München zeigt Haltung

Haidhausen/Untergiesing · Viele Aktionen bei den "Wochen gegen Rassismus"

 Im Zeichen der jüdischen Kino- und Filmpioniere Karl Wiesel (links) und Isidor Fett steht die Ausstellung im Haidhausen-Museum. Foto kl.: Gemeinsam Vorurteile abbauen: Mitglieder des Vereins Comicaze zeichnen live, am 27. März beim "Halt 58. F: VA

Im Zeichen der jüdischen Kino- und Filmpioniere Karl Wiesel (links) und Isidor Fett steht die Ausstellung im Haidhausen-Museum. Foto kl.: Gemeinsam Vorurteile abbauen: Mitglieder des Vereins Comicaze zeichnen live, am 27. März beim "Halt 58. F: VA

Haidhausen/Untergiesing · Die Internationalen Wochen gegen Rassismus laufen vom 14. bis 27. März in München. Trotz der Corona-Pandemie haben die Veranstalter ein umfangreiches Programm zusammenstellen können. Die meisten Veranstaltungen finden online statt, einige in Präsenz im Münchner Osten.

In München beteiligen sich in diesem Jahr über 100 Organisationen, Vereine und Behörden mit insgesamt 130 Veranstaltungen an dem Programm, das von der Fachstelle für Demokratie koordiniert wird. „Die intensive Beteiligung der gesamten Stadtgesellschaft am diesjährigen Programm zu den Internationalen Wochen gegen Rassismus zeigt, dass München verstanden hat, wie wichtig es ist, über Rassismus aufzuklären und Haltung zu zeigen", sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter.

Denn auch in einer multikulturellen Metropole wie München ist Rassismus ein alltägliches Phänomen. Dies zeigten auch die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung, die im Auftrag der Landeshauptstadt 2021 durchgeführt wurden. Dort gaben 13 Prozent der Münchnerinnen und Münchner an, in den vergangenen beiden Jahren rassistische Diskriminierung erlebt zu haben. Die Diskriminierung reichte laut den Betroffenen von herabwürdigendem Verhalten über Bedrohungen und Beleidigungen bis hin zu körperlichen Übergriffen.

"Rettungskette" am Pariser Platz

Um ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen, laden die AWO München-Stadt und der Deutsche Gewerkschaftsbund München für Dienstag, 22. März, zu einer gemeinsamen Aktion in Haidhausen ein: Sie wollen eine „Rettungskette für eine solidarische Gesellschaft“ am Pariser Platz bilden. Für die AWO München-Stadt sprechen die Geschäftsführer Hans Kopp und Julia Sterzer, für den DGB die Vorsitzende Simone Burger. Zudem werden auch Rednerinnen und Redner mit Einwanderungsgeschichte schildern, was ihnen wichtig ist, was aus ihrer Sicht diese Gesellschaft zu einer solidarischen macht und was sich ändern muss. Die Teilnahme ist kostenlos möglich.

Am Samstag, 26. März, um 19 Uhr, gibt es im Bildungszentrum Einstein (Einsteinstraße 28) eine Filmvorführung mit öffentlicher Diskussion. In der Filmreihe der Jungen Volkshochschule ist der Film „Exit – mein Weg aus dem Hass" von Karen Winther zu sehen. Die Anmeldung erfolgt unter mvhs.de/jvhs der Eintritt ist frei.

Als Jugendliche liebt Karen Winther die Extreme. Zunächst ist sie in einer linksextremen Gruppe aktiv, später in der Neonazi-Szene. Mit dem Erwachsenwerden setzt ein Sinneswandel bei ihr ein. Winther gelingt der Ausstieg, doch die Vergangenheit lässt sie nicht los. In ihrem Film untersucht sie, warum Menschen sich dem gewaltbereiten Extremismus zuwenden.

Durch Miteinander Vorurteile abbauen

Für Sonntag, 27. März, von 15 bis 18 Uhr, lädt die Bürgerinitiative „Mehr Platz zum Leben" ein zum Tag der offenen Tür am Kunsttreff "Halt 58", der ehemaligen Bushaltestelle in der Hebenstreitstraße, direkt am U-Bahnhof Kolumbusplatz. "Wir wollen Solidarität mit den Opfern rassistischer Gewalt signalisieren und zu Toleranz aufrufen", erklärt die Bürgerinitiative. "Durch Vernetzung und Miteinander wollen wir Vorurteile abbauen." Der "Halt 58" sei ein Beispiel des Wandels durch Kontakt, ergänzen die Organisatoren: "Aus einer öden Asphaltwüste wurde durch das Miteinander von Menschen aller Nationalitäten ein bunter Ort der Begegnung."

Um 15 Uhr spielen die "Isarschiffer" dort ihren Anti-Rassismus-Song „Oa Liab", eine bayerische Übersetzung des Bob-Marley-Klassikers „One Love“. Ab 15.30 Uhr lesen die Schauspieler Claus Obalski und Roland Astor Geschichten gegen Rassismus unter dem Titel „Feige sein gilt nicht“. Samira Prasek bietet von 16 bis 17 Uhr in ihrer Jurte eine Diskussionsrunde zum Thema „FrauSein heute – Fluch oder Segen?“ an. Comicaze, ein Münchner Mitmachverein für Zeichnende und Geschichtenerzählende, beteiligt sich am Aktionstag mit Live-Comiczeichnen zum Thema.

Erinnerung an zwei Filmpioniere

Zum Programm der Internationalen Wochen gegen Rassismus gehört auch die Ausstellung zur Geschichte der Münchner Kino- und Filmpioniere Isidor Fett und Karl Wiesel und die "Lichtspiele am Max-Weber-Platz", die im Haidhausen-Museum (Kirchenstraße 24) zu sehen ist. Diese kann bis 27. März zu folgenden Öffnungszeiten bei freiem Eintritt besichtigt werden: sonntags von 14 bis 17 Uhr sowie montags, dienstags und mittwochs von 17 bis 19 Uhr.

1912 eröffnen Isidor Fett und Karl Wiesel die „Lichtspiele am Max-Weber-Platz“. Nach der Gründung einer „Bayrischen Filmgesellschaft“ engagieren sich „Fett & Wiesel“ auch als Produzenten im Spielfilmgeschäft und steigen bis in die Chefetage der Filmstudios in Geiselgasteig auf. 1933 aber kommen die Nationalsozialisten an die Macht, die Arbeits- und Existenzbedingungen jüdischer Filmschaffender verschlechtern sich dramatisch. Am 19. April 1938 verlässt Karl Wiesel Deutschland, um mit seiner Familie über die Schweiz nach Havanna auszureisen. Er wird die Flucht nicht überleben.

Obwohl vor 1933 zu den wichtigsten Filmunternehmern und Produzenten in München gehörend, werden „Fett & Wiesel“ auch heute noch in den meisten einschlägigen Publikationen kaum oder gar nicht erwähnt. So ist die Ausstellung im Haidhausen-Museum auch die längst fällige Würdigung zweier, die frühe Filmgeschichte Münchens prägender jüdischer Kino- und Filmpioniere.

Das komplette Programm der Internationalen Wochen gegen Rassismus mit allen Veranstaltungen findet sich online unter www.muenchen.de/gegen-rassismus

Artikel vom 16.03.2022
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