Neues Frauenwohnheim an der Agnesstraße eingeweiht: Zuhause auf Zeit

Alle 44 Zimmer bereits ausgebucht

Schwabing · »Gut Ding braucht Weile«, heißt ein altes Sprichwort. Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

Das neue Wohnheim für obdachlos gewordene Frauen in der Agnesstraße 11 ist eine solche Ausnahme: Dank engagierter Zusammenarbeit zwischen der Stadt München und dem Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) konnte das Projekt »Haus Agnes« binnen eines halben Jahres auf die Beine gestellt werden. »Das ist Rekordzeit!«, freute sich Bürgermeisterin Gertraud Burkert am letzten Donnerstag bei der Einweihung des Hauses.

Das Wohnheim im Herzen von Schwabing, mit seinen 44 voll möblierten Einzelzimmern, verschiedenen Gemeinschaftsräumen und einem großen Garten, komme die Stadt »nicht eben billig«, gestand die Bürgermeisterin. 480.000 Euro werde man jährlich dafür aufwenden müssen. »Aber die Frauen haben es verdient«, so Burkert. »Sie leben vorher oft lange Zeit unter menschenunwürdigen Bedingungen, weil sie sich ihrer Notlage schämen.«

Wie die Bürgermeisterin hervorhob, stehe hinter jeder dieser Frauen ein schweres menschliches Schicksal. Misshandlung in der Ehe, psychische und Suchtprobleme sowie eine schlechte finanzielle Absicherung führten für viele in einen Teufelskreis, aus dem nur schwer wieder zu entkommen sei.

Deswegen sind die Wartelisten für einen Platz in einem der betreuten Wohnheime in München beinahe endlos lange. Auch das Haus in der Agnesstraße war bereits kurz nach der Inbetriebnahme ausgebucht, erklärt Heimleiterin Elke Prumbach vom SKF: »Am 9. März haben wir unsere erste Bewohnerin aufgenommen. Seitdem rufen täglich neue Frauen an, die wir aber schon lange nicht mehr unterbringen können.«

Umso wichtiger sei schnelles Handeln, meint Prumbach. Innerhalb eines halben Jahres sollen die 44 Frauen, die jetzt in Haus Agnes Zuflucht gefunden haben, in andere Wohnungen weitervermittelt werden, wo sie dauerhaft bleiben können. »Unser oberstes Prinzip ist Hilfe zur Selbsthilfe«, betont Karin E. Müller, Geschäftsführerin des SKF München, der viele »Übergangsheime« für wohnungslos gewordene Männer und Frauen betreut.

Die Erfahrung zeige allerdings, dass es immer schwieriger werde, dauerhafte Unterkünfte für die Heimbewohner zu finden. »Die bezahlbaren Angebote nehmen immer mehr ab«, klagt Müller. Außerdem brauchten viele der wohnungslos gewordenen Frauen längerfristige Betreuung: zum Beispiel durch psychiatrische Dienste oder Suchthilfeeinrichtungen.

Doch hier hat die Heimleitung von Haus Agnes bereits erste Maßnahmen ergriffen. »Ein runder Tisch mit anderen sozialen Einrichtungen ist bereits installiert«, verkündete Elke Prumbach stolz bei der Einweihung. Erleichtert zeigte sie sich auch darüber, dass die Nachbarn in der Agnesstraße dem neuen Wohnheim bisher recht unvoreingenommen gegenüberstehen. Im Herbst werde es einen Tag der offenen Tür geben, um letzte Bedenken und Berührungsängste gegenüber den neuen »Nachbarinnen auf Zeit« aus dem Weg zu räumen, versprach die Heimleiterin. rme

Artikel vom 04.07.2002
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