Lebensqualität für alle

Landkreis · Demenzpatienten auch in Zeiten von Corona nicht vergessen

Freuen sich, dass die Arbeit wieder beginnen kann: Dieter Senninger, Jürgen Hoerner, Denise Buss, Ingrid Schmidt-Endraß, Ramona Eidner-Bobrowski und Elisabeth Landeck von der Alzheimergesellschaft München Land (v.l.). Foto: hw

Freuen sich, dass die Arbeit wieder beginnen kann: Dieter Senninger, Jürgen Hoerner, Denise Buss, Ingrid Schmidt-Endraß, Ramona Eidner-Bobrowski und Elisabeth Landeck von der Alzheimergesellschaft München Land (v.l.). Foto: hw

Landkreis · "Wir sind froh, dass wir wieder mit einem kleinen Teil unseres Angebotes starten können, auch wenn viele Angebote, wie beispielsweise die Herbstwindgruppen derzeit noch nicht wieder laufen können", erklärt der Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Landkreis München, Jürgen Hoerner. Wieder möglich sind Spaziergänge mit Demenzpatienten, aber auch die Fortführung der Helferschulungen und die Selbsthilfegruppe von pflegenden Angehörigen.

"Für jedes einzelne Angebot haben wir ein eigenes Hygienekonzept erstellen und beim Gesundheitsamt vorlegen müssen", erläutert Jürgen Hoerner weiter. Auch die Schulungs- und Versammlungsräumlichkeiten in der Hauptstraße 42 in Unterhaching wurden den neuen Bestimmungen angepasst. Darüber hinaus wurden die Demenzhelfer besonders geschult, um alle Hygiene- und Abstandsregelungen zu verinnerlichen. Für die Betroffenen und deren pflegende Angehörige sind vor allem die Spaziergänge eine große Erleichterung. "Die Nachfrage ist sehr hoch, die Angehörigen sind über jede Hilfe im Alltag dankbar", weiß Jürgen Hoerner zu berichten. Allerdings dürfen die Demenzhelfer das Haus des Patienten nicht betreten, sie holen die betreffende Person zuhause ab und bringen sie nach dem gemeinsamen Spaziergang wieder nach Hause. So kann der Angehörige mal ein wenig durchschnaufen und sich wenigstens ein wenig erholen.

Weitergeführt beziehungsweise wieder aufgenommen wurden auch die Helferlehrgänge, denn der Bedarf an Betreuung steigt, ebenso wie die Zahl an Personen im Landkreis, die von Demenz betroffen sind. Denn mit der steigenden Lebenserwartung der Menschen steigt auch die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken. Rund 6.000 Menschen sind im Landkreis davon betroffen, so Jürgen Hoerner. Wie wichtig die Arbeit der Alzheimergesellschaft ist, kann man auch an den steigenden Zahlen bei den Beratung ablesen, so Hoerner. So habe man im Jahr 2011 lediglich 115 Beratungen durchgeführt, im Jahr 2019 bereits stolze 1.039. Rund 90 Personen besuchen im Normalfall die Herbstwindgruppen wöchentlich, darüber hinaus gibt es noch zahlreiche Einzelbetreuungen (2490 Stunden im Jahr 2019).

Es ist höchste Zeit, so findet das engagierte Team der Alzheimergesellschaft, dass nach der nun fast viermonatigen Pause wieder mit den Angeboten für Demenzpatienten begonnen werden kann. "Viele Menschen sind ohne diese Gruppen und Angebote regelrecht vereinsamt. Die Lebensqualität für Demenzpatienten hat unter den Einschränkungen sehr gelitten", erklärt Pflegelehrerin Denise Buss. Das Ziel muss es nun wieder sein, unter Einhaltung aller geltenden Regeln, die Lebensqualität von Demenzpatienten wieder in den Fokus zu rücken. Dazu hat Denise Buss auch ein neues Projekt aus der Taufe gehoben. "Wir wollen gemeinsam mit Demenzhelfern ein Impro-Theater aufziehen, das wir draußen aufführen können und das auf die besonderen Bedürfnisse von Demenzpatienten zugeschnitten ist.

