Münchner TU sucht Patienten für große Studie über Akupunktur

Naturheilkunde als Chance

Nicht so schlimm, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussieht: Akupunktur	Foto: privat

Nicht so schlimm, wie es vielleicht auf den ersten Blick aussieht: Akupunktur Foto: privat

Schwabing/ Haidhausen · Für manch einen ist es eine absurde Vorstellung: Ein paar kleine Nadeln, die nicht einmal weh tun, wenn sie in den Körper gesteckt werden, sollen Schmerzen lindern oder sogar beseitigen können.

Auch der Bundesausschuss »Ärzte und Krankenkassen« tut sich bislang offenbar schwer, so richtig daran zu glauben. Deshalb müssen gesetzlich Krankenversicherte die Kosten für eine Akupunkturbehandlung immer noch aus eigener Tasche zahlen. Und das werde auch so bleiben, solange kein zuverlässiger wissenschaftlicher Nachweis für die Wirksamkeit dieser Therapiemethode erbracht sei, so der Ausschuss.

Das »Zentrum für naturheilkundliche Forschung« (ZnF) an der Münchner TU will nun diesen Nachweis erbringen. Mit Hilfe von über 500.000 Patienten, rund 9.400 Prüfärzten und 50 Prüfzentren ist hier das bislang größte naturheilkundliche Forschungsprojekt der Welt angelaufen.

Erste Zwischenergebnisse stimmen die ZnF-Wissenschaftler zuversichtlich: »Bei über 50% der bis dato über 45.000 behandelten Patienten war die Wirksamkeit der Akupunktur gut, bei weiteren 20% sogar sehr gut«, weiß Studienleiter Dr. Dieter Melchart zu berichten. Bei den meisten Patienten mit Kopf-, Rücken- oder Gelenkschmerzen habe die schmerzlindernde Wirkung bereits nach der sechsten Akupunkturbehandlung eingesetzt.

Um die Ergebnisse jedoch »hieb- und stichfest« zu machen, soll die Studie fortgesetzt werden, bis Behandlungsdaten von rund 500.000 Personen vorliegen. Daher sucht das ZnF jetzt noch 1.200 Patienten aus München und Umgebung, die an Migräne, Spannungskopfschmerz, Kniegelenksarthrose oder chronischen Kreuzschmerzen leiden. Diese können sich in einem der Münchner Prüfzentren (mehrere Arztpraxen sowie zwei Universitätsambulanzen) kostenlos mit Akupunktur gegen ihre Schmerzen behandeln lassen.

»Wir haben sehr strenge Vorgaben vom Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen«, betont Studienkoordinatorin Dr. Andrea Streng.

»Deshalb legen wir beispielsweise bei der Auswahl unserer Prüfärzte sehr strenge Maßstäbe an. Sie sind sozusagen ‘handverlesen’.« Außerdem führt das ZnF sechs Monate nach Abschluss der Behandlung bei allen Patienten eine Nachbefragung durch, um auch die Langzeitwirkung der Akupunktur zu erfassen.

Das sogenannte »Modellvorhaben Akupunktur« ist aber nur eines von vielen Projekten des ZnF. In den beiden Forschungsstellen in Schwabing (Kaiserstraße) und Haidhausen (Wolfgang straße) wertet man Fachliteratur aus, untersucht die naturheilkundliche Versorgung der Bevölkerung und betreibt vor allem klinische Forschung. Gerade hier gebe es nämlich noch viel Nachholbedarf, so Melchart.

Ein Vorzeigeprojekt seines Forschungszentrums ist auch das »Gesundheitstraining für Krebspatienten.«

»Das Neue daran ist der gruppentherapeutische Ansatz«, erklärt Melchart. Durch Entspannung, Bewegung und richtige Ernährung würden die »gesunden Anteile« im Körper gestärkt, die auch jeder kranke Mensch besitze. Freilich sei dies in den meisten Fällen nur eine Ergänzung zur medikamentösen Behandlung, räumt Melchart ein. »Aber manchmal kann man die Medikamente durch naturheilkundliche Therapien auch allmählich zurückfahren.«

Die Nachfrage nach dem »Gesundheitstraining« ist enorm. »Wir haben viel mehr Patienten als wir bewältigen können«, gesteht Melchart. Deshalb nimmt er vor allem solche Leute in die Gruppen auf, die im Klinikum rechts der Isar behandelt werden.

Dort ist nämlich auch die Naturheiltagesklinik des ZnF ansässig, so dass sich die Therapien besser koordinieren lassen. Aber auch »auswärtige« Patienten haben nach Absprache mit den zuständigen Ärzten die Möglichkeit, am Gesundheitstraining teilzunehmen.

Informationen zum Gesundheitstraining für Krebspatienten unter Tel. 41 40 22 53, Interessenten für die Akupunktur-Studie können sich unter Tel. 3 30 41 04 11 oder unter 7 26 69 77 melden. rme

Artikel vom 15.05.2002
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