Neue Ortsmitte kommt an

In Brunnthal kann im Ortszentrum wieder gespeist & gefeiert werden

Stolz auf die neue Ortsmitte: Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern hat für den Plausch mit der Presse im Biergarten des Landgasthofs Platz genommen. Foto: RedHe

Stolz auf die neue Ortsmitte: Brunnthals Bürgermeister Stefan Kern hat für den Plausch mit der Presse im Biergarten des Landgasthofs Platz genommen. Foto: RedHe

Brunnthal · Bürgermeister Stefan Kern (CSU) steht die Freude ins Gesicht geschrieben bei diesem ganz speziellen Ortstermin. Zum Gespräch mit dem Südost-Kurier hat sich der Brunnthaler Rathauschef aus seinem Büro im Rathaus gegenüber auf den Weg gemacht in die neue Ortsmitte.

Er musste dafür nur die Münchner Straße queren und fand schnell ein attraktiveres Plätzchen zum Verweilen. Inmitten des neuen Biergartens im ebenso neuen Landgasthof Brunnthal. Gleich nebenan hat ein Friseurladen geöffnet. Die Eröffnung des Trachtenmodengeschäfts nebenan steht kurz bevor.

„Endlich hat Brunnthal wieder eine Mitte“, gibt sich Kern erleichtert. Denn ziemlich genau zehn Jahre sind vergangen, als der geschätzte Gastwirt Helmut Lutterschmid am 30. Juni 2009 verstarb und seine traditionsreiche Gastwirtschaft in der Folge ihre Pforten schloss. „Da ist schon ein echtes Stück Brunnthaler Tradition verloren gegangen“, bemerkt Kern durchaus nachdenklich. „Plötzlich hatten wir keine wirkliche Heimat mehr für die großen Feste, kirchlichen Feiertage oder Hochzeiten“. Schließlich hatte in den Jahrzehnten zuvor halb Brunnthal den Bund fürs Leben nach der Trauung beim Lutterschmid begossen und gefeiert. „Plötzlich fehlte uns die klassische Anordnung für das bayerische Dorf – mit Rathaus, Kirche und Gasthaus“, blickt Kern zurück. Diese Dreieinigkeit am Forst ist inzwischen wieder hergestellt.

Der Weg zum offenkundig neuen Gastronomie-Glück in Brunnthal war dabei ein durchaus dornenreicher. Erst nach drei Jahren sprichwörtlicher Wirtshaus-Abstinenz rang sich der Gemeinderat in einer hauchdünnen Mehrheitsentscheidung dazu durch, zunächst das leerstehende Areal mit Wirtschaft und Hotel, später auch das dahinter an der Hofoldinger Straße liegende Wohnbungalow-Grundstück von Anna Lutterschmid zu erwerben.

Während die Mehrheit im Rat das Gelände neu überplanen wollte, nachdem sich eine Sanierung des Altanwesens als wenig wirtschaftlich herausgestellt hatte, gab sich Minderheit im Gemeindegremium noch nicht geschlagen. Was folgte nach durchaus zähem Ringen, war ein Bürgerentscheid für oder gegen den Weiterverkauf des Filet-Grundstücks in der Ortsmitte. Die Brunnthaler sprachen sich mit mehr als einer Zweidrittelmehrheit dafür aus, das Anwesen zu behalten und künftig zum gesellschaftlichen Mittelpunkt auszubauen.

Verschiedenste Konzepte wurden erwogen und wieder verworfen in einer Szenerie von Dauerdiskussionen und heftigen Streits besonders in Gemeinderat und Bauausschuss. Von Einigkeit zwischen den Streitfraktionen ist auch aktuell nichts zu spüren. Während die Befürworter um den Bürgermeister das Entstandene kräftig feiern, sprechen Kritiker der Opposition vom „Brunnthaler Millionengrab“, mit dem sich die Gemeinde auf viele Jahre verschuldet habe und das sich keinesfalls refinanzieren lasse.