Mit den Proben starten wir noch im Juli", so Denise Buss. Gespielt werden könnte beispielsweise im Garten von Demenz-WGs, so dass die Bewohner mit gebührendem Abstand zuschauen und ein wenig Abwechslung geboten bekommen könnten. Auch in Alten- und Pflegeheimen könnte man damit auftreten. "Es geht darum, ein wenig Farbe und Abwechslung in den Alltag zu bringen", so Denise Buss. Bei den zahlreichen Ehrenamtlichen, die sonst in den Herbstwindgruppen oder Einzelbetreuungen beschäftigt sind, ist sie mit ihrer Idee offene Türen eingerannt. "Uns fehlen noch Kostüme und Zubehör für unsere Aufführungen, hier würden wir uns sehr über entsprechende Spenden freuen", so Denise Buss. Zu erreichen ist sie für potenzielle Spender unter der E-Mail: kontakt@aglm.de

"Viele unserer Ehrenamtlichen brennen darauf, wieder aktiv zu werden", weiß auch Jürgen Hoerner zu berichten. Natürlich war die Alzheimergesellschaft während der Schließung vieler Angebote nicht untätig "Wir waren die ganze Zeit über telefonisch für die Angehörigen unserer Demenzpatienten da", informiert Ingrid Schmidt-Endraß, die unter anderem die Helferkreise der Alzheimergesellschaft koordiniert. Sowohl aus Sorge um die Patienten, als auch aus Fürsorgepflicht für die Helfer, die häufig aufgrund ihrer Altersstruktur ebenfalls zur Gefährdetengruppe gehören, mussten aber dennoch alle Angebote abgesagt werden. "Die Gesundheit aller Beteiligten hat für uns natürlich höchste Priorität", so die Fachkraft für Demenz.

Auch jetzt kann noch nicht gesagt werden, wann die Betreuungsgruppen wieder mit ihrem Angebot starten dürfen. "Vielfach sind wir in Räumlichkeiten von Pfarreien oder Nachbarschaftshilfen untergebracht, in denen sich die geforderten Hygiene- und Abstandsregelungen nur schwer bis kaum umsetzen lassen. Außerdem gehört bei uns das gemeinsame Kaffeetrinken, Singen und auch das Tanzen zum Programm, hier sind wir dabei, nach neuen Lösungen für unsere Besucher zu suchen und uns abzustimmen", betont Ingrid Schmidt-Endraß. Die Pfarreien, in denen viele Herbstwindgruppen ihr Zuhause haben, haben ihrerseits ihre Räumlichkeiten für Veranstaltungen aller Art gesperrt, so dass man hier auch auf deren Entscheidung angewiesen ist. Dennoch sei man dabei ein Hygienekonzept für diese Gruppen zu entwickeln, damit bald wieder vermehrt Angebote für Demenz-Patienten möglich sind.

Für die Angehörigen von Demenz-Patienten waren die letzten Wochen eine große Herausforderung, denn nun waren sie bei der Betreuung auf sich allein gestellt. "Wir haben alle Anrufer nach Kräften beraten und ihnen ein offenes Ohr geschenkt. Wo wir konnten, haben wir Anregungen weiter gegeben, wie man am besten den Tag mit einem Demenzpatienten strukturiert", berichtet Schmidt-Endraß von den zahlreichen Telefoneinsätzen weiter. Die Alzheimer-Beratungsstelle im Landkreis München ist montags bis freitags von 10.00 bis 14.00 Uhr unter Tel. 6605 9222 zu erreichen. Auch eine E-Mail unter kontakt@aglm.de wird beantwortet. hw

Artikel vom 08.07.2020
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