Interview mit der Münchner Sternwarte zur "Großen Konjunktion"

Großartiges Ereignis am Sternenhimmel

Ein Blick in den Sternenhimmel lohnt sich jetzt besonders, denn die "Große Konjunktion" steht unmittelbar bevor. Foto: CCO

Ein Blick in den Sternenhimmel lohnt sich jetzt besonders, denn die "Große Konjunktion" steht unmittelbar bevor. Foto: CCO

München · Kurz vor Weihnachten erwarten wir die „Große Konjunktion“ der Planeten Jupiter und Saturn. Die beiden Planeten kommen sich scheinbar so nahe, dass man sie von der Erde aus praktisch wie einen einzigen Lichtpunkt sieht. Diese „Begegnung“ wiederholt sich alle 20 Jahre. Was ist diesmal so besonders daran?

Es ist richtig, dass Jupiter alle 20 Jahre den Saturn auf der Innenbahn überholt. Jupiter braucht knapp 12 Jahre für einen Umlauf um die Sonne. Der doppelt so weit entfernte Ringplanet Saturn schon fast 30 Jahre. Weil das mit 20 Jahren doch relativ selten ist – der Mond und die anderen sichtbaren Planeten bewegen sich viel schneller, so dass es viel häufiger zu nahen Begegnungen kommt – nennt man das Gipfeltreffen von Jupiter und Saturn „Große Konjunktion“. Das Besondere in diesem Jahr ist nun, dass diese Begegnung von der Erde aus gesehen so dicht ist, wie seit fast 400 Jahren nicht mehr.

Am 21. Dezember sind beide Planeten nur noch ein Zehntel Grad voneinander getrennt. Zur Veranschaulichung: das ist ein Fünftel des scheinbaren Vollmond-Durchmessers. Ohne Fernglas nimmt man dann nur noch einen einzigen Lichtpunkt wahr, weil der deutlich hellere Jupiter Saturn überstrahlt.

2. „Konjunktion“ heißt „Verbindung“. Die beiden Planeten sind ja aber nicht wirklich miteinander verbunden. Hat diese Planetenkonstellation irgendeinen Einfluss auf den Lauf der Dinge oder ist sie einfach nur schön anzusehen?

In der Tat kommen sich die beiden riesigen Gasplaneten nur scheinbar, nämlich von der Erde aus gesehen, so nahe, als würden sie fast zusammenstoßen. Zum Glück kann das nicht wirklich passieren, denn Saturn ist ungefähr doppelt so weit weg von der Sonne wie Jupiter. Eine physikalische Auswirkung oder sonstige Bedeutung hat dieser rein perspektivische Effekt nicht. Schön anzusehen ist eine solche „Große Konjunktion“ aber allemal: sowohl mit freiem Auge als auch mit einem kleinen Fernglas lohnt sich der Anblick! Bei Jupiter sieht man schon bei zehnfacher Vergrößerung die vier von Galilei entdeckten Monde. Bei Saturn ist ab 30-facher Vergrößerung, also mit einem Spektiv oder kleinen Teleskop, schon der Ring zu erahnen. Besonders reizvoll ist diesmal, dass beide Planeten gleichzeitig in ein- und demselben Okular-Gesichtsfeld zu sehen sind – das hat man sonst nie!

3. Zuletzt gab es eine ähnliche Annäherung von Jupiter und Saturn anno 1623. Damals hatte Galileo noch keine Probleme mit der Kirche - und gerade erst damit begonnen, mit einem Fernrohr den Nachthimmel neu zu entdecken. Wann wird man denn die nächste ähnliche Konjunktion beobachten können?

1623 kamen sich die beiden Gasriesen (wie diese hauptsächlich aus Helium und Wasserstoff bestehenden größten zwei Planeten unseres Sonnensystems auch genannt werden) sogar noch etwas näher. Aber damals gingen sie noch kürzer nach der Sonne unter als heuer, so dass kaum jemand das großartig bemerkt oder beobachtet haben dürfte, auch weil Ferngläser immer noch eine Seltenheit waren. Das letzte Mal, dass eine „Große Konjunktion“ ähnlich gut wie 2020 zu beobachten war, liegt also noch länger zurück: das war 1226. Wir haben es also nicht nur mit einem Jahrhundert-, sondern fast mit einem Jahrtausend-Ereignis zu tun. Die nächste genauso enge Begegnung findet dann allerdings schon vergleichsweise bald statt: im März 2080, denn nach dreimal 20 Jahren wiederholt sich die Stellung der beiden zueinander fast exakt.

