Dialog auf Augenhöhe

Schülerrichter haben bis heute über 110 Fälle verhandelt

Justizminister Georg Eisenreich mit den Schülerrichtern/innen Jannik Schröder, Zerda Kilic, Celina Mäsch Pascual, Amar Ikanovic, Annelie Tauber, Josefina Proske (v.l.). Foto: StMJ

Justizminister Georg Eisenreich mit den Schülerrichtern/innen Jannik Schröder, Zerda Kilic, Celina Mäsch Pascual, Amar Ikanovic, Annelie Tauber, Josefina Proske (v.l.). Foto: StMJ

München · Handy geklaut, Mofa frisiert, Graffiti-Schmierereien: Die Fälle sind echt, aber die 34 Münchner Richterinnen und Richter sind so jung wie die Beschuldigten. Justizminister Georg Eisenreich traf kürzlich Vertreterinnen und Vertreter des Schülergerichts im Erasmus-Grasser-Gymnasium München.

Neben Aschaffenburg, Ingolstadt, Ansbach, Memmingen, Augsburg, Landshut, Dillingen, Neu-Ulm, Passau, Regensburg und Deggendorf ist der Munich Teen Court eines von zwölf Schülergerichten des Freistaates. "Schülergerichte sind ein bayerisches Erfolgsmodell. Seit mehr als 20 Jahren arbeiten Justiz, lokale soziale Einrichtungen und junge Menschen zusammen. So findet ein Dialog auf Augenhöhe statt und es kann gemeinsam eine Sanktion erarbeitet werden", erklärte der Justizminister. "Der Munich Teen Court hat bis heute über 110 Fälle verhandelt."

Wie funktioniert das Schülergericht?

Seit November 2020 kann die Staatsanwaltschaft München I geeignete Jugendsachen an die Schülergerichte weitergeben (schwere Straftaten sind ausgenommen). Bei den Straftaten handelt es sich meist um typische Jugend-Delikte wie Ladendiebstahl, Sachbeschädigung oder leichte Körperverletzung. Verhandelt wird nicht im Gerichtssaal, sondern am runden Tisch. Dort stellen sich junge Straftäter einem Gremium aus drei Schülerrichtern in Begleitung von Sozialpädagogen. "Sie arbeiten die Tat in einem intensiven Gespräch gemeinsam auf; vor allem Hintergründe, Motive und Folgen der Tat werden beleuchtet", so Georg Eisenreich. "Auf Augenhöhe wird eine erzieherische Maßnahme als Reaktion auf die Straftat erarbeitet. Damit erreichen wir eine höhere Akzeptanz." Auch für die Schülerrichter sei das Projekt ein Gewinn: "Die Schülerrichter übernehmen Verantwortung und setzen sich für die Durchsetzung des Rechts ein. Ihre Erfahrungen geben sie an ihre Mitschüler weiter. Das stärkt unseren Rechtsstaat über das Projekt hinaus", freut sich der Minister.

Statt eines Urteils vereinbaren die jungen Richterinnen und Richter mit dem Täter oder der Täterin eine erzieherische Maßnahme, z.B. Arbeitsleistung, Handy-Entzug, Aufsatz oder Referat. Die Schülerrichter wachen über das Einhalten der Maßnahmen. Danach stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren in der Regel ein. Sie kann aber auch Anklage erheben, beispielsweise wenn die Auflagen nicht erfüllt worden sind.

Der Verein "Brücke e.V.", eine Institution der Jugendhilfe, führt das Projekt federführend durch und gab ihm auch den Namen "Local Voices – The Munich Teen Court".

"Sie ist eine Erfolgsbilanz"

Justizminister Georg Eisenreich würdigte die zweijährige Arbeit des Teen Courts: "Die Bilanz von zwei Schuljahren Munich Teen Court ist eine Erfolgsbilanz. Ich danke allen, die das Schülergericht München möglich gemacht haben und machen – allen voran dem Leitenden Oberstaatsanwalt Hans Kornprobst, dem Verein 'Brücke', Dr. Sonja Orel, der Projektkoordinatorin bei der Staatsanwaltschaft München I, und dem Schulleiter des Erasmus-Grasser-Gymnasiums, Henry Steinhäuser, stellvertretend für alle beteiligten Schulen. Allen Schülerrichterinnen und Schülerrichtern wünsche ich weiterhin viel Erfolg für ihre Arbeit und – noch wichtiger – stets ausgewogene Entscheidungen."

Artikel vom 05.08.2022
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