Außergewöhnliches Projekt im Kulturzentrum Gasteig

München · Allein über der Stadt

Alleine auf dem Dach der Philharmonie mit Blick auf das Herz Münchens - das ist Hauptbestandteil des "Community-Art-Projekts" im Gasteig. Foto: Florian Ganslmeier

Alleine auf dem Dach der Philharmonie mit Blick auf das Herz Münchens - das ist Hauptbestandteil des "Community-Art-Projekts" im Gasteig. Foto: Florian Ganslmeier

München · Eine Stunde allein auf dem Dach der Philharmonie bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang – diesen Traum können sich 730 Interessierte ab Dezember in München bei einem außergewöhnlichen Kunstprojekt erfüllen. Genau 365 Tage dauert das Projekt „Türmer München“, das der Gasteig ab dem 12. Dezember realisieren möchte.

Ein Jahr lang kann jeweils eine „Türmerin“ oder ein „Türmer“ zu Sonnenaufgang und zu Sonnenuntergang eine Stunde lang die Stadt vom Dach der Philharmonie aus beobachten – und Teil werden eines groß angelegten Kunstprojekts. 730 Stunden sind also übers Jahr verteilt zu vergeben, für die sich Interessierte ab sofort anmelden können. Bei dem Projekt geht es dabei nicht um München selbst, sondern vielmehr um die Menschen, die hier leben und auf "ihre" Stadt blicken.

Idee und Konzept des "Community-Art-Projekts" stammen von der belgisch-australischen Choreographin Joanne Leighton. „Ich will Menschen einbeziehen, unabhängig davon, ob sie künstlerisch gebildet sind oder nicht“, sagt die international tätige Künstlerin. „Die Stadt ist wie eine Bühne und der Aussichtsraum des Türmers ist das Fenster zu dieser Bühne. Und dass der Gasteig selbst eine kulturelle Institution ist, unterstreicht die Tatsache, dass wir hier eine künstlerische Performance vor uns haben, auch wenn die Teilnehmer nicht „performen“ müssen. Sie tragen mit der Qualität ihrer Präsenz bei. Wir haben also einen Performer und ein Publikum, können allerdings nicht eindeutig sagen: Schaut der Türmer der Performance der Stadt zu oder die Stadt dem Türmer und seiner Performance — das fließt alles ineinander über."

Leighton hat ihr Konzept schon mit großem Erfolg bereits in mehreren Städten realisiert. Nach München soll es 2021 auch in Paris stattfinden. "Gerade in diesen Zeiten der Corona-Beschränkungen bin ich sehr froh, die Performance weiterführen zu können. Die Beständigkeit des Werks fühlt sich relevant an mit Blick auf das, was wir gerade in der Welt erleben, es gibt ihm nochmal eine zusätzliche Bedeutung."

Auf dem Dach der Philharmonie im Gasteig wird derzeit ein von Architekt Benjamin Tovo entworfener Aussichtsraum errichtet - ein großer Quader aus Holz und Stahl mit einer ganzflächigen Glasscheibe auf der vorderen Seite, die einen einzigartigen Blick auf die "Bühne" München bietet. Der beleuchtete Baukörper an exponierter Stelle wird aber auch von unten die Blicke auf sich ziehen.

Hier oben verbringen die "Türmer" die Stunde nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang, auch als „goldene Stunde“ bekannt. Ohne Ablenkung, ohne Mobiltelefon, Kamera oder Uhr beobachten sie 60 Minuten lang "Ihre" Stadt. In einem Vorbereitungsworkshop wird vermittelt, wie man die Stunde möglichst stehend, ruhig und konzentriert alleine erleben kann. Zur Sicherheit ist immer eine Begleitperson in der Nähe. Danach hinterlassen die Projektteilnehmer ihre spontanen Eindrücke, Gedanken und Gefühle, die während des Jahres in einem Blog und später gesammelt veröffentlicht werden.

Alle drei Monate gibt es ein Treffen, bei dem sich die Türmer über das Erlebte austauschen sowie die Künstlerin und Urheberin der Performance persönlich kennenlernen können.

„Das wird das Jahr der Türmer“, sagt Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner. „Im letzten Jahr vor der geplanten Sanierung des Gasteig und dem Umzug in die Interimsstätten wollen wir nicht nur möglichst vielen und möglichst unterschiedlichen Menschen den unvergleichlichen Blick vom Dach der Philharmonie ermöglichen. Wir wollen für 365 Tage auch einen Ort schaffen, an dem man innehalten und sich gedanklich mit der Stadt und seinen Mitmenschen auseinandersetzen kann. Das passt genau in diese außergewöhnliche Zeit“.

Anmelden für die Plätze bei „Türmer München“ kann man sich auf www.tuermer-muenchen.de Um möglichst vielen Menschen eine Teilnahme zu ermöglichen, wird die Terminvergabe gestaffelt. Zunächst können nur Termine bis 30. April 2021 reserviert werden. Die Teilnahme am Projekt ist kostenlos.

Artikel vom 13.11.2020
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