Das Quartett

Besuch beim Kammerorchester des Augustinums München-Nord

Haben sich zum hauseigenen Kammerorchester des Augustinums München-Nord zusammengefunden (von links): Susanne Heyng, Cordula Potthast, Gernot Kaube und Petra Hesina. Foto: Tanja Beetz

Haben sich zum hauseigenen Kammerorchester des Augustinums München-Nord zusammengefunden (von links): Susanne Heyng, Cordula Potthast, Gernot Kaube und Petra Hesina. Foto: Tanja Beetz

Hasenbergl · Das Augustinum München-Nord hat etwas, was nicht jede Seniorenresidenz hat: ein hauseigenes Kammerorchester. Mit jeder Menge Bach, Mozart … und Vergnügen. Vorhang auf, Bühne frei.

Illustre Runde

Eine illustre Runde ist es, die sich hier zusammengefunden hat. Es musizieren und singen:

Die Pianistin: Susanne Heyng (73), ehemalige Sängerin am Gärtnerplatztheater und Bewohnerin des Augustinums.

Die Oboistin: Cordula Potthast (52), Mitarbeiterin am Empfang des Augustinums und Musikerin in der "Wilden Gungl", Münchens ältestem Laienorchester, sowie in der Norddeutschen Orchesterakademie mit Konzerten in Hamburgs Elbphilharmonie.

Der Cellist: Gernot Kaube (92), ehemaliger Jurist, begeisterter Musiker und Bewohner des Augustinums.

Die Sopranistin: Petra Hesina (49), Absolventin eines musischen Gymnasiums, Gesangslehrerin und Stimmbildnerin mit langjähriger Konzerterfahrung sowie Mitarbeiterin im Bewohnerservice des Augustinums.

Die Strippenzieherin

"Wir haben jetzt eine Posaune im Haus. Ein Herr." Cordula Potthast ist begeistert. Als Dame am Empfang entgeht ihr nichts. Gemeinsam mit Susanne Heyng, Gernot Kaube und Petra Hesina sitzt sie im Foyer des Augustinums und berichtet über die musikalische Runde. "Eine Posaune?", ruft Susanne Heyng und schlägt die Hände zusammen. "Warum erfahre ich das jetzt erst?" Da werde sie auf jeden Fall mal nachforschen. Es ist nämlich so: Susanne Heyng ist die Strippenzieherin.

Seit siebeneinhalb Jahren wohnt sie im Augustinum und von Anfang sei ihr klar gewesen, dass sie Kammermusik machen möchte. "Da hab ich erst einmal rumgefragt", blickt sie zurück. Und wurde fündig. Gernot Kaube war mit seinem Violoncello schnell dabei. "Ich hatte so zwölf bis 15 Jahre lang Unterricht", sagt er. Dann sei er eingezogen worden und in russische Kriegsgefangenschaft geraten. "Danach habe ich das Abitur nachgeholt und Jura in München studiert."

Sein Instrument begleitete ihn immer, auch in einem Orchester. Logisch, dass das Violoncello mit ins Augustinum zog. "Und als Frau Heyng kam, ging es richtig los."

Das Orchester wächst

Die 73-Jährige nickt zustimmend. "Es war bekannt, dass ein Cellist im Haus ist." Schnell habe man sich zusammengefunden und geprobt. Die Zeit verging, bis, ja bis Cordula Potthast ihre Stelle am Empfang antrat. Fünf Jahre ist das jetzt her. "Ich war keine vier Tage hier, da hatte sich schon herumgesprochen, dass es eine Oboe im Haus gibt", sagt sie und lacht. Kein Entkommen. Zum Glück. Die Proben gingen weiter, die Konzertanfragen im Haus wuchsen und wuchsen.

Ausgebremst

Im Oktober 2019 kam Petra Hesina ins Augustinum München-Nord. Seitdem arbeitet sie im Bewohnerservice. "Es gab eine Bewohnerversammlung, bei der ich mich vorgestellt und über meinen Werdegang berichtet habe", erzählt sie. Im Auditorium: Susanne Heyng. Mit Riesenohren. Eine Gesangslehrerin? Sopranistin? Stimmbildnerin? Wie genial war das denn. Petra Hesina wurde sofort einkassiert. Natürlich hätte sie auch nein sagen können. Aber das wollte sie ja gar nicht. Sie sei froh, im Orchester singen zu können. Doch dann wurde die Runde erst einmal ausgebremst. Corona, nichts ging mehr. Keine gemeinsamen Proben, keine Konzerte.

Inzwischen ist das wieder möglich. Zum Glück. Das Quartett kann sich zum Proben treffen. "Das muss mit den Dienstplänen von Frau Potthast und Frau Hesina abgestimmt werden", sagt Susanne Heyng. Gernot Kaube ergänzt: "Und wir bombadieren Frau Heyng mit Noten." Die schreibe sie dann entsprechend um. "Die Noten, die sie schreibt, sind weitaus schöner zu lesen als die gedruckten", betont der 92-Jährige.

Lampenfieber

Konzerte für die Bewohner dürfen auch wieder durchgeführt werden – natürlich mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen. Lampenfieber, da ist sich das Quartett einig, kennen sie alle. Das gehöre einfach dazu. "Ein Konzert", sagt Susanne Heyng, "ist eine besondere Situation. Man hat den Anspruch, das hinzubekommen." Cordula Potthast bestätigt das. "Man muss versuchen, das Lampenfieber zu minimieren. Aber klar, es geht um den eigenen Anspruch", sagt sie. "Ich wundere mich, wenn man kein Lampenfieber hat", fügt Petra Hesina an. "Ich habe es jedesmal."

Bewohner, die im Orchester mitmusizieren möchten, sind jederzeit willkommen. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen? "Je nachdem, was möglich ist. Man sollte das Instrument schon beherrschen können", fasst es Susanne Heyng zusammen. Eines wäre besonders schön. "Eine Geige", sagt die Pianistin. Und ihre Augen leuchten. tab

Artikel vom 03.11.2021
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