Vom Livestream in Echtzeit bis hin zum Quiz

altes Kino geht neue Wege

Der Freitag ist dem eigens dafür produzierten „Musikquiz“ des Ebersberger Kabarettisten und früheren Musiklehrers Han´s Klaffl vorbehalten. Foto: VA

Der Freitag ist dem eigens dafür produzierten „Musikquiz“ des Ebersberger Kabarettisten und früheren Musiklehrers Han´s Klaffl vorbehalten. Foto: VA

Ebersberg · Im 28. Jahr seines Bestehens steht das alte kino Ebersberg vor der Aufgabe, sich neu zu erfinden. Das Team des Vereins um Geschäftsführer Markus Bachmeier, das die Kleinkunstbühne altes kino und den Veranstaltungssaal alter speicher betreibt, macht gerade erste Schritte in eine neue Kulturetappe.

Diese baut auf den beiden Häusern, ihrer Geschichte, ihren Gästen und Freunden und dem Live-Programm mit Kabarettisten, Kino und Konzerten auf - und muss sich gleichzeitig in den virtuellen Raum verlegen. „Unser Ziel ist der Aufbau eines neuen Standbeins, auch wenn das noch ein weiter Weg ist“, sagt Bachmeier. Ihm geht es um mehr als um die Überbrückung der aktuellen Zwangspause, die bisher zur Verlegung oder Absage von mehr als drei Dutzend Veranstaltungen führte. „An Ideen mangelt es nicht“, sagt er.

Gestartet wurde im April mit kostenlosem Live-Streaming an vier Abenden die Woche. Der Mittwoch ist wie im realen „alten kino“ dem Kino vorbehalten. Seither wurden sechs Kurz- und ein Langfilm gezeigt. Dabei blieb es nicht lang. „Wir möchten uns langsam steigern“, sagt Geschäftsführer Bachmeier. Als Kabarettist tingelte er mit der hochdekorierten, inzwischen aufgelösten Ebersberger Gruppe „Valtorta“, nach der die Gasse am Ebersberger Rathaus benannt ist, mit Programmen wie „Dichtheit und Wartung“, „Hirnmitte“, „Mörd“ und „Oberwasser“ jahrelang über die Bühnen. Aus dieser Zeit finden sich Perlen in seinem Archiv. Diese werden – neben anderen Eigenproduktionen - unter dem ironischen Titel „Altes Zeug“ donnerstags gezeigt.

Der Freitag ist dem eigens dafür produzierten „Musikquiz“ des Ebersberger Kabarettisten und früheren Musiklehrers Han´s Klaffl vorbehalten. Motto seiner Kurzsendung: „Wer weiß denn sowas?“ Klaffl löst darin die drei Fragen des vorhergehenden Freitags auf, stellt den Gewinner vor, erzählt etwas zum Hintergrund und stellt drei neue Fragen – locker und launig wie immer. Samstags stehen besondere Schmankerl auf dem Programm: ein Clubabend mit DJ Matu und opulenter Lightshow, das Programm „Spectrum“ der Grafinger Artistikgruppe „Movimento“, das Abschiedskonzert der legendären Ebersberger Band „Zeitzeuge“ von 2012, eine Monatsschau April aus der Eigenproduktion „Salon altes kino“.

Konnten die Gäste das Streamingangebot bisher durch einen Spendenbutton freiwillig unterstützen, was einige nutzten, so wagte das alte kino in dieser Woche einen weiteren Schritt. Da die Abende mit Stefan Leonhardsberger am Dienstag, 5. Mai, und mit Constanze Lindner am Samstag, 9. Mai, wieder nicht mit Publikum stattfinden konnten, streamt das alte kino nun erstmals zwei Bezahl-Veranstaltungen live und in Echtzeit aus der Kleinkunstbühne. Die Künstler kommen für ihren Auftritt nach Ebersberg und bereiten sich in der Backstage der Kleinkunstbühne unter Beachtung aller Hygieneregeln mit Kostüm, Maske und Soundcheck auf den Abend vor. Die Zuschauer sitzen jedoch nicht im Saal, sondern zu Hause und schauen im Livestream in Echtzeit zu. „Uns ist klar, dass das nicht dasselbe ist wie ein Abend im alten kino. Aber es ist eine Möglichkeit, die Künstler zu unterstützen, deshalb hoffen wir auch, dass möglichst wenig Gäste ihre Tickets zurückgeben“, sagt Bachmeier.

Diese Möglichkeit steht natürlich jedem Gast offen. Bisher hätten nur wenige davon Gebrauch gemacht, sagt Bachmeier. „Die bekannten Künstler werden das Veranstaltungsverbot sicher irgendwie überstehen. Aber die unbekannten nicht – genauso wenig wie die freien Veranstaltungstechniker, die Technikverleih-Firmen und all die anderen Dienstleister, die da dranhängen.“ Da gibt es Hoffnung, dass sich die Zuschauerzahlen beim Streaming nach oben entwickeln. „Wir erhalten auch ganz viele positive Rückmeldungen und persönliches Feedback“, betont Bachmeier. „Das motiviert uns.“

Auch wenn bis zum Sommer alle großen Veranstaltungen im alten kino und im alten speicher verlegt oder abgesagt wurden, das Sommerfestival „Kulturfeuer“ von 15. bis 26. Juli will der Geschäftsführer noch nicht aufgeben. An Konzepten bastelt das Team bereits. Neue Sitzpläne für weniger Besucher, Desinfektionsmittel, Spuckschutz und Besucherleitsysteme gehören dazu. Vorstellbar ist für Bachmeier eine Art „Hybrid“: Ein kleiner Teil des Publikums erlebt den Abend live im Saal, andere verfolgen den Abend zu Hause im Stream. Das würde auch der Risikogruppe eine gefahrlose Teilnahme am Kulturleben erlauben. Und damit der Stream so einmalig wird wie der Besuch im Theater, bastelt das Team längst an Überraschungen für die Gäste.

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Die ersten wurden am Dienstag zur gewohnten Einlasszeit getestet: Essenslieferung an die Haustür, ein Quiz im Chat, eine Schalte in den speicher, wo zur gleichen Zeit der neue Ebersberger Bürgermeister Uli Proske vereidigt wurde, ein Interview mit den Künstlern. Ob live oder virtuell, Markus Bachmeier möchte auch in Zukunft Veranstaltungen mit Niveau anbieten. „Gleichzeitig muss das alles finanzierbar sein“, erklärt der Geschäftsführer. „Wir arbeiten daran.“

Karten für den Stream von Constanze Lindner am heutigen Samstag um 20.30 Uhr sind unter www.kultur-in-ebersberg.de erhältlich. Die Gratis-Streams beginnen jeweils um 19.30 Uhr auf www.kultur-in-ebersberg.de

Artikel vom 10.05.2020
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