4. Jupiter und Saturn kommen sich ja nur scheinbar sehr nahe. Wie weit sind die beiden denn bei der Konjunktion tatsächlich voneinander entfernt?

Gut 730 Millionen Kilometer liegen zwischen den beiden Gaskugeln, das ist knapp fünfmal der Abstand der Erde von der Sonne. Die Abstandsregeln werden also locker eingehalten, auch wenn es vielleicht nicht so aussieht. Auch wir Erdlinge wohnen dem Schauspiel aus sicherer Entfernung bei: das Licht vom Jupiter braucht eine Dreiviertelstunde bis zu uns, und vom Saturn ist es sogar anderthalb Stunden unterwegs.

5. Wie lange wird man die Große Konjunktion bei uns sehen können? Und wann und wo hat man die besten Chancen, sie zu sehen?

Auf jeden Fall sollte man ab sofort schauen, wann immer das Wetter es zulässt! Schon seit Wochen lässt sich schön verfolgen, wie Jupiter dem Saturn immer näher rückt. Tag für Tag erkennt man den Unterschied. Auch nach dem 21. Dezember, dem Tag der größten Annäherung, bleiben die beiden Planeten noch bis Anfang Januar kurz nach Sonnenuntergang im Südwesten sichtbar. Jupiter entfernt sich nur allmählich von Saturn. Am besten sollte man ab 17 Uhr etwas links von der Stelle schauen, wo die Sonne untergegangen ist. Es dürfen keine Häuser oder Bäume im Weg stehen, denn das Planeten-Duo steht nur etwa ein, zwei ausgestreckte Handbreit über dem Horizont, wo es gegen 18 Uhr versinkt.

6. Manche meinen, eine Große Konjunktion von Jupiter und Saturn habe es auch im Jahr 6 vor Christus gegeben und das sei eigentlich der „Stern von Betlehem“ gewesen. Was denken Sie?

Diese Große Konjunktion im Jahre -6 (bzw. in historischer Zählung im Jahr 7 v. Chr.) hat definitiv stattgefunden, das lässt sich berechnen. Genauer gesagt war es sogar eine „Größte Konjunktion“, das heißt, Jupiter und Saturn trafen sich in dem Jahr gleich dreimal, was ziemlich selten und unregelmäßig passiert. Damit ist es das einzig wirklich auffällige astronomische Ereignis, das im passenden Zeitraum, als die Weisen vom Morgenlande aufbrachen, nachweislich stattgefunden hat. Für eine Supernova oder einen Kometen gibt es keine Anhaltspunkte; außerdem galten Kometen früher eher als Unglücksboten. Im Falle der Großen Konjunktion reimt sich alles überraschend gut zusammen: Jupiter wurde immer schon als „Königsplanet“ wahrgenommen, Saturn wiederum stand speziell für den (schon sehr alten) König der Juden, und das Sternbild Fische, wo sich beide Planeten dreimal über den Weg liefen, repräsentierte Palästina. Die Deutung, dass „im Lande Juda“ ein neuer König im Kommen sei, ist also nachvollziehbar. Leider gibt es keine weiteren Belege für diese schöne These. Die einzige Quelle für die Geschichte des Sterns von Betlehem im Matthäus-Evangelium (2, 1-12) bleibt unspezifisch. Da ist nur von „seinem Stern im Osten“ die Rede, also nicht etwa von zwei Himmelskörpern. Das mit dem Osten stimmt aber wieder, da Jupiter und Saturn im April / Mai (als die Hirten, nach Lukas, die ganze Nacht bei den Schafen wachten.).

Das Interview führte Johannes Beetz

Artikel vom 21.12.2020
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