Der festlichen Eröffnung Mitte Juli war die Phalanx der Gegner dann auch entschlossen ferngeblieben. „Von einem Millionengrab kann doch gar keine Rede sein“, entgegnet Kern seinen Kritikern im Rathaus. „Das ganze Projekt wird inclusive der acht Gemeindewohnungen auch in der Endabrechnung unter 12 Millionen Euro bleiben“. Angesichts des Umstands, dass man 2016 mit avisierten 10,8 Millionen „ins Baurennen gegangen“ sei und man während der gesamten Projektphase mit stetig steigenden Branchenpreisen zurechtkommen musste, sei das ein guter Wert. Zumal man, so Kern auch noch allein 941.000 Euro an Zuschuss-Leistungen des Freistaates für das Renommier-Projekt im Ortskern einstreiche. „Wer mit Blick auf das für viele Jahrzehnte Erreichte von einem Millionengrab spricht, der irrt gewaltig“, bekräftigt Kern.

Dass die Fronten aber immer noch sehr verhärtet sind, zeigt die jüngste Entwicklung vor der Eröffnung. Bereits im Gemeinderat war zuvor von der Opposition angefragt worden, ob der Weg zur Eröffnung wirklich frei war zu diesem Zeitpunkt. Als UBW-Rat und einer der Hauptkritiker an der Orstmitte-Realisierung ging Matthias Amtmann sogar noch einen Schritt weiter. Kurz vor der Eröffnung fragte er im Landratsamt nach, wie es um die Konzession für den Wirt und um den Brandschutz bestellt sei. Ob also eine Eröffnung am 13. Juli überhaupt möglich sei. Die Resonanz kam deutlich von zwei Seiten.

Brunnthals Zweiter Bürgermeister Thomas Mayer (CSU) wandte sich in einem geharnischten, offenen Brief an Amtmann und die Öffentlichkeit. Dem UBW-Rat warf er darin vor, die Gemeinde bewusst „schädigen“ zu wollen mit seinem Brief. Letztlich sei es auch laut Kern nur darum gegangen, „die Eröffnung im letzten Moment noch zu verhindern oder zu verzögern und den Bürgermeister bloß zustellen“. Amts-Vize Mayer ging noch einen Schritt weiter.

Das Verhalten des Unternehmers Amtmann deute darauf hin, dass dieser darauf abgezielt habe, einen anderen „ortsansässigen Unternehmer an den Pranger zu stellen und anzuschwärzen“. Der Angegriffene sieht das naturgemäß konträr. Weil im Rat auf die entsprechenden Fragen ausweichend bis gar nicht geantwortet worden sei, habe er es als seine Pflicht gesehen, beim Landkreis „sachlich“ nachzufragen. Er wisse als Unternehmer schließlich um eine verantwortungsbewusste Herangehensweise. Ein Nachgeschmack bleibt dennoch. Gerade der spätestens im September aufziehende Wahlkampf für den kommunalen Urnengang im März 2020 dürfte hier noch manches heiße Duell am politischen Herd hervorzaubern.

An diesem heißen Sommertag dagegen ist im Biergarten des neuen Landgasthofs zumindest beim Bürgermeister von anstehenden Vorwahlschlachten nichts zu spüren. Der Brunnthaler Ratschef lässt sich seine Begeisterung nicht nehmen. „Man muss hier nur vorbei schauen. Mittags ist der Gasthof voller Leut` und auch abends haben viele Brunnthaler die neue gastronomische Mitte bereits als festen Treffpunkt für den gepflegten Ratsch und ein kommunikatives Miteinander ausgemacht“, freut sich der Rathauschef. Ihn freue auch, dass auch viele Hofoldinger und Faistenhaarer sowie Bürger aus den anderen Gemeindeteilen bereits im Landgasthof zahlreich vorbeischauen. „Ich selbst bin ja schon Stammgast“.

Die Karte werde auch weiter den ganz speziellen Brunnthaler Wünschen angepasst, hat Kern längst auch beim Wirt nachgehakt. Heute freut sich der Ratschef einfach mal. Trotz so mancher Kritik und Grabenkämpfe vor und während des Aushubs und Baus des neuen Landgasthofs. Wenn jetzt noch das Kaltgetränk käme, wäre das Kern-Glück perfekt. Doch daraus wird nichts. Kern muss zurück in sein Büro und an den Computer. Danach noch zum nächsten Termin. Das Bier muss warten. Am Feierabend vielleicht – in trauter Brunnthaler Runde. Auch wenn nicht alle kommen werden. Für jene, die kommen, schließt sich ein Zehnjahreskreislauf. RedHe

Artikel vom 07.08.2019
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