Mit dem Brandner Kaspar ins Achtelfinale

Rauschhafte Nacht im DFB-Pokal

Stimmungsvoll: Westkurve im Grünwalder Stadion. Foto: Manfred Forster

Stimmungsvoll: Westkurve im Grünwalder Stadion. Foto: Manfred Forster

München/Giesing · Erstmals nach 613 langen Tagen durfte der TSV 1860 München wieder vor vollem Haus spielen. 15.000 Zuschauer auf Giesings Höhen erlebten gegen den FC Schalke 04 unter Flutlicht einen rauschhaften Pokalabend. Eine gewitzte Allegorie auf die Corona-Pandemie zeigte die aktive Fanszene der Münchner Löwen in Form einer Bildchoreografie beim Einlauf der Mannschaften: »Der Boandlkramer wui unsan Fuaßboi hoin!« Der bairische Tod, in Gestalt des Boandlkramers, wird in einem legendären Volksstück aus dem 19. Jahrhundert vom Brandner Kaspar erst mit »Kerschgeist« betrunken gemacht und schließlich beim Kartenspiel über den Tisch gezogen.

Obgleich 1.500 Anhänger aus Gelsenkirchen angereist waren – oder wie der Fanclub »Isar-Schalker« selbst in München wohnen – war die Stimmungshoheit auf den Rängen schnell klar. Das Sechzger-Stadion bebte auf allen Tribünen unter den lautstarken Anfeuerungsrufen der Löwenfans. Trainer Michael Köllner hatte seiner Mannschaft einen offensiven Matchplan mit auf den Weg gegeben: »Das Spiel hat seinen Verlauf genommen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir wollten von Beginn an im eigenen Stadion ein richtig aggressives Pressing spielen.« Das Vorhaben klappte in der Anfangsviertelstunde wie am Schnürchen. Die sichtlich überraschten Gäste hatten eine brenzlige Situation nach der anderen zu überstehen.

Ein früher Führungstreffer spielte den Weiß-Blauen zusätzlich in die Karten. Der gebürtige Essener Sascha Mölders hatte Schalkes offensivem Außenverteidiger Darko Churlinov, einer Leihgabe vom VfB Stuttgart, den Ball abgeknöpft und im Strafraum auf Stefan Lex quergelegt, dessen Schuss aus fünf Metern Schlussmann Ralf Fährmann zum 1:0 durch die Beine rauschte (5. Min.). Dem enorm laufstarken Merveille Biankadi sowie erneut Mölders und Lex boten sich kurz darauf Gelegenheiten die Führung auszubauen. Die erste Torannäherung der Knappen durch Marius Bülter klärte Sechzigs Torhüter Marco Hiller per Fußabwehr (18. Min.).

Als Lex nach einer Flanke von Phillipp Steinhart, die Yannick Deichmann am zweiten Pfosten ablegte, den Ball an das Aluminium des rechten Kreuzecks nagelte (22. Min.), hatte Gelsenkirchens Trainer Dimitrios Grammozis genug gesehen und holte den überfordert wirkenden Churlinov vom Feld. Für ihn kam Thomas Ouwejan. Nach einem Freistoß des Niederländers aus dem rechten Halbfeld und einer gefährlichen Kopfballverlängerung von Marcin Kaminski lenkte Hiller das Leder mit einem starken Reflex an den Querbalken (31. Min.). Mit der verdienten Führung für den Drittligisten wurden die Seiten gewechselt. Lex berichtete später, Schalkes uruguayisch-spanischer Mittelfeldantreiber Rodrigo Zalazar, ein Leihspieler von Eintracht Frankfurt, habe ihn auf dem Weg in die Halbzeitpause etwas verwundert gefragt, ob der Höllenlärm von den Rängen hier immer so sei. »Ja, wenn es Corona zulässt«, antwortete ihm der Torschütze.

Kaum standen die Mannschaften wieder auf dem Feld, schwächten sich die Schalker durch einen Platzverweis selbst. Nach einem Steckpass stoppte Innenverteidiger Malick Thiaw den enteilten Lex durch eine Notbremse, die der Unparteiische Robert Kampka mit der Roten Karte ahndete (48. Min.). »Den anschließenden Freistoß hat Fährmann gut gehalten. Danach ist Schalke aufgekommen, aber mit Leidenschaft haben wir alles gut wegverteidigt«, beschrieb Köllner den weiteren Spielverlauf, in dem sich Hiller als außerordentlich starker Rückhalt seiner Mannschaft zeigte. Die Löwen versäumten es bei einigen aussichtsreichen Kontergelegenheiten für eine Vorentscheidung zu sorgen.

Für den Einzug ins Achtelfinale des DFB-Pokal kassiert der TSV 1860 München mehr als eine halbe Million Euro. Eine willkommene Zusatzeinnahme für die notorisch klammen Giesinger, mit der zu Saisonbeginn nicht unbedingt zu rechnen war. Der Weltmeister von 2014 und aktuelle DFB-Teammanager Benedikt Höwedes zieht am kommenden Sonntag im Rahmen der ARD-Sportschau die Lose für die dritte Runde (ab 18.30 Uhr). Gespielt werden die sechs Partien zu Beginn des neuen Jahres. Die Spiele sind für den 18. und 19. Januar 2022 angesetzt. Der TSV 1860 München hat als Drittligist ein bereits feststehendes Heimrecht.

(as)

Artikel vom 27.10.2021
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...