Der Lohhofer Oliver von Rützen ist Deutschlands viertschnellster Retro-Runner

Es geht auch rückwärts

Oliver von Rützen blickt nach hinten – aber nur für die Kamera.	Foto: cr

Oliver von Rützen blickt nach hinten – aber nur für die Kamera. Foto: cr

Lohhof · Na, was klingt besser? Retro-Running? Oder vielleicht doch Rückwärts-Laufen?

Oliver von Rützen aus Lohhof bevorzugt »Retro-Running«. Letztendlich heißt beides das selbe. Aber von Rützen muss es wissen: Er ist bei den Deutschen Meisterschaften im Retro-Running Vierter geworden.

Der Sport kommt – woher sonst? – aus den USA, dem Land der unbegrenzten Abgedrehtheiten. Es handelt sich aber keineswegs um eine Spinnerei, sondern um eine richtig anstrengende Angelegenheit, die eine Extra-Herausforderung bietet. »Die Retro-Runner sehen beim Laufen nicht, wohin sie Laufen. Sie drehen den Kopf nicht um«, erklärt der 33-jährige Lohhofer. Und wenn man sich das dann so anschaut, sieht es ein bisschen komisch aus. Hört man jedoch die Zeiten, die da so gelaufen werden, vergeht einem schnell das Grinsen. Einige Läufer sind nämlich rückwärts um einiges schneller als andere vorwärts.

Ein Kilometer in 4:27 Minuten. Ein Retro-Marathon-Runner aus den USA hält mit einer Zeit von unter vier Stunden den Guinness-Rekord.

Oliver von Rützen hat für seinen Kilometer am Faschingssamstag dieses Jahres in Augsburg 4:43 Minuten gebraucht und ist damit bei den ersten offiziellen Deutschen Retro-Run-Meisterschaften Vierter geworden – von rund 70 Teilnehmern.

Es wäre wohl mehr drin gewesen – und nächstes Jahr strebt der sportliche Familienvater auch mehr an – wenn er früher von der Veranstaltung erfahren hätte. »So konnte ich nur zweimal richtig trainieren«, erzählt der frühere Landesliga-Fußballer und grinst.

Als Vater einer einjährigen Tochter und bester Freund von Enya, dem belgischen Schäferhund der Familie, ist von Rützen viel an der frischen Luft und nutzt die Gelegenheit zum Trainieren. Zu Fuß mit Enya, auf dem Fahrrad mit Alina im Kindersitz.

Mit leichten, federnden Schritten bewegt sich von Rützen richtig schnell vorwärts, also eigentlich rückwärts. Im Wettbewerb wie im Training. Das findet oft an der Oberschleißheimer Regatta-Anlage statt. »Die Leute schauen einen schon komisch an, wenn da einer rückwärts läuft. Bei der Anlage hab’ ich viel Ruhe«, erläutert der 33-Jährige die Vorzüge seines Trainingsorts.

»Rückwärts ist was ganz anderes als vorwärts«, räumt der Lohhofer ein. »Die Muskulatur ist für sowas eigentlich nicht gemacht, ist das nicht gewohnt«, erklärt er. Daher sei der größte Fehler, den man machen könne, sich im Ziel nach einem Lauf gleich wieder umzudrehen, um nach vorne zu schauen. »Da muss man erstmal sehen, dass man auf den Füßen bleibt«, lächelt er und greift dabei auf eigene Erfahrung zurück.

Die etwas andere Art zu laufen hat Vor- und Nachteile. Vorteil: Man hat die Konkurrenz immer im Blick, solange man vorne weg läuft.

Nachteil: Auf der normalen Stadionrunde gibt es durchaus Überrundungen. Der Schnellere sieht den Kollegen aber nicht. Rücksicht ist hier gefragt. Die Langsameren haben in so einer Situation alles im Blick und weichen in der Regel nach außen aus.

Der Hobbysportler liebt die Bewegung und lotet seine Grenzen immer neu aus. So hat er schon an Triathlon-Wettbewerben teilgenommen und läuft demnächst den 100-Kilometer-Lauf in Biel (Schweiz). »Da versuche ich, unter zehn Stunden zu bleiben«, definiert er sein Ziel. In seiner langen Sportler-Karriere hat er auch schon einen schmerzhaften Rückschlag erlitten. Vor zwei Jahren traf den Läufer ein Kreuzbandriss und legte ihn von einem Moment auf den anderen lahm. Aber mit großem Ehrgeiz hat er sich wieder zurückgekämpft.

Vorwärts wie rückwärts – für Oliver von Rützen heißt es: Immer in Bewegung bleiben – wer rastet, der rostet. cr

Artikel vom 19.06.2002
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