Münchner Studenten bei Gastspiel in Agadir als die Exoten ausgezeichnet

Brisantes »Bühnenspektakel«

Die Münchner Theaterwissenschaftler der LMU bekamen beim Theaterfestival in Agadir einen Preis für die »außergewöhnlichste Inszenierung«Foto: Privat

Die Münchner Theaterwissenschaftler der LMU bekamen beim Theaterfestival in Agadir einen Preis für die »außergewöhnlichste Inszenierung«Foto: Privat

München · Ein Theaterstück ohne Handlung, aber dafür mit umso mehr Zündstoff hatten die 18 Studentinnen und Studenten der LMU im Gepäck, die am 16. März ins Flugzeug Richtung Marokko stiegen.

Als erste deutsche Theatergruppe überhaupt waren sie zum Studententheaterfestival der Universität Agadir eingeladen worden.

Was die Münchner Truppe, bestehend aus Theaterwissenschaftlern im sogenannten »Bühnenpraktikum«, in Agadir auf die Bühne brachte, war ziemlich »harter Tobak«: ein Stück des Münchner Gegenwartautors Rainald Goetz. Ein bizarres Werk, das außerhalb des universitären Rahmens bisher noch niemand in München zu Gesicht bekommen hat. Es gibt darin keine genau definierten Orte, keine Zeit, keine Handlung und keine festgeschriebenen Rollen. Formbildend ist allein die poetisch-kraftvolle Sprache, die allerdings keine Sinnzusammenhänge, sondern nur Emotionen und Atmosphäre vermittelt.

»Mit diesem Stück waren wir in Agadir die absoluten Exoten«, meint Dr. Katrin Kazubko, die Leiterin der Theatergruppe. »Alle anderen Stücke waren traditioneller gehalten, zum Teil von den Schauspielern selbst geschrieben und auch ganz anders inszeniert.«

Besondere Brisanz bekam die ohnehin aus dem Rahmen fallende Münchner Inszenierung durch eine Bettszene. Obwohl das Bühnengeschehen durch einen nur kurzzeitig gelüfteten Gaze-Vorhang verschleiert wurde, liefen die Münchner damit doch Gefahr, bei den größtenteils islamischen Zuschauern Unmut hervorzurufen.

»Trotz vieler verschleierter Frauen im Publikum gab es keinen Tumult«, berichtet Katrin Kazubko erleichtert. – »Im Gegenteil: Wir wurden sogar ausgezeichnet für die ´außergewöhnlichste Inszenierung´ des Festivals.« Außergewöhnlich war die Aufführung auch für die Münchner, wie ihre Dozentin erzählt: »Die Zuschauer aßen und tranken, telefonierten oder liefen auf und ab – für uns Deutsche eine vollkommen ungewohnte Situation.« Aber gerade deswegen, so versichern auch die beteiligten Münchner Studentinnen und Studenten, war das Festival für alle eine wichtige und interessante Erfahrung.

Trotz erheblicher Sprachprobleme – mit Englisch kommt man in Agadir nicht sehr weit – wurden vielfältige Kontakte geknüpft. Vor allem auch zwischen der LMU und den Universitäten von Agadir und Rabat. Sie wollen künftig enger zusammenarbeiten und planen gemeinsame kulturelle Veranstaltungen. Dabei ist eines für die Münchner Theaterwissenschaftler sicher: »Wir wollen nächstes Jahr wieder nach Agadir fahren«, erklären sie über-einstimmend. rme

Artikel vom 08.04.2002
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