Hinter der Sieboldstraße in der Au verbirgt sich eine spannende Biographie

München/Au · Ein Bayer in Japan

Der Straßenname Sieboldstraße erzählt eine spannende Lebensgeschichte. Links oben: Zum 200. Geburtstag Philipp Franz von Siebolds brachten Deutschland und Japan gemeinsam eine Briefmarke heraus. F: bs / gem

Der Straßenname Sieboldstraße erzählt eine spannende Lebensgeschichte. Links oben: Zum 200. Geburtstag Philipp Franz von Siebolds brachten Deutschland und Japan gemeinsam eine Briefmarke heraus. F: bs / gem

München/Au · Wer beim TSV München-Ost sportelt, dem sollte die Sieboldstraße bekannt sein. Nur wenigen Münchnern dürfte geläufig sein, dass sie an gleich zwei bedeutende Wissenschaftler erinnert: den Arzt und Zoologen Carl von Siebold, der Mitte der 19. Jahrhunderts die heutige Zoologische Staatssammlung München leitete, sowie dessen Cousin, Philipp Franz von Siebold.

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Seines Zeichens Arzt, Botaniker und Ethnologe, hat Philipp Franz von Siebold - in der damaligen Zeit alles andere als gewöhnlich - vor allem im fernen Japan seine Spuren hinterlassen.

Philipp Franz von Siebold, geboren 1796 in Würzburg, gilt als Vorreiter der internationalen Japanforschung, wirkte aber auch in der Botanik erfolgreich: So tragen unter anderen eine Magnolie (Magnolia sieboldii) und eine Kirsche (Prunus sieboldii) seinen Namen. Im japanischen Nagasaki gibt es ein Siebold Memorial Museum, sogar in Tokio steht eine Büste von ihm. Sein Werk ist Pflichtstoff in japanischen Schulen.

Schon in jungen Jahren nahm der promovierte Mediziner Siebold ein Angebot an, als Stabsarzt in der niederländischen Kolonie Ostindien, dem heutigen Indonesien, zu wirken. Dort angekommen, winkte ihm eine Stelle als Arzt auf Dejima, einer künstlichen Insel als Stützpunkt der Niederländer, um Handel mit dem streng vom Westen abgeschotteten Japan zu betreiben. Von August 1823 bis Anfang Januar 1830 lebte Philipp Franz von Siebold zum ersten Mal in Japan, baute Beziehungen zu einheimischen Gelehrten und Herrschern auf. Er behandelte seine Patienten kostenfrei, erhielt dafür viele Geschenke und konnte sich so eine Sammlung mit zahlreichen Pflanzen und Tierpräparaten aufbauen. Mit seiner japanischen Lebensgefährtin hatte Siebold eine Tochter, die später einmal Japans erste Frauenärztin werden sollte.

Die erfolgreiche Dienstzeit endete jedoch mit einem Skandal: Als Siebolds Schiff im August 1828 auslaufen sollte, wurden seine Schätze entdeckt, darunter Kunstwerke, deren Ausfuhr streng verboten war. Siebold bekannte sich schuldig und wurde in der Folge auf Lebzeiten aus Japan verbannt. Seine Freundin und Tochter musste er zurücklassen, seine naturkundlichen Objekte durfte er in die Heimat mitnehmen.

Erst 1858 durfte Philipp Franz von Siebold - inzwischen in Europa als Japanforscher berühmt geworden - in das Kaiserreich zurückkehren. Vorrübergehend war er als Regierungsberater tätig. Nach einigen Unstimmigkeiten verließ er Japan im November 1862, ein Jahr später quittierte er den niederländischen Staatsdienst. Philipp Franz von Siebold starb am 18. Oktober 1866 in München. Sein Grab auf dem Alten Südlichen Friedhof hat die Form eines buddhistischen Bauwerks. Teile seiner Sammlung sind heute im Museum Fünf Kontinente zu sehen.


Benjamin Schuldt

Artikel vom 03.12.2020
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