Gut angelegtes Geld

Spenden-Aktion für den Einrichtungsverbund Steinhöring

Hofft auf großzügige Kirchgänge am ersten Adventssonntag: Dr. Gertrud Hanslmeier-Prockl, Gesamtleitung des Einrichtungsverbunds Steinhöring. Foto: EVS/KJF

Hofft auf großzügige Kirchgänge am ersten Adventssonntag: Dr. Gertrud Hanslmeier-Prockl, Gesamtleitung des Einrichtungsverbunds Steinhöring. Foto: EVS/KJF

Steinhöring · Traditionell am 1. Adventssonntag wird in allen Kirchen der Erzdiözese München und Freising für die vielfältigen Aufgaben der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) gesammelt. Dieses Jahr erhält die Kollekte der Einrichtungsverbund Steinhöring (EVS). Dieser benötigt dringend Gelder für die Sanierung des Förderstätten-Gebäudes.

Dort wird erwachsenen Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen eine sinnvolle und abwechslungsreiche Tagesstruktur geboten.

Genaueres erfährt man bei einer Ortsbesichtigung in Steinhöring: Auf dem Gelände des Einrichtungsverbundes Steinhöring (EVS) ist Ankunftszeit. Busse fahren im Innenhof ein, ein lautes „Juchzen“ ist zu hören. Christine B. freut sich auf ihren Tag in der Förderstätte. Eine MitarbeiterIn der holt sie vom Bus ab und begleitet sie in die hellen Förderstättenräume. Die Förderstätte Steinhöring bietet für Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen verschiedene individuelle Förderangebote. Wer so schwer beeinträchtigt ist, dass eine Tätigkeit in der Werkstatt nicht möglich ist, wird hier gefördert und begleitet.

Der Tagesablauf orientiert sich an den Bedarfen der einzelnen Teilnehmer. Christine arbeitet gerne an verschiedenen Aufgaben mit. Mithilfe einer Vorrichtung entfernt die junge Frau im Rollstuhl, die ihre Arme und Hände nur sehr eingeschränkt bewegen kann, mit einer Hand Lavendelblüten vom Stängel.

Diese werden dann in Säckchen verpackt und zum Kauf angeboten. In einer anderen Gruppe entfernt Benedikt den Kaffeesatz aus Aluminium-Kapseln. Aus den Kapseln erstellen die Teilnehmer der Gruppe mit Unterstützung der MitarbeiterInnen schöne Schmuckstücke. „Die Teilnehmer der Förderstätte werden auf kreativem Weg zu Arbeitstätigkeiten angeleitet. Dabei konzentrieren wir uns auch auf die Wiederverwendung von Materialien. Jeanshosen oder Hemden werden bei uns in Taschen oder Kissenbezüge umgearbeitet“, so Sabrina Wörz, die Einrichtungsleitung der Förderstätte.

Mit dem Ziel, Menschen mit Behinderung „Arbeit und ein sinnerfülltes Leben“ zu ermöglichen, gründete die KJF München vor fast 50 Jahren den Einrichtungsverbund Steinhöring. Das älteste Gebäude auf dem Steinhöringer Gelände hat eine wechselvolle Geschichte. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde in dem Gebäude der erste Lebensborn des sogenannten „Dritten Reiches“ eröffnet. Diese Einrichtung der SS war Teil der nationalsozialistischen Rassenhygiene und diente als Entbindungsheim für Frauen, die dem Bild der arischen Mutter entsprachen.

Zur gleichen Zeit wurde eine große Zahl von Menschen mit Behinderung und Menschen mit psychischen Erkrankungen im Rahmen der „Aktion Tiergarten 4“ systematisch ermordet. „Dass in diesem Gebäude nun Menschen mit schwersten Behinderungen unterstützt werden, ist eine ständige Mahnung daran, dass sich Selektion und Abwertung von Menschen mit Behinderung nicht wiederholen dürfen“, so Dr. Hanslmeier-Prockl. Daher ist es der KJF München ein wichtiges Anliegen, dieses Haus zu sanieren. Zudem entsprechen die Raumgrößen und die Aufteilungen auch den Vorstellungen einer modernen Förderstätte.

Ein deutlich größerer Aufzug, die Modernisierung der Sanitäranlagen, neue Fenster und ein echter Vollwärmeschutz sind jedoch dringend erforderlich, um die Begleitung von Menschen mit schwersten Behinderungen zeitgemäß zu ermöglichen. Das größte Problem ist das Wassernetz. Es ist marode und passt nicht mehr zur aktuellen Nutzung, denn früher waren in dem Haus sowohl die Wäscherei als auch die Großküche des Geländes untergebracht. Auch alle Brandschutzeinrichtungen und elektrischen Anlagen müssen komplett erneuert werden.

Das Bauvorhaben kostet 8 Millionen Euro. Dennoch kommt ein Abriss des Hauses nicht in Frage. Nicht zuletzt sprechen auch die Kosten eines Neubaus dagegen: Er käme über 20 Prozent teurer als eine Sanierung. Dr. Gertrud Hanslmeier-Prockl plant die Sanierung des Gebäudes bereits seit 2012. Im März 2018 wurde das Sanierungsvorhaben bereits zum vierten Mal in den Landesbehindertenplan der Regierung von Oberbayern eingegeben und nun endlich genehmigt. Damit ist sichergestellt, dass Fördermittel durch die Regierung und den Bezirk fließen können.

In der Regel sind aber mindestens 30 Prozent Eigenmittel erforderlich. Zudem wird die Sanierung der Kapelle und verschiedener Büroräume, die ebenfalls in dem Förderstätten-Gebäude untergebracht sind, nicht gefördert. Dr. Hanslmeier-Prockl rechnet mit einer Förderung in Höhe von etwa 3,6 Millionen Euro. Auch das Erzbischöfliche Ordinariat beteiligt sich mit einer Million Euro Zuschuss. Die Kollekte des Jugendopfersonntags soll ebenfalls dabei helfen den Eigenanteil zu bestreiten.

Das Geld wird gut angelegt sein, denn in den nächsten Jahren werden zusätzliche Plätze in der Förderstätte benötigt, die nach der Sanierung angeboten werden können. Neben der Förderstätte befinden sich auch Räume der Seniorentagesstätte in diesem Gebäude. Die Gruppe der Senioren wird in den nächsten Jahren stetig anwachsen, denn immer mehr Bewohner erreichen das Rentenalter.

In der Seniorentagesstätte können sie tagsüber verschiedene Angebote wahrnehmen und soziale Kontakte pflegen. Durch Schaffung weiterer Einzelräume können nach der Sanierung zukünftig mehr Personen tagsüber begleitet werden. Und wann könnte das Vorhaben umgesetzt sein? Dr. Hanslmeier-Prockl: „Wir hoffen, dass wir zur Jahreswende 2022 in das sanierte Gebäude einziehen können.“

Wer nicht in die Kirche geht, kann natürlich trotzdem für das Projekt spenden. Dies geht unter das Spenden-Konto der Katholischen Jugendfürsorge: IBAN DE23 7509 0300 0002 1434 10Verwendungszweck: „Jugendopfersonntag 2020“

Artikel vom 14.11.2020
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