Schüler-Informations-und Beratungsstelle P.I.B. feiert 30. Geburtstag

Gegen Mobbing und Null Bock

Die Münchner Chorbuben, Mitbewohner des P.I.B. im Jugendhaus St. Bonifaz, gratulierten zum 30. Geburtstag.	Foto: rme

Die Münchner Chorbuben, Mitbewohner des P.I.B. im Jugendhaus St. Bonifaz, gratulierten zum 30. Geburtstag. Foto: rme

Maxvorstadt · Der Erfurter Amoklauf hat es wieder einmal mit schockierender Klarheit vor Augen geführt: Deutsche Schulen können ein »heißes Pflaster« sein.

Schießereien und Todesfälle bilden zwar gottlob (noch) die Ausnahme. Doch gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Schülern, Mobbing gegenüber Außenseitern und verbale Angriffe gegen Lehrer gehören an vielen Schulen längst zum Alltag.

– Ebenso wie andererseits der zunehmende Leistungsdruck, der keinerlei Rücksicht mehr nimmt auf individuelle Veranlagungen und Situationen. Umso wichtiger werden deshalb außerschulische Institutionen, die »Tätern« und »Opfern« bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen. Die Münchner Pädagogisch-psychologische Informations- und Beratungsstelle (P.I.B.) ist eine solche Anlaufstelle. Unter der Trägerschaft von katholischer und evangelischer Kirche betreut sie seit nunmehr 30 Jahren Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrer, die mit den knallharten Realitäten an den Schulen nicht mehr zurechtkommen.

Ihren »runden« Geburtstag feierte die P.I.B. in der vergangenen Woche mit einem »Tag der offenen Tür« und verschiedenen Darbietungen von bzw. für Kinder. Die Münchner Chorbuben, seit einem halben Jahr »Wohnungsgenossen« der P.I.B. im neuen Jugendhaus von St. Bonifaz, gratulierten mit einigen Gospel-Ständchen. Der Psychologe Lothar Weigand steuerte »therapeutische Zaubereien« bei, eine Kindertanzgruppe den »Löwentanz«. Und natürlich nahmen die Mitarbeiter des P.I.B. den 30. Jahrestag auch zum Anlass, Bilanz zu ziehen.

Rund 2000 Kinder und Jugendliche, Eltern und Lehrer aus der Stadt München (72,8%) und den angrenzenden Landkreisen (27,2%) haben pro Jahr mit dem P.I.B. zu tun. Etwa die Hälfte von ihnen erhalten Einzelberatungen, die übrigen nehmen an Gruppenangeboten bzw. Fortbildungen teil. »Im letzten Jahr waren Gewalt und Mobbing in der Klasse die häufigsten Probleme, mit denen Kinder und Jugendliche zu uns kamen«, berichtete P.I.B.-Leiter Robert Bögle.

Er und sein sechsköpfiges Team (bestehend aus Psychologen, Psychotherapeuten und Sozialpädagogen) haben verschiedene Rezepte zu bieten, um diesen Problemen beizukommen: Neben der individuellen Beratung setzen sie z.B. auf Seminare, in denen Schüler zu Streitschlichtern ausgebildet werden, sowie auf Anti-Mobbing-Gruppen. Hier werden jugendliche »Mobbingopfer« dazu angeleitet, sich effektiv zu wehren und ihren Platz in der Klasse zu finden, erklärt P.I.B.-Psychologe Berndt Gröpler: »Durch gezielte Übungen und Rollenspiele sollen die Kinder und Jugendlichen ihre eigene Standfestigkeit und Kraft erspüren. Und sie sollen merken, wie die eigene Körperhaltung und Gestik andere beeinflusst.«

Den geschickten Einsatz von Kraft und Körper erlernen die Kinder z.B. durch Kämpfe mit Schaumstoffschwertern, sogenannten Batacas. Vor allem für Buben sei dies eine wichtige Erfahrung, so Gröpler. Generell hat die P.I.B. in den letzten Jahren aus der Altersgruppe der 6- bis 15jährigen sehr viel mehr Jungen als Mädchen betreut. Die Beratungsstelle will deswegen in Zukunft auch verstärkt geschlechts-spezifische Arbeitsansätze entwickeln.

In ihrem neuen Heim, dem Jugendhaus St. Bonifaz in der Karlstraße, haben sich Mitarbeiter wie Klienten des P.I.B. schon bestens eingelebt und fühlen sich rundherum wohl. Nachdem der Umzug endgültig überstanden ist, will man sich nun verstärkt um eine bessere »mediale Erreichbarkeit« bemühen.

»Mein größter Wunsch zu unserem 30. Geburtstag wäre endlich ein eigener Telefonanschluss«, seufzt Berndt Gröpler. Bis jetzt ist das P.I.B. nämlich nur über die Pforte von St. Bonifaz erreichbar. rme

Artikel vom 02.05.2002
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