Die Dörfer im Wandel

Urbanes Bauen und Nachverdichtungsprojekte im Landkreis

Urbanes Bauen in Langenpreising. Da war ein Bauträger klar seiner Zeit voraus. Heute sind diese Bauformen ausdrücklich gewünscht. Foto: kw

Urbanes Bauen in Langenpreising. Da war ein Bauträger klar seiner Zeit voraus. Heute sind diese Bauformen ausdrücklich gewünscht. Foto: kw

Landkreis/Erding · Die Dörfer im Kreis Erding verändern ihre Gesichter schneller als manchen das recht ist. Es wird in großem Stil, wie der Fachterminus ist, „nachverdichtet“, und zwar neuerdings auch in Bereichen, wo bisher andere Planungen bestanden.

Die davongeeilten Grundstückspreise haben gleich an mehreren Stellen Reihenhäuser, bisher immer wieder als die verdichtete Bauform angesehen, nicht mehr marktgängig erscheinen lassen. In Langenpreising im Norden des Landkreises Erding hat der neue Bürgermeister Josef Straßer (FWG) sogar eine Online-Befragung durchgeführt. Ergebnis: Klare Mehrheit für die Bebauung mit Mehrfamilienhäusern. Blitzschnell wurde ein Änderungsverfahren für den Bebauungsplan für ein Neubaugebiet angestoßen, für das die Erschließung bereits läuft.

In Bockhorn sind Reihenhäuser schon eine Weile „out“. In Berglern passiert jetzt ganz was ähnliches wie in Langenpreising, nur dass hier der Plan von einem privaten Investor kommt. Tenor seiner Argumentation: Reihenhäuser sind unverkäuflich, kleinere Wohnungen dagegen enorm gefragt. In Ottenhofen wird ein anderer Weg gegangen: Hier sollen sozial geförderte Wohnungen auf einem Gelände entstehen, auf dem mal ein Autohaus war. Der Bebauungsplan ist erst vor kurzem als Satzung beschlossen worden.

Was das alles in der Summe bewirkt wird auf kommunale Planungen Einfluss haben: Es ist ein Unterschied, ob statt vier Reihenhäusern zwölf Wohnungen errichtet werden, und das in mehreren Orten einer Verwaltungsgemeinschaft gleichzeitig, und das auch noch im selben Schulverband, ein Schulverband, in dem durch Baupläne drastische Veränderungen anstehen. Parallel dazu werden von Profis des Planungsverbandes Bedarfsanalysen für Kinderbetreuungsplätze erstellt, um den Kommunen hier Planungssicherheit geben zu können. Das Tempo der Veränderung hat dramatisch zugenommen und führt zu Bauformen, die bisher in den Dörfern völlig unbekannt waren: Regelrecht urbane Siedlungsstrukturen werden es, und das kann auch Sozialstrukturen verändern, ganz zu schweigen von der Optik. Flach- oder Pultdächer mitten im Dorf das war beispielsweise vor Jahren in Langenpreising für die Gemeinderäte ungemein gewöhnungsbedürftig. Weil aber der Bauträger dort gebaut hat, wo es keinen Bebauungsplan gibt, war seine Planung rechtlich nicht zu verhindern.

Quer durch die Gemeinden verfolgt die Gremien ein zentrales Problem: Wohin mit den Autos? Der eine schreitet mutig voran und plant eine Tiefgarage, wissend, dass das richtig teuer wird. Der Gemeinderat spielte mit, auch der Optik wegen. So viel Blech überirdisch, wo eigentlich auch Rasenspielflächen entstehen könnten, das wollte keiner. Der andere packt die Autos auch unter das Haus, versenkt das Garagengeschoss aber nur halb. Der dritte plant mit einzelnen versenkbaren Stellplätzen, eine aufwändigere Form der Duplex-Parker, die dann aufrecht begehbar wird, aber teurer ist. Auch Mischformen werden versucht.

Der genannte Grundstückspreis macht solche Lösungen zwischenzeitlich immer wirtschaftlicher. Aber nicht nur beim Wohnungsbau wird verdichtet, auch beim Gewerbebau. Die klassische Billig-Variante bei Supermärkten, nämlich ein Flachbau und drum herum eine gewaltige asphaltierte Fläche als Parkplatz, ist in Berglern beispielsweise explizit abgelehnt worden, auch hier geht es in die Höhe. Das Ganze soll ein neues Ortszentrum geben. Drastischer geht es nicht mehr: Aus dem Straßendorf, wo zwei Landwirte im Gemeinderat sitzen, wird ein wahres Kontrastprogramm, denn am anderen Ende erweitert ein Landwirt gleichzeitig seinen Betrieb. kw

Artikel vom 31.07.2020
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