Menschen am Fluss

München · Helga Lauterbachs neues Buch über die Flößerei

Franziskanermönche auf dem Weg nach München mit Floßmeister Willibald. Kl. Bild: Die Forscherin: Helga Lauterbach ist fasziniert von der Flößerei. Foto: (Archiv, Kilian Willibald) / Lauterbach

Franziskanermönche auf dem Weg nach München mit Floßmeister Willibald. Kl. Bild: Die Forscherin: Helga Lauterbach ist fasziniert von der Flößerei. Foto: (Archiv, Kilian Willibald) / Lauterbach

München · Sie hat sie selbst noch gesehen, diese stämmigen Kerle, wie sie auf ihren Flößen die Isar herunterkamen. "Viele waren es nicht mehr, aber gelegentlich kam ein Flößer vorbei", sagt Helga Lauterbach. Die Faszination für die Flößerei begleitet die Sendlingerin seit ihrer Kindheit.

Jetzt hat sie unter dem Titel "Floßmeister und Flößerbräuche. Tradition und Geschichte an der Isar und Loisach" ein Buch herausgebracht - eine komplette Neuauflage ihres vor 30 Jahren erschienen Werkes, das um viele Kapitel erweitert wurde.

"Das war ja kein Spielplatz"

"Raue Gesellen waren das. Die haben uns immer verscheucht", blickt Lauterbach, Mitbegründerin und Vorstandsmitglied des Flößer-Kulturvereins München-Thalkirchen, zurück. "Das mussten sie auch. Denn wenn die ihre Baumstämme aufgegantert haben, war das viel zu gefährlich für uns Kinder. Das war ja kein Spielplatz." Mit einem "Schleicht's eich" hätten die Flößer die Mädchen und Buben auf Abstand abgehalten. "In unserer Kindergruppe ist zum Glück nie etwas passiert." Spannend sei es auf jeden Fall gewesen und weil die jungen Zaungäste nicht an die Flöße herandurften, schickten sie ihre eigenen auf den Fluss. Selbst gebastelt aus Stöcken und Schnüren.

17 tote Pilger

Faszination und Spannung: das hat Helga Lauterbach jetzt in ihr 192 Seiten umfassendes Buch gepackt. Schließlich hat sich viel angesammelt in den vergangenen Jahren. Die Geschichten kamen zu ihr und sie zu den Geschichten. Immer wieder. Seit gut 30 Jahren. Im Austausch mit Flößerfamilien hätten sich viele neue Aspekte ergeben. "Ich durfte zu den Familien gehen, mit ihnen reden, Fotos machen, Dokumente ansehen", so Helga Lauterbach. "Aber es kamen und kommen auch immer wieder Menschen auf mich zu mit vielen interessanten Geschichten."

Das Inhaltsverzeichnis verspricht viel Abwechslung. Da geht es um den "Zusammenschluss in der Not", "Verführung auf dem Wasser" und "Revolution. Frauen am Ruder!". Ein eigenes Kapitel ist zudem Floßmeister Josef Pichlmayr gewidmet, jenem Unglückseligen, der einst einen Damm rammte. Die 17 Pilger an Bord kamen dabei ums Leben. Pichlmayr erhielt teilweise Berufsverbot und musste fortan Kirchfahrten unter anderem nach Altötting veranstalten. Doch Helga Lauterbach schlägt in ihrem Buch einen Bogen in die Gegenwart. So erinnert sie an die Anerkennung der Flößerei als immaterielles Kulturerbe durch die UNESCO-Kommission im Jahr 2014.

"Eine neue Sicht ermöglichen"

Wie sie selbst den Überblick bei all dem Material behält? Helga Lauterbach lacht. "Ich habe alles geordnet. Es gibt Dokumente, die nach Orten sortiert sind. Es gibt einen anderen Ordner mit Kontakten. Und es gibt natürlich auch Kisten", sagt sie.

"Es wird noch lange dauern, bis die fesselnde Historie der Flößerei ausgeforscht ist. Weil von den Menschen am Fluss immer wieder neue Geschichten und Aspekte ans Tageslicht kommen, die einfach erzählt und dokumentiert werden müssen, habe ich mich zu diesem Buch entschlossen", schreibt die Autorin in ihrem Vorwort. "Es geht darum, wichtige und wissenschaftlich relevante Fakten festzuhalten sowie bislang unbekannte Sachverhalte aufzuzeigen, um so eine neue Sicht auf das Floßhandwerk und die Flößerkultur zu ermöglichen."

Helga Lauterbach: "Floßmeister und Flößerbräuche. Tradition und Geschichte an der Isar und Loisach", Verlag Schnell & Steiner, Regensburg, 192 Seiten, 20 Euro.

Artikel vom 22.01.2022
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