Bierofka mag kein politischer Spielball sein

»Bin hier, weil ich es gerne mache«

Zwischen den Stühlen: Daniel Bierofka. Foto: Anne Wild

Zwischen den Stühlen: Daniel Bierofka. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Wenn sich in der Debatte zwischen den Gesellschaftern rund um die Etatplanung beim TSV 1860 München die Investorenseite öffentlich zu Wort meldet, sind die Ausführungen häufig von einem wiederkehrenden Ritual begleitet: einer geradezu hymnischen Eloge auf Daniel Bierofka. Dem Geehrten wird die Sache offenbar langsam etwas unheimlich. Vor dem vergangenen Heimspiel gegen Meppen erklärte Bierofka in der Pressekonferenz: »Ich bin kein politisches Spielobjekt, das muss ich mal ganz ehrlich sagen. Ich bin hier, weil ich es gerne mache und ich möchte mich nicht in die Politik hineinziehen lassen.«

Womöglich erinnert sich der frischgebackene Fußball-Lehrer an die zahlreichen Personalwechsel der letzten Jahre beim TSV 1860 München – zweimal durfte Bierofka als Interimslösung einspringen. Gilt der temperamentvolle Investor Hasan Ismaik doch gemeinhin als wenig zimperlich, wenn ihm das Personal nicht mehr gefällt. Zuletzt hatten das in der Zweiten Liga Sportdirektor Thomas Eichin und Trainer Kosta Runjaic drastisch zu spüren bekommen, als nach nicht einmal einem halben Jahr für sie wieder Schluss war in Giesing. Auch der heutige Sportdirektor in Karlsruhe, Oliver Kreuzer, kann ein Lied davon singen. Er wurde nach sieben Monaten geschasst. Florian Hinterberger durfte die Bewertung seiner Arbeit, als damals immerhin Tabellenzehnter in der Zweiten Liga, ebenfalls recht unverblümt und öffentlich (»We need a new Sportchef!«) zur Kenntnis nehmen. Auch Ismaiks Statthalter in München, angefangen von Investment-Banker Hamada Iraki über den früheren Auto-Manager Ulrich Bez bis zum eigenen Cousin Noor Basha fielen einer nach dem anderen in Ungnade.

Liest man die teils skurrilen Lobeshymnen und Vorschusslorbeeren, die früheren sportlich Verantwortlichen zum Zeitpunkt ihres Einstiegs beim TSV 1860 München entgegenschlugen in Archiven nach, kann man verstehen, wenn Bierofka bei allzu großer Verehrung seiner Person Skepsis beschleicht. Sein Vorgänger Vitor Pereira war der zwölfte Trainer in Giesing seit dem Einstieg Ismaiks bei den finanzschwachen Löwen. Mehr Trainer, Sportdirektoren und Präsidenten als der TSV 1860 München hat von 2011 — 2017 kein anderer Klub verschlissen.

Es gibt in Deutschland zwischen 900 und 1.000 aktive Fußballlehrer mit gültiger Lizenz des DFB, die dazu berechtigt, Profimannschaften zu trainieren. Bei insgesamt 56 Klubs in den ersten drei Ligen ist der Stellenmarkt vergleichsweise übersichtlich. Selbst dann, wenn man Co-Trainer-Posten, Jobs in der Nachwuchsausbildung und bei den Verbänden hinzurechnet. Manchmal hilft der Zufall. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, kann eine Trainerkarriere enorm befördern. Bierofka hat die Gunst der Stunde beim TSV 1860 München genutzt.

Berufliche Unwägbarkeiten stellen während einer Karriere als Profitrainer den Normalzustand dar. Der Weg vom Superstar und Hoffnungsträger zum angeblichen Versager ist in diesem Geschäft ein ganz besonders kurzer. Leistungen werden selten anhand objektiver Kriterien bewertet. Beherrschend sind Emotionen – auf den Geschäftsstellen, in den Fankurven und in den Medien.

(as)

Artikel vom 27.03.2019
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