Scharold appelliert, Kernproblem zu beheben

»Drittligisten sollten die Krise nutzen«

Gedanken zur Zukunft: Michael Scharold. Foto: Anne Wild

Gedanken zur Zukunft: Michael Scharold. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Der Ende Juni aus seinem Amt scheidende Finanz-Geschäftsführer des TSV 1860 München, Michael Scharold, gab in einer Pressekonferenz Einblick in seine Gedanken zur Corona-Krise, zum Profifußball im Allgemeinen und zur besonderen Lage bei den Löwen. Den Verlust für den eigenen Klub durch Einnahmenausfälle und mögliche »Geisterspiele« beziffert der Betriebswirt für die laufende Saison überschlagsmäßig auf einen »mittleren sechsstelligen Betrag«.

Sollte die Saison in der Dritten Liga fortgesetzt werden, seien die entstehenden Mehrkosten für die Umsetzung des Sicherheits- und Hygienekonzepts von DFL/DFB durch die versprochene Zahlung von etwa 300.000 Euro an jeden Klub ohne Weiteres finanzierbar, ist Scharold überzeugt. Um den Spielbetrieb in der vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) betriebenen Dritten Liga zu unterstützen, hatten die Klubs der Ersten und Zweiten Bundesliga über die DFL Deutsche Fußball Liga eine entsprechende Zahlung aus einem Solidarfond angekündigt.

Generell müsse sich die Dritte Liga jedoch, findet Scharold, künftig wirtschaftlich anders stellen, wenn dort weiter professioneller Fußball gespielt werden solle. Die aktuelle Krise betrachtet er deshalb als auch eine Chance, die Drittligisten nutzen sollten, um sich die richtigen Fragen zu stellen. Denn bereits vor der Corona-Pandemie sei die Liga wirtschaftlich nicht gesund gewesen. Scharold hält das für ein Kernproblem, das behoben werden müsse.

Die Erst- und Zweitligisten würden für Personalkosten in etwa die Summe aufwenden, die ihnen aus der zentralen TV-Vermarktung zugeht. In der Dritten Liga sei man davon weit entfernt. Ein 25-köpfiger Spielerkader mit Funktionsteam koste dort als Untergrenze 2,5 Millionen Euro pro Saison. Aus der Zentralvermarktung der Fernsehrechte erhalte aber jeder Klub nur 1 Million Euro vom DFB. Das liefere nicht »die nötige finanzielle Grundausstattung, um gesund leben zu können«. Deshalb würden zu viele Vereine wirtschaftlich ins Risiko gehen und letztlich daran scheitern. Die vor zwölf Jahren gegründete Dritte Liga habe sich sportlich »wahnsinnig gut etabliert«, jetzt gelte es, sie mit ausreichend finanziellen Mitteln auszustatten, um das Konstrukt auch »nachhaltig als dritte Profiliga im Deutschen Fußball« führen zu können, fordert Scharold.

»Das ist die Aufgabe, der wir uns alle stellen müssen. Alle müssen zusammen an einer besseren Vermarktung der Liga arbeiten, dazu gehört aber auch, sich als verlässlicher Partner zu zeigen.« Der Hinweis des Geschäftsführers des TSV 1860 München gilt jenen Klubs, die einen Abbruch der Saison fordern. Würde nicht alles dafür unternommen, die Dritte Liga fortzusetzen, käme es möglicherweise zu einer Abschottung des Profifußballs in der Ersten und Zweiten Liga, befürchtet Scharold. »Nur wenn wir alle zusammen für die Dritte Liga kämpfen, wird es auch eine Zukunft für sie geben.«

Für seinen Noch-Arbeitgeber wagt Scharold keine Prognose für die kommende Saison. Das würde einem Blick in die Glaskugel gleichen. Seriös lasse sich dazu nichts sagen. »Für Vertragsverlängerungen müssen wir Planungssicherheit gewinnen und wissen, wie es wirklich weiter geht. Wir wissen nicht, was Corona für die Zukunft bringt und müssen von Tag zu Tag sehen. Das geht aber allen Unternehmen derzeit ähnlich.« Er werde zeitlich solange wie erforderlich zur Verfügung stehen und seinen Nachfolger als Finanz-Geschäftsführer einarbeiten, verspricht Scharold. »Ich bin niemand, der sagt: ›Nach mir die Sintflut.‹ Der Verein liegt mir am Herzen.«

(as)

Artikel vom 13.05.2020
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