"Ein rein kommentierendes Projekt"

Kulturreferat will Installation am Giesinger Kriegerdenkmal nicht fördern

Eine Bürgerinititiave will das Giesinger Kriegerdenkmal vor der Kirche Heilig Kreuz umgestalten. Foto: bs

Eine Bürgerinititiave will das Giesinger Kriegerdenkmal vor der Kirche Heilig Kreuz umgestalten. Foto: bs

Giesing · Seit fast 100 Jahren steht das Giesinger Kriegerdenkmal vor der Heilig-Kreuz-Kirche. Es gedenkt den Toten im Ersten Weltkrieg, allerdings auf eine kriegsverherrlichende Art und Weise - findet die Initiative "Giesing Denk(t)mal". Dahinter verbergen sich Bürger, die das Kriegerdenkmal mit Hilfe von Kunststoffscheiben, Bildern und Inschriften zu einem Mahnmal für den Frieden umgestalten wollen. Einen Antrag auf Förderung des Projekts hat das Kulturreferat der Stadt München allerdings abgelehnt.

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Das Kriegerdenkmal vor Heilig Kreuz ließ der Giesinger Kriegerverein anno 1929 errichten, elf Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs. Obwohl sich Pfarrer Jakob Wackerl im Vorfeld der Planung gegen die Errichtung neben der Kirche ausgesprochen hatte, stellte die Stadt München dort den Grund und leistete einen Zuschuss von 2000 Reichsmark.

Verherrlichung der blutigen Schlachten

Während die Bilder auf dem Denkmal christliche Motive zeigen, lässt sich aus dem Text eine gewisse Verherrlichung der blutigen Schlachten herauslesen: "Zu stetem Gedächtnis und in Dankbarkeit den toten Helden von Ober- und Untergiesing. Für Dein Vaterland ließen sie ihr Leben. Sie starben für Dich", steht auf dem grauen, fast vier Meter hohen Steinklotz aus Muschelkalk in Großbuchstaben geschrieben.

"Wohl wäre Trauer angemessen, angesichts der Millionen von Toten, Soldaten wie Zivilisten, die im Ersten Weltkrieg und auch noch die Jahre danach an dessen Folgen gestorben sind", glaubt die Initiative "Giesing Denk(t)mal", "keinesfalls aber diese propagandistische Kriegs- und Heldenverehrung und die alljährliche Dekoration mit Kränzen zum Volkstrauertag". Aus heutiger Sicht sei weder Dankbarkeit angebracht für den grauenhaften Tod in einem aus nationalistischen und militaristischen Motiven geplanten Angriffskrieg, noch seien die Toten als „Helden“ zu verstehen, die für ihr „Vaterland“ ihr Leben gelassen haben, erläutert die Initiative, der unter anderen der Giesinger Historiker Herbert Dandl und der Aktionskünstler Wolfram P. Kastner angehören.

Mit dem Projekt will "Giesing Denk(t)mal" den Steinblock so umgestalten, dass er einen neuen Blick auf dieses "Dokument einer fatalen Geschichts- und Kriegsideologie" ermöglicht. Das Denkmal soll mit vier opaken Glasscheiben eingehaust werden, die einen informativen Text zum Ersten Weltkrieg, ein Zitat von Sophie Scholl, eine Grafik von Käthe Kollwitz und ein Foto eines Schlachtfeldes zeigen. So soll aus dem Kriegerdenkmal ein Friedensmahnmal werden. Geht es nach der Initative, soll die Installation im Sommer 2021 errichtet werden und mindestens ein Jahr am Giesinger Berg stehen bleiben. Dazu wollen die Initiatoren ein Informationsblatt und eine Broschüre publizieren.

Über 13.000 Euro Kosten veranschlagt

Die Kosten für die Installation und die Publikationen würden sich auf rund 13.300 Euro belaufen. Daher haben Dandl, Kastner und ihre Mitstreiter eine Förderung durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München und den Bezirksausschuss Obergiesing-Fasangarten (BA 17) beantragt. Das Kulturreferat hat dies Anfang März jedoch abgelehnt. Der Grund: "Das Projekt wird aus fachlicher Sicht als rein kommentierend-erinnerungskulturelles Projekt und nicht als Kunstprojekt bewertet", heißt es in dem Schreiben, das recht kryptisch formuliert ist.

Allerdings sei das Kulturreferat gerade dabei, einen Prozess für den Umgang mit belasteten Denkmälern wie das in Giesing zu entwickeln. Dabei sollen dann auch temporäre künstlerische Interventionen eine Rolle spielen.

Vielleicht finden die Stadt München und die Initiative "Giesing Denk(t)mal" also irgendwann doch noch zusammen. Aufgeben ist für die geschichtsbewussten Bürger in Sachen Friedensmahnmal sowieso keine Option, betonen sie einheillig: "Wir werden ganz sicher weiter darauf hinwirken und handeln, damit diese Kriegsverherrlichung endlich aufhört."

Artikel vom 15.03.2021
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