foto: aw

Die Jugendlichen vom »Haus am Schuttberg« interessieren sich auch für Politik. Foto: aw

Schwabing · »Spaßgesellschaft« und »Politikverdrossenheit« sind zwei Schlagworte die momentan ständig auftauchen. Doch interessieren sich die sogenannte Spaßgesellschaft und insbesondere Jugendliche wirklich nicht für Politik?

»Natürlich interessieren wir uns dafür, auch wenn manche von uns noch nicht wählen dürfen und das vielleicht in Deutschland auch nie dürfen«, betonen die vier Freunde Stephie Jerasch, Shad Faraj, Zivian Tenya und Ivan Stanculovic vom Jugendtreff »Haus am Schuttberg e.V.« in der Belgradstraße 169.

Das Haus wurde 1977 als Stadtteilinitiative gegründet, schwerpunktmäßig als Kinder- und Jugendtreff. Für viele Jugendliche ist es zur zweiten Heimat geworden. Hier wird gespielt oder Musik gehört, aber auch viel diskutiert. Stephie ist die einzige in der Gruppe, die bereits 18 Jahre alt ist und auch einen deutschen Pass hat.

Eigentlich hätte sie im Frühjahr schon bei der Kommunalwahl wählen dürfen »aber es hat mich eigentlich nicht interessiert«. Doch inzwischen hat sie ihre Meinung geändert. »Bei meiner Ausbildung zur Bürokommunikationskauffrau komme ich mit vielen Leuten zusammen, die mich davon überzeugt haben, dass es wichtig ist, zu wählen«.

Trotzdem überzeugt sie der Wahlkampf nicht. »Das sind doch alles leere Versprechungen«. Den Wahlkampf verfolgen die vier Jugendlichen nicht bewusst, aber »man hört halt so einige Sachen«. Ob diese Sachen für die Jugendlichen auch glaubhaft sind? »Eigentlich nicht, das meiste macht mich wütend, was ich so höre«, sagt der 17-jährige Shad. Er und sein gleichaltriger Freund Zivian stammen aus dem Irak und deshalb ist natürlich der drohende Krieg zwischen den USA und ihrem Heimatland ein wichtiges Thema für sie.

Vom zukünftigen Bundeskanzler, egal ob Schröder oder Stoiber, erwarten sie, dass er sich für den Weltfrieden stark macht und sich mehr für die Belange der Jugendlichen einsetzt. »Fernseh-Duell« oder sonstige politische Sendungen stehen nur selten auf dem Programm der Freunde, das ganze sei »zu langweilig«. Was sie interessiert, sind die witzigen Aspekte des Wahlkampfes und damit werden sie bei Stefan Raabs »TV Total« bestens bedient. »Unterschätzen Sie nicht, was der Raab da macht«, betont Andrea Kelle, Leiterin des Jugendcafés im Haus am Schuttberg. Die Sendung sei durchaus für die Jugendlichen meinungsbildend.

Was sich zukünftig ändern müsste? »Die hohen Arbeitslosenzahlen und, dass seit der Einführung des Euro alles so teuer geworden ist«, so die einhellige Meinung der Jugendlichen. Null Bock auf Politik? Bei den Schwabingern bestimmt nicht. aw

Artikel vom 19.09.2002
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