Im Atriumhaus helfen Bürger psychisch Kranken ins Leben zurück zu finden

Ein wertvolles Stück Alltag

Freundschaftliche Kontakte helfen, besser mit der Krankheit umzugehen: Durch die Bürgerhelfer werden psychisch Kranke aus ihrer Isolation geholt.	Foto: ct

Freundschaftliche Kontakte helfen, besser mit der Krankheit umzugehen: Durch die Bürgerhelfer werden psychisch Kranke aus ihrer Isolation geholt. Foto: ct

Isarvorstadt/ Ludwigsvorstadt · Gemeinsam Kuchen backen, endlose Diskussionen über den neuen Sommer-Look und die Frage ob am Wochenende lieber italienisch oder chinesisch gekocht werden soll - das alles sind Alltagssituationen die eigentlich jedem geläufi

Vielen Psychatrie-Patienten hingegen ist durch ihre Krankheit ein solch normaler Umgang im täglichen Miteinander verloren gegangen.

Im Atriumhaus, dem psychatrischen Krisen- und Behandlungszentrum München Süd gibt es deshalb einen, deutschlandweit, einzigartigen Modellversuch. Neben Ärzten, Krankenschwestern, Sozialpädagogen, Psychologen und Familientherapeuten kümmern sich dort Bürger um psychisch Kranke.

»Es war uns wichtig, mit diesem Projekt die Psychatrie zu öffnen und psychischen Erkrankungen etwas von ihrer Stigmatisierung zu nehmen«, so Dr. Gabriele Schleunig die ärztliche Leiterin des Atriumhauses.

Projekt-Leiter Thomas Auerbach erklärt das Prinzip des Modellversuchs: »Die Patienten leben in einer therapeutischen Gemeinschaft zusammen, müssen sich jedoch tagsüber selbst organisieren. Das heißt Dinge wie einkaufen und kochen müssen selbst erledigt werden. In den Abendstunden und vor allem nachts teilen sich dann die Bürgerhelfer die Betreuung.«

Tagsüber sind die Bürgerhelfer Vermögensberater, Chorleiter oder Student. In ihrer Freizeit bringen sie ein Stück Alltag zu den Patienten.

Ob beim Kaffeenachmittag, Biergarten-Besuch oder in einer lustigen Spiele-Runde. Diese Kontakte schenken neues Selbstvertrauen und bereiten die Patienten auf ihr Leben nach der Entlassung vor.

Das ist auch für Angelika Beier ein wichtiger Aspekt. Sie ist seit 9 Monaten Bürgerhelferin und hat schon zwölf Patienten auf ihrem Rückweg in ein selbstständiges Leben begleitet. »Ich finde es schön zu sehen, wie jemand sein Leben wieder in den Griff bekommt. Es ist einfach wichtig zu vermitteln, dass es möglich ist gut mit der Krankheit zu leben«, berichtet Angelika Beier.

Im »normalen« Leben ist sie Schauspielerin. Steht zur Zeit für ein Kabarett-Stück im Hinterhof Theater auf der Bühne. Auf das Projekt aufmerksam geworden ist sie durch Zufall. »Vor meinem ersten Einsatz hatte ich wahnsinnig Angst«, gesteht sie. »Ich war einfach unsicher ob ich das kann.« Inzwischen ist diese Angst aber verflogen. Nicht zuletzt deswegen weil auch die Bürgerhelfer gut betreut werden. Regelmäßige Workshops, Schulungen und Gespräche gehören dazu, erklärt Thomas Auerbach. Er freut sich über den großen Eifer mit dem die Freiwilligen bei der Sache sind. Nicht selten entstehen daraus dauerhafte Freundschaften die auch nach der Entlassung aufrecht erhalten werden. Kontakt: Thomas Auerbach, Tel: 72 05 95 31 oder Atriumhaus, Tel: 76 78 0 ct

Artikel vom 27.03.2002
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