Von Frauen für Frauen

München/Hohenbrunn · "Förderverein für "Karla 51" feiert Geburtstag

Isabel Schmidhuber (r.), ehemalige Leitung der Karla 51 und Norbert Siller, Kantinenchef der Bayer. Staatskanzlei mit Helene Nestler (l.) vor dem großen Festessen für die obdachlosen Frauen der Karla 52. F.: Privat

Isabel Schmidhuber (r.), ehemalige Leitung der Karla 51 und Norbert Siller, Kantinenchef der Bayer. Staatskanzlei mit Helene Nestler (l.) vor dem großen Festessen für die obdachlosen Frauen der Karla 52. F.: Privat

München/Hohenbrunn · "Genial, einfach genial!", so fasst die Leiterin des Frauen-Obdachs Karla 51, in der Karlstraße 51, Patricia Szeiler, das Engagement von "Mammalade für Karla" zusammen. Seit fünf Jahren unterstützt der Verein die Arbeit für und mit den obdachlosen Frauen tatkräftig.

Einerseits mit den Einnahmen, die die engagierten Frauen und Männer durch den Verkauf von selbstgemachten Marmeladen und selbst genähten Tortentaschen erwirtschaften, andererseits auch ganz praktisch mit Mithilfe im Café der Karla 51 oder beispielsweise durch die Organisation von Ausflügen.

55 Einzelzimmer stehen der sozialen Einrichtung zur Verfügung, die auf zwei Gebäude aufgeteilt sind. Dort leben Frauen, die aus ganz verschiedenen Gründen ihr Dach über dem Kopf verloren haben. Die Altersspanne der betroffenen Frauen reicht dabei von 18 bis 91 Jahren. Theoretisch ist die Aufenthaltsdauer der einzelnen Frauen auf acht Wochen begrenzt. Zeit, in der man in der Clearing-Einrichtung eigentlich gemeinsam mit den Frauen einen Plan entwickeln sollte, wie es weitergehen kann. In der Praxis sieht es allerdings anders aus.

Der angespannte Wohnungsmarkt in München, aber auch die vielfältigen Probleme psychischer und gesundheitlicher Art, die die Frauen nicht selten im Gepäck haben, mache eine Weitervermittlung in dieser knapp bemessenen Zeit nahezu unmöglich, fasst Patricia Szeiler zusammen. So kommt es vor, dass manche Frauen rund 1,5 Jahre dort bleiben, bevor sie weitervermittelt werden können. Nur für wenige Frauen führt der Weg in den ersten Wohnungsmarkt.

Andere gehen in betreute Wohngruppen oder werden in andere Einrichtungen vermittelt, in denen sie längerfristig bleiben können. Ziel ist es, den Frauen einen sicheren Hafen zu bieten, wo sie nach dem Leben auf der Straße zur Ruhe kommen und neue Perspektiven entwickeln können. Immer häufiger kommt es vor, dass auch schwangere Frauen betroffen sind, bzw. die Frauen nach einer Trennung mit ihren Kindern auf der Straße stehen. Derzeit leben im Frauenobdach deshalb auch 13 Kinder.

Für Frauen ist das Leben auf der Straße schwerer und gefährlicher, viele erleben Gewalt, vor allem sexualisierte Gewalt. Im Karla 51 und dem dazugehörigen Café, das montags und freitags von 8 bis 14 Uhr, dienstags, donnerstags und sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet hat, können die Frauen nicht nur kostengünstig eine gesunde und leckere Mahlzeit essen, sondern auch duschen, ausruhen oder ihre Sachen waschen. Über das Café, in dem auch viele Frauen ehrenamtlich engagiert sind, kam die Kooperation bzw. die Gründung der "Mammalade für Karla" überhaupt erst zustande.

Die Ottobrunnerin Helene Nestler hatte in einem Vortrag über die Arbeit des Cafés erfahren und bereits vor mehr als 20 Jahren dort als Ehrenamtliche begonnen. Als sie im Herbst 2016 von einer Spedition hörte, die Obst mit Transportschäden bereitstellt, das sonst vernichtet wird, war die Idee für die »Mammalade« geboren. Bereits am 10. November 2016 gründeten daraufhin elf Frauen den Verein, um in Zukunft Frauen in Not zu unterstützen.

