Integration von Menschen mit Behinderungen – neues Projekt an der LMU

Die Nashornwerkstatt

Das Nashorn als Maskottchen: Es ist zwar ein Außenseiter, aber mit seinem dicken Panzer und seinem mächtigen Horn kann es sich durchsetzen.	Foto: T. Angermayer

Das Nashorn als Maskottchen: Es ist zwar ein Außenseiter, aber mit seinem dicken Panzer und seinem mächtigen Horn kann es sich durchsetzen. Foto: T. Angermayer

Maxvorstadt · Was hat ein Nashorn an der Universität zu suchen? – Einiges, zumindest wenn es das Maskottchen für ein LMU-Projekt zur schulischen Integration von Menschen mit Behinderungen ist.

Warum aber gerade das Nashorn als Talisman für dieses Projekt herhalten musste, das ist eine lange Geschichte. Dr. Ulrich Heimlich, Professor für Lern- und Körperbehindertenpädagogik an der LMU, fasst sie zusammen: Es gab in Bremen einen Fall, wo Schüler einer Grundschule zusammen mit geistig behinderten Schülern unterrichtet wurden.

Als die Schulbehörde die Fortführung dieses integrativen Unterrichts untersagte, formierte sich eine Widerstandsbewegung mit dem Namen »Nashornschule«. – Denn das Nashorn ist ein starkes, beharrliches Tier, so fanden die Schüler. Sein Horn macht es zu einem Außenseiter in der Tierwelt, aber es kann sich durchsetzen. An diese Bremer »Nashorn-Idee« will Heimlich nun anknüpfen. »Ich möchte meine Studenten schon während des Studiums darauf vorbereiten, dass sie später auch in sogenannten ‘Kooperationsklassen’ unterrichten können«, erklärt er.

Obwohl er den Lehrstuhl an der LMU erst im letzten Jahr übernommen hat, sind seine Pläne für das Projekt bereits sehr weit gediehen: In einem Raum an Leopoldstraße 13 will er ein »Nashornwerk« einrichten, in der die Studenten der Sonderpädagogik Arbeitsmaterialien zum integrativen Unterricht finden: Schulbücher, Spiele, Videokassetten und Bastelvorlagen.

Diese Medien sollen dann auch in praxisbezogenen Seminaren erprobt, beurteilt und weiterentwickelt werden. »Bis zum Wintersemester ist alles renoviert und die Werkstatt kann öffnen«, strahlt Heimlich. Er habe sogar schon ein »Horn«, verrät er. Sorge bereite ihm jetzt nur noch die Finanzierung des Projekts, das wohl ohne Zuschüsse von »außen« auf Dauer nicht lebensfähig sein wird.

Aber Heimlich ist ohnehin der Ansicht, dass sich die Universität stärker nach außen öffnen muss. Das bedeutet für ihn auch verstärkte Zusammenarbeit mit Schulen im Münchner Stadtgebiet. Seine Studenten sind von dieser Idee begeistert: »Uns fehlt der Praxisbezug ungemein«, erklärt eine Studentin der Gehörlosenpädagogik den Studienalltag. »Wir finden es toll, dass hier einmal ein bewusst ‘unwissenschaftlicher’ Ansatz gewählt wurde.«

»Sich nach außen öffnen« bedeutet für Heimlich aber auch, Gäste an die Universität zu holen. So hat er in diesem Semester Theaterpädagogen, Politiker, Filmemacher und Schriftsteller eingeladen zu Diskussions- und Vortragsveranstaltungen eingeladen, um sich dem Thema »Integration« ganz »unwissenschaftlich« zu nähern. rme

Artikel vom 16.05.2002
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