100 Jahre Esskultur

Schüler des Lise-Meitner-Gymnasiums bringen Kochbuch heraus

Ursula Honisch und ihr P-Kurs vom Lise-Meitner-Gymnasium haben ein Kochbuch zum Thema "100 Jahre Esskultur" herausgebracht. Ein gelungenes Werk! Foto: hw

Ursula Honisch und ihr P-Kurs vom Lise-Meitner-Gymnasium haben ein Kochbuch zum Thema "100 Jahre Esskultur" herausgebracht. Ein gelungenes Werk! Foto: hw

Unterhaching · Nicht nur die Liebe geht durch den Magen, wie der Volksmund schon sagt, sondern manchmal auch die Bildung. Wie im Fall des P-Seminars der Q12 des Unterhachinger Lise-Meitner-Gymnasiums. Die 15 Schüler hatten es sich zur Aufgabe gemacht, der Esskultur der letzten 100 Jahre auf die Spur zu kommen.

Weil man zwar über Essen hervorragend lesen und schreiben, aber noch besser dieses auch kochen und verspeisen kann, beschlossen die Schüler gemeinsam mit der zuständigen Lehrerin, Ursula Honisch, ein eigenes Kochbuch zu schreiben. Maßgabe war, dass dort nur Speisen hinein durften, die die Schüler vorab selbst gekocht hatten. Am vergangenen Freitag stellten die fleißigen Schüler nun ihr Werk unter dem Titel: »100 Jahre Esskultur« vor.

Eigens dazu hatten sie einen bunten Streifzug aus der Geschichte der Esskultur nachgekocht und