Der offizielle Startschuss fiel dann am 5.1.2017 mit einem festlichen Gottesdienst, bei dem die damalige Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler die Schirmherrschaft für das Projekt übernahm, erinnert sich Helene Nestler voller Stolz. Das Prozedere hat sich seitdem nicht geändert. Das gespendete Obst wird von freiwilligen Einköchnerinnen derzeit im Seniorentreff Kaiserstiftung in Riemerling-Hohenbrunn zu Marmelade verarbeitet, diese wird verkauft, und der Erlös kommt obdachlosen Frauen der Karla 51 zugute.

Die unglaubliche Summe von 134.001,74 Euro kam auf diesem Wege zusammen, nicht nur durch den Verkauf von "Mammalade", sondern seit Corona auch durch den Verkauf von selbstgenähten Tortentaschen, von denen mittlerweile auch schon 500 Stück verkauft wurden. Sogar bis ins Fernsehen hat es Helene Nestler mit ihrem Engagement bereits geschafft. Im ZDF (Helden des Alltags) wurde über das Engagement für die obdachlosen Frauen berichtet und nebenbei ganz fleißig die Werbetrommel für die selbstgenähten Schätze und die "Mammaladen" gerührt. Bei den Tortentaschen handelt e sich um Stofftaschen zum Umhängen mit einem runden Boden, in dem gerade eine Torte oder ein Kuchen Platz hat.

Viele Hände tragen zum Erfolg bei

32 Personen umfasst das Team mittlerweile, das sich für die gute Sache einsetzt, strahlt Helene Nestler. Dazu gehört auch das Steuerberatungsbüro Jens Jordan, das von Anfang an die Steuererklärung für den Verein kostenlos übernimmt. Auch Norbert Ziller, der Kantinenchef der Bayerischen Staatskanzlei gehört zum Team "Mammalade für Karla". Dort werden die Gläser für die Produktion gelagert, darüber hinaus veranstaltet Ziller mit seinem Team einmal jährlich ein Essen für die rund 50 Frauen der Karla 51, ein unglaubliches Erlebnis für die betroffenen Frauen, selbst an einem schön gedeckten Tisch sitzen zu dürfen und bedient zu werden, schwärmt Helene Nestler. Coronabedingt musste diese Veranstaltung bereits das zweite Jahr ausfallen, ebenso wie der beliebte, jährliche Ausflug.

"Ein paar Stunden ohne Sorgen, das ist es, was wir den Frauen schenken wollen", so Nestler. Aber auch ganz praktische Dinge hat der Verein bereits bezahlt: Neue Bettwäsche für die Zimmer, gepackte Taschen für einen möglichen Krankenhausaufenthalt, die jährlichen Weihnachts- und Osterpäckchen und vieles mehr. "Es ist eine unglaubliche Erfahrung für die betroffenen Frauen, dass andere Menschen sich ihrer annehmen und ihnen eine Freude machen wollen", fasst es Patricia Szeiler zusammen. "Wir sind unendlich dankbar für das Engagement aller, die hier am Erfolg beteiligt sind", strahlt sie. Gebraucht werden übrigens noch weitere Helfer für das Café der Karla 51.

Wer sich vorstellen kann, regelmäßig eine Schicht im Café zu übernehmen, kann sich gerne bei Patricia Szeiler unter der E-Mail pszeiler@hilfswerk-muenchen.de melden. Aus verständlichen Gründen können sich hier nur Frauen ehrenamtlich engagieren. Zum Kauf der köstlichen "Mammaladen" sind wiederum alle herzlich aufgerufen.

Hier gibt es unter anderem die Mammalade zu kaufen:
Bäckerei Neulinger
– Wörthstraße 17, 81667 München
– Gotzinger Platz 48, 81371 München
– Volkartstraße 11, 80636 München
– Volkartstraße 48, 80636 München
– Adlzreiterstr. 21, 80337 München

Wer Stoffreste spenden möchte oder Tortentaschen kaufen will, kann sich mit Helene Nestler unter Telefon 0163/4780188 oder per E-Mail: helene.nestler@mammaladefuerkarla.de in Verbindung setzen. hw

Artikel vom 02.02.2022
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