Landkreis finanziert kostenfreies muttersprachliches Elterntraining

Ein Fahrplan für Integration

In insgesamt vier Sprachen werden bis Juli an verschiedenen Standorten im Landkreis München Kurse angeboten. Foto: CC BY-SA 2.0, Eric Ward

In insgesamt vier Sprachen werden bis Juli an verschiedenen Standorten im Landkreis München Kurse angeboten. Foto: CC BY-SA 2.0, Eric Ward

Unterschleißheim/Landkreis München · "Erziehung ist eine Herausforderung für alle Eltern und macht Unsicherheiten, deswegen gibt es so einen Kurs im Landkreis das erste Mal in dieser Form", kündigt Andrea Kaltenbach von der Nachbarschaftshilfe Unterschleißheim an. Die Zielgruppe, die die Hilfe in Anspruch nehmen soll, ist klar definiert.

"Es gibt hier viele Unterkünfte mit arabischen Muttersprachlern, u.a. in der Unterschleißheimer Siemensstraße. Nun können sich alle zum muttersprachlichen Training für Eltern mit Flucht- oder Migrationshintergrund anmelden, die arabisch sprechen, egal, ob aus benachbarten Gemeinden wie Garching, Oberschleißheim oder auch Ismaning."

Arabischsprechende Mütter und Väter können sich bis zum 29. April direkt bei ihr für einen Kurs mit zwölf Terminen montags von 10 bis 12 Uhr anmelden, der Kursbeginn ist der 6. Mai in der Alexander-Pachmann-Straße 40 in Unterschleißheim. Die Anmeldung erfolgt im Familienstützpunkt Unterschleißheim bei Andrea Kaltenbach unter 37073587 oder akaltenbach@familienzentrum-ush.de

Das Training ist für die Familien kostenlos. Weitere angebotene Sprachen im Landkreis sind Englisch für Afrikaner (Feldkirchen), Dari (Gräfelfing) und Türkisch (Taufkirchen).

Seit 2005 bietet Refugio München ein solches Elterntraining an, um diese Familien zu stärken und zu unterstützen. Im Rahmen der kommunalen Familienbildung findet 2019 nun erstmals das Pilotprojekt „Eltern aktiv – Muttersprachliches Elterntraining“ im Landkreis München statt. Das Angebot, das auf freiwilliger Teilnahme beruht, richtet sich an Elternpaare oder Alleinerziehende mit Kindern zwischen bis 13 Jahren.

Die Familien sind häufig mit Themen wie der Bewältigung von Traumafolgestörungen, Gewalt in der Familie, sprachliche Barrieren, Entwicklungsverzögerungen bei den Kindern, Probleme im Kindergarten-/Schulalltag, Umgang mit Trennung und Scheidung uvm. konfrontiert und belastet. "Es geht um verschiedene Themen der Erziehung wie Erziehungsalternativen, Werte im eigenen Land, den Wandel der Rolle in der Familie, Rechte und Pflichten und die Fluchterfahrung. Das hiesige Bildungssystem, die Kinderbetreuungsmöglichkeiten und das Gesundheitssystem werden in dem Kurs auch vorgestellt", so Andrea Kaltenbach.

Entstanden ist die Zusammenarbeit aus den Bestrebungen des Landkreises München, über die kommunale Familienbildung auch Menschen mit Migrationshintergrund gezielte Angebote bereitzustellen. "Das Landratsamt hat Bedarf gesehen und Refugio ins Boot geholt. Das Angebot richtet sich nicht nur an Geflüchtete, sondern generell auch an Immigranten", fügt Kaltenbach hinzu. Nun ist im Rahmen des "Integrationsfahrplans" des Landkreises München die Maßnahme als ein Werkzeug auf dem Weg zur Integration enthalten. Neben der kommunalen Familienbildung sind deshalb auch die Familienstützpunkte des Landkreises sowie die Integrationskoordination des Landratsamts in das Projekt eingebunden.

Kostenlose Kurse in der Muttersprache

Alexandra Müller, Koordinatorin der kommunalen Familienbildung im Landratsamt München, freut sich über das muttersprachliche Elterntraining: „Gelingende Integration setzt auf Gegenseitigkeit, auf gemeinsame Werte, auf Pflichten, aber vor allem auch auf Teilhabe an Chancen. Refugio setzt diesen Ansatz mit seinen Angeboten um. Ich bin sicher, dass wir mit dem Angebot des Elterntrainings die Erziehungskompetenzen der Eltern im Netz der Familienbildung weiter stärken und so einen wichtigen Beitrag zur Integration leisten.“

Wichtig ist Alexandra Müller auch die Einordnung des Elterntrainings: „Das Elterntraining ersetzt keine Maßnahme der Kinder- und Jugendhilfe, es dient lediglich zur Orientierung beim Thema Erziehung in Deutschland, wo oft vieles ganz anders organisiert und strukturiert ist, als im Herkunftsland. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange die Familie schon in Deutschland ist“, so Müller.

Auf Grundlage der Erkenntnis, dass häufig sprachliche und kulturelle Barrieren sowie ein unzureichendes Wissen über das Erziehungs- und Bildungssystem zu Überforderung führen, wurde das Elterntraining konzipiert. Dabei soll auch reflektiert werden, wie unterschiedliche gesellschaftliche Wertevorstellungen in Erziehungsfragen Auswirkungen auf das Erziehungsverhalten haben. „Es geht in den Trainings nicht darum, alle mitgebrachten Werte und Kompetenzen über Bord zu werfen – ganz im Gegenteil: Sie sollen erhalten und konstruktiv genutzt und mit neuem Wissen über erziehungsrelevante Themen erweitert werden“, so Familienbildungskoordinatorin Müller.

Das Gruppentraining, das in den kommenden Monaten in Feldkirchen, Gräfelfing, Taufkirchen und eben auch Unterschleißheim stattfindet, wird von muttersprachlichen Trainern von Refugio München mit pädagogischen oder psychologischer Ausbildung und eigener Migrationsgeschichte geführt. Fachkräfte haben die Möglichkeit, Familien anzumelden. Wichtig ist aber, dass die Familien sich auch selbst und vor allem freiwillig bei den jeweiligen Stellen anmelden.

Infos dazu gibt es unter www.landkreis-muenchen.de
Daniel Mielcarek

Artikel vom 13.04.2019
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