Mehr als nur Heimat

Freizeitjuwel und Naturparadies: Der Ebersberger Forst

Dürre, Hitze und Stürme setzen auch den Ebersberger Forst immer mehr zu. Die Forderung nach mehr Forstpersonal, um den klimagerechten Umbau heimischer Wälder voranzubringen, wird lauter. Foto: IG BAU

Dürre, Hitze und Stürme setzen auch den Ebersberger Forst immer mehr zu. Die Forderung nach mehr Forstpersonal, um den klimagerechten Umbau heimischer Wälder voranzubringen, wird lauter. Foto: IG BAU

Ebersberg · Mit 9.000 Hektar ist der Ebersberger Forst das größte zusammenhängende Waldgebiet in Deutschland, das von keiner Siedlung unterbrochen ist. 7.600 Hektar sind Staatswald und werden von den Bayerischen Staatsforsten bewirtschaftet, der Rest ist Gemeinde- und Privatbesitz.

Die gute Erreichbarkeit und die Nähe zu München haben den Ebersberger Forst zu einem beliebten Naherholungsziel werden lassen. Wichtige Ausflugsziele sind der Ebersberger Aussichtsturm, das Museum Wald und Umwelt mit dem angegliederten "NaturErlebnisPfad" der Umweltstation Ebersberger Forst. Eine der "Hauptattraktionen" ist die Hohenlinder Sauschütt, ein Ausflugsort für die ganze Familie. In drei Schaugattern leben Rot-, Dam- und Schwarzwild. Man erlebt die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum und oft hautnah. Für den Fall, dass die Tiere einmal in weiterer Ferne ruhen, wird empfohlen, ein Fernglas mitzunehmen.

Im Sommer 2004 wurde in unmittelbarer Nähe ein 3,2 km langer behindertengerechter Waldlehrpfad eröffnet. Diesen Rundweg kann man in ca. 2 Stunden erkunden. In unmittelbarer Nähe befindet sich die ehemalige Forstdienststelle Hohenlinder Sauschütt. Heute ist sie eine beliebte Waldgaststätte mit Biergarten und Kinderspielplatz (Wiedereröffnung im Sommer geplant). Während die Anzinger Sauschütte im nördlichen, dem herzoglichen Teil des Forstes bereits auf einer Karte von 1798 eingetragen ist, sind über die Anfänge der im ehemaligen Klosterwald gelegenen Hohenlindener Sauschütte keine Unterlagen vorhanden. Es ist anzunehmen, daß auch sie um diese Zeit entstanden ist. Im Dachgebälk des heutigen Nebengebäudes findet sich die Jahreszahl 1859.

Bereits in der Mitte des 18. Jahrhundert wurden die heute noch prägenden Raster, an im Winter geräumten Wegen angelegt. Diese schachbrettartige Einteilung des Ebersberger Forstes in sogenannte Geräumte mit einer Fläche von 400 mal 400m sollten die Forstwirtschaft ankurbeln. 1818 wurde der Ebersberger Forst aus Jagdgründen zum Wildpark erklärt und mit einem Eichenzaun eingezäunt, auch um die landwirtschaftlichen Schäden durch Wildschweine und äsendes Rotwild einzudämmen.

In den Jahren von 1890 bis 1892 wurde der Ebersberger Forst von einer gewaltigen Raupenplage Heimgesucht. Fast die Hälfte des Waldes wurde kahl gefressen. Am 14. Juli 1894 wütete ein Sturm im Ebersberger Forst, dem die durch Raupenfraß bereits stark gelichteten Bestände endgültig zum Opfer fielen. Zurück blieb eine riesige Kahlfläche, die erst mühsam wiederaufgeforstet werden musste. Die Aufräumarbeiten dauerten fünf Monate und beschäftigten 700 Holzarbeiter.

Trotz dieser Schicksalsschläge hat sich der Ebersberger Forst heute zum wichtigen Landschaftsschutzgebiet, Wasserschutzgebiet und Bannwald entwickelt. Seit 2004 wurde der südliche Rand und der Osten des Ebersberger Forstes zum FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, eine Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union) erhoben, weil hier die sehr seltenen, streng geschützten Tiere Gelbbauchunke und Bechstein-Fledermaus noch vorkommen. Der Forst besteht in den zentralen Bereichen vielfach noch aus Fichtenmonokulturen, die Randbereiche und die Endmoränen im Südosten sind durch artenreiche Eichen- und Buchenmischwälder gekennzeichnet.

Aufgrund schwerer Stürme in den 1990er Jahren und dem fortschreitenden Klimawandel wird die Umwandlung in einen Mischwald von den Bayerischen Staatsforsten vorangetrieben, ganz besonders im Moränengebiet im Südosten, mit Kiefern, Lärchen, Tannen, Buchen, Eichen, Linden und anderen Laubbaumarten. Eine wichtige Maßnahme: Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums dürften in Bayern 2018 bis 2020 insgesamt rund 26,5 Millionen Kubikmeter Schadholz anfallen.

Extreme Wetterlagen und Schädlinge wie der Borkenkäfer werden demnach bis Jahresende eine Waldfläche von 16.100 Hektar vernichtet haben. „Auch wenn zuletzt mehr Regen fiel als in den Vorjahren, bleibt die Lage für die Bäume dramatisch. Neben den besonders anfälligen Monokulturen aus Fichten und Kiefern trifft es mittlerweile sogar die Buche“, sagt Michael Müller, Bezirksvorsitzende der IG BAU Oberbayern. Diese seit Jahrtausenden in Deutschland heimische Art leide zunehmend unter ausgetrockneten Böden und Pilzbefall.

Um die Wälder für den Klimawandel zu wappnen, müssten zusätzliche Mischwälder angelegt und an den Klimawandel angepasste Baumarten angeplanzt werden. „Das aber ist eine Mammutaufgabe, für die es viel mehr Personal im gesamten öffentlichen und privaten Forst braucht als bislang. Betriebe sollten deshalb auch mehr ausbilden und Azubis übernehmen“, betont der Gewerkschafter. Der Nachholbedarf beim Waldumbau sei enorm, wie die letzte Bundeswaldinventur zeige.

Danach machen Nadelbäume – ein Großteil davon in Monokulturen – fast zwei Drittel der 2,6 Millionen Hektar des bayerischen Waldes aus.

Artikel vom 14.08.2020
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