Ein Kirchlein für das Dorf

Vor 125 Jahre wurden die Ulrichskapelle in Heimstetten geweiht

Die Kapelle St. Ulrich in Heimstetten liegt direkt an der Hauptstraße. Ihre Weihe jährt sich demnächst zum 125. Mal. Foto: bs

Die Kapelle St. Ulrich in Heimstetten liegt direkt an der Hauptstraße. Ihre Weihe jährt sich demnächst zum 125. Mal. Foto: bs

Heimstetten · Ortspark, Wohnhäuser, Rathaus, Gymnasium: In der Gemeinde Kirchheim entsteht derzeit im Zuge des Bauprojekts "Kirchheim 2030" viel Neues, historische Bauten sind eher rar gesät. Auch Heimstetten, das bis 1978 politisch eigenständig war, bringt man eher mit Neubaugebieten als mit Bauwerken aus vergangenen Epochen in Verbindung.

Selbst das älteste kirchliche Gebäude ist gerade einmal 125 Jahre alt: Es handelt sich hierbei um die Kapelle St. Ulrich.

Bodendenkmäler, ob nun aus der Bronzezeit oder dem frühen Mittelalter, finden sich rund um Kirchheim und Heimstetten zuhauf. Baudenkmäler allerdings kaum: In Heimstetten gibt es ganze drei – neben dem sogenannten "Meilerhaus" in der Hauptstraße auch ein Wegkreuz an der Ecke Poinger Straße/Bahnhofstraße, sowie, nur ein paar Schritte entfernt auf einer Verkehrsinsel gelegen, die Kapelle St. Ulrich.

Als sie im Juli 1896 geweiht wurde, bekam Heimstetten endlich eine eigene kleine Kirche. Zwar lebten damals in dem Dorf nur wenige 100 Menschen, immerhin war man aber eine eigenständige politische Gemeinde. Schon 1871 hatten die Heimstettener Bürger den Plan gefasst, eine Kapelle im Ortszentrum, gleich gegenüber des Alten Wirts, zu errichten. Schließlich gehörte es zur bayerischen Tradition, dass in jedem Dorf neben einem Wirtshaus auch eine Kirche steht.

Mit einem Schreiben vom 18. März 1871 stellten der Gemeindevorsteher Melchior Glasl und sein Neffe Andreas Glasl einen Antrag an das königliche Bezirksamt, eine Kapelle in Heimstetten errichten zu dürfen. An die Pfarrei St. Andreas in Kirchheim richteten die Heimstettener Katholiken ebenfalls ein Gesuch – dort hatte man nichts gegen das Projekt einzuwenden, begrüßte es vielmehr. In der Hoffnung auf einen baldigen Baubeginn kauften die Heimstettener für 100 Gulden zwei Glocken von der evangelischen Gemeinde in Feldkirchen. Weil zeitgleich ein neues Schulhaus in Kirchheim gebaut wurde, das auch die Gemeinde Heimstetten finanziell belastete, wurde der Bau der Kapelle bis auf weiteres verschoben.

Erst 23 Jahre später griffen die Bürger ihre Pläne wieder auf. Im Februar 1894 begannen sie, Geldspenden für den Kapellenbau zu sammeln - von kirchlicher Seite war keine Unterstützung zu erwarten. Nachdem ein schweres Hagelunwetter im Juli 1894 für eine Missernte gesorgt hatte, begann im Oktober der Bau des Kirchleins, genau an der Schnittstelle der Straßen nach Poing und Feldkirchen. Bis Februar 1895 hatten die Heimstettener 2655 Mark an Spenden gesammelt, allein 1910 Mark gab eine angesehene Familie des Dorfes.

Wie aus der Festschrift zum 100. Geburtstag der Ulrichskapelle hervorgeht, spendeten nicht nur katholische Bürger aus Heimstetten für das Bauprojekt, sondern auch Privatleute aus Kirchheim, Ismaning, Feldkirchen, Dornach, Grub oder Weißenfeld. In München gehörten die Unionsbrauerei, ein Arzt und ein Schulinspektor zu den edlen Spendern. Die Gemeinde Heimstetten schoss immerhin 100 Mark zu.

Als die Kapelle St. Ulrich am 14. Oktober 1895 fertig gebaut war, beliefen sich die Gesamtkosten auf 4.697 Mark. Die Kirchenstühle zahlten die Gläubigen selbst: 58 Plätze wurden für je drei Markt verkauft, die meisten Bürger erwarben zwei, manche vier. Am 19. Juli 1896 weihte der Kirchheimer Pfarrer Alois Marketsmüller die dem Heiligen Ulrich geweihte Kapelle ein. An der Außenseite steht seit 1955 ein Denkmal für die Gefallenen im Zweiten Weltkrieg. Eine katholische Pfarrkirche bekam Heimstetten erst 1991, als St. Peter fertiggestellt wurde.
B. Schuldt

Artikel vom 30.06.2021
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