Wenig Taktik, viel Action

Im Werksviertel-Mitte trainieren Rollstuhlfechter für ein großes Ziel

Seit einem Jahr ist „Fechten Inklusiv“ im Werksviertel-Mitte zuhause und lädt jeden ein, den dynamischen Hochgeschwindigkeitssport kennenzulernen. Foto: Jürgen Zielinski-Lick

Seit einem Jahr ist „Fechten Inklusiv“ im Werksviertel-Mitte zuhause und lädt jeden ein, den dynamischen Hochgeschwindigkeitssport kennenzulernen. Foto: Jürgen Zielinski-Lick

Werksviertel/München · Etwa 40 Rollstuhlfechter gibt es in Deutschland, sechs Sportler trainieren in München: „Fechten Inklusiv“ nennt sich die Initiative, die sich der Förderung des Rollstuhlfechtens verschrieben hat. Seit einem Jahr ist sie im Werksviertel-Mitte am Ostbahnhof zuhause und lädt jeden ein, den aufregenden dynamischen Hochgeschwindigkeitssport kennenzulernen.

Wer glaubt, dass das Fechten im Rollstuhl vom Handicap der Sportler dominiert werde, der irrt. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall: „Ich bin sicher, dass ein Weltmeister im Rollstuhlfechten einen olympischen Fecht-Weltmeister immer besiegen würde, wenn der Fechter ohne Behinderung zum ersten Mal im Rollstuhl kämpft“, sagt Dominik Nagel. Er ist einer der Trainer der Initiative „Fechten inklusiv“. Nagel hat selbst keine Behinderung. Durch das Kämpfen im Rollstuhl hat er seine Sportart von einer anderen, sehr intensiven Seite kennengelernt und seinen Fechthorizont erweitert. Durch die enge Mensur, also den geringen Abstand der Fechter zueinander, gibt es viel weniger Zeit zu Taktieren und dafür mehr Action.

„Wer das Gefecht aktiv führt, ist beim Rollstuhlfechten klar im Vorteil.“ Nagel betont, dass auch beim Rollstuhlfechten der Kopf, also die mentale Stärke, entscheidend sei. Zudem wird in seinen Schilderungen deutlich, welche enorme körperliche Kraft die Rollstuhlfechter entwickeln müssen. Die Schnelligkeit etwa wird in der Bauchmuskulatur entwickelt. Wie gewaltig diese Kräfte sind, erkennt man, wenn die Sportler manchmal mit ihrem Rollstuhl und dem Gestell, in dem der Rollstuhl befestigt ist, in die Luft abheben. Er selbst kann jedem Fußgänger, wie die Fechter auf der langen Fechtbahn genannt werden, empfehlen, das Rollstuhlfechten auszuprobieren und sich fechterisch weiterzuentwickeln. Sportler mit Behinderung sind bei „Fechten Inklusiv“ sowieso immer willkommen.

Hüseyin Gasimov will zu den Paralympics

Während das Rollstuhlfechten in Deutschland wie der Fechtsport allgemein noch immer ein Nischendasein führt, seien andere Fechtnationen wie Frankreich oder Italien diesbezüglich schon weiter, erklärt Nagel. Vielleicht sorgt ja der Rollstuhlfechter Hüseyin Gasimov vom Team Werksviertel-Mitte in Zukunft für einen größeren Aufmerksamkeitsschub. Der ehemalige Boxer kämpfte sich bei den deutschen Meisterschaften immerhin schon auf Platz drei. Sein großes Ziel sind die Paralympics 2024. Um sich zu qualifizieren, muss Gasimov es schaffen, sich über die Teilnahme an Weltcups sowie Europa- und Weltmeisterschaften unter die besten 16 Rollstuhlathleten der Welt zu fechten.

Wer sich ein Bild machen möchte, findet unter „Faszination Rollstuhlfechten“ bei YouTube einen Imagefilm.

Artikel vom 22.11.2020
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...