Das Wohnzimmer wird zum Tanzsaal

Bei DanceOn Hasenbergl tanzen ältere Menschen virtuell miteinander

Bei DanceOn stehen Bewegungen des zeitgenössischen Tanzes im Mittelpunkt. Momentan tanzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer virtuell gemeinsam. Foto: dh

Bei DanceOn stehen Bewegungen des zeitgenössischen Tanzes im Mittelpunkt. Momentan tanzen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer virtuell gemeinsam. Foto: dh

Hasenbergl-Feldmoching-Milbertshofen · Sich gemeinsam bewegen und doch jeder für sich. Bei DanceOn Hasenbergl tanzen die Seniorinnen und Senioren auch in der Krise gemeinsam – jeder im Wohnzimmer, verbunden über das Internet. „Es ist uns gelungen, die älteren Menschen im Viertel auch in dieser besonderen Zeit teilhaben und Gemeinschaft erleben zu lassen. Wir haben es geschafft, DanceOn ins Internet zu übertragen und unsere Seniorinnen und Senioren mitzunehmen. Darauf sind wir wirklich stolz“, erklärt Carla Singer, Bereichsleitung Seniorenarbeit der Diakonie Hasenbergl e.V..

Bereits zweimal haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer online zum Tanzen getroffen, die weiteren Termine stehen schon fest.

Im Spätsommer vergangenen Jahres ist DanceOn Hasenbergl als Projekt des Gerontopsychiatrischen Dienstes gestartet. Das Angebot für ältere und alte Menschen in den Stadtbezirken Hasenbergl, Feldmoching und Milbertshofen, war mit dem Wunsch angetreten, älteren Menschen mit und ohne Handicap die Möglichkeit zu geben, wieder an kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen. „Wir wollten zum einen gemeinsam tanzen, aber noch viel mehr einen Ort bieten, an dem unsere Gäste einfach eine Zeit des Wohlfühlens verbringen können, sich austauschen und miteinander ins Gespräch kommen“, erklärt Projektleiter Ralf Otto.

Tanzen hat eine positive Wirkung auf Seele und Körper: Die Erfahrung, dass tänzerische Bewegung zur Musik möglich ist, lässt die psychische oder mobile Einschränkungen in den Hintergrund treten. Bewusst hat man sich für den zeitgenössischen Tanz entschieden, „der die Teilnehmerinnen in Kontakt mit ihren Möglichkeiten bringt und deshalb perfekt für ein inklusives Projekt geeignet ist. Es geht bei DanceOn nämlich nicht darum etwas zu können, sondern vielmehr freudvoll und entspannt zu tanzen, nach den Möglichkeiten, die die Teilnehmenden eben haben“.

Gleich die ersten Veranstaltungen zeigten, dass das Angebot den Nerv der älteren Menschen im Münchner Norden trifft und ein dringendes Bedürfnis stillt. Schnell etablierte sich ein fester Kreis an Tänzerinnen und Tänzern, die den Veranstaltungsterminen entgegenfieberten und nicht nur die Bewegungsabfolgen des zeitgenössischen Tanzes genossen, sondern auch die Zeit zum Ratschen und Austauschen, gemeinsam Zeit verbringen, nutzten.

"Das Echo war groß"

Die Corona-Pandemie mit den verordneten Abstandsregelungen, die Absage von Gruppenveranstaltungen drohte zunächst, auch die Weiterführung der Tanzstunden zu verhindern. Das Engagement und der Einsatz der Menschen hinter DanceOn half aber, die Begeisterung für das Projekt auch über die Zeit des Lockdowns zu tragen. „Wir haben unseren Tänzerinnen und Tänzern eine Wundertüte geschickt. Darin enthalten war nicht nur ein Brief an alle Teilnehmenden, sondern eine CD mit Klavierstücken, die unser Pianist Lukas Meier extra dafür eingespielt hat.

Andrea Marton, unsere Choreographin und Tanzvermittlerin, hat dazu gesprochen und an Bewegungsabläufe erinnert, die wir gemeinsam getanzt haben. Natürlich haben wir auch Fotos beigelegt, mit deren Hilfe die Teilnehmenden die vergangenen Tanznachmittage noch einmal Revue passieren lassen konnten“, erzählt Ralf Otto, der das Projekt DanceOn Hasenbergl initiiert hat und leitet. Das Echo auf die Wundertüten war groß, die Teilnehmenden antworteten kreativ mit Briefen, Gedichten und Zeichnungen, riefen an.

„Die Entscheidung, DanceOn digital weiterzuführen, war schnell getroffen“, berichtet Carla Singer, die den Bereich Seniorenarbeit in der Diakonie Hasenbergl leitet. „Die Seniorinnen und Senioren, die bei DanceOn mitmachen, stehen voll hinter dem Projekt und lassen keine Tanzstunde freiwillig ausfallen. Waren sie zu Beginn der ersten Veranstaltungen noch etwas schüchtern und zurückhaltend, haben sich schnell echte Freundschaften entwickelt. Die Begeisterung für ein gemeinsames Hobby hilft da natürlich ungemein“.

Bevor die teilnehmenden Tänzerinnen und Tänzer jeder für sich im Wohnzimmer, gemeinsam tanzen können, ist viel Erklärungsarbeit und technische Information notwendig. „Es hat schon ein bisschen gedauert, den älteren Menschen zu zeigen, wie sie sich zu einer Videokonferenz zuschalten können, den Respekt zu nehmen, Mikrofon und Kamera zu nutzen. Umso schöner war aber auch, die erstaunte Begeisterung zu erleben, jedes Mal aufs Neue, wenn klar wurde, dass man sich tatsächlich digital treffen kann“, erinnert sich Ralf Otto.

Natürlich haben nicht alle Teilnehmenden die Möglichkeit, bei DanceOn virtuell dabei zu sein – nicht allen steht ein internetfähiger Computer zur Verfügung. „Wir sind uns bewusst, dass wir nicht alle unsere Seniorinnen und Senioren erreichen können. Aber wir sehen, dass DanceOn funktioniert, dass wir gemeinsam älteren Menschen die Teilhabe an kulturellen Veranstaltungen ermöglichen, sogar unter besonderen Anforderungen der aktuellen Corona-Krise“, betont Carla Singer. „Wir haben es geschafft, DanceOn ins Internet zu bringen und sogar ältere Menschen mitzunehmen“.

DanceOn ermöglicht älteren Menschen mit und ohne körperlichen oder seelischen Handicaps die Teilhabe an der Gesellschaft. Dass dies in 2020 gelingen kann, liegt an der Unterstützung durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München. Wie es danach weitergeht? „Unser Wunsch ist natürlich, eine Regelfinanzierung für das Format zu bekommen oder ein umfangreiches Sponsoring. Die Menschen hinter DanceOn sind sehr engagiert und suchen nach Wegen und weiteren helfenden Händen“, berichtet Carla Singer.

Artikel vom 12.06.2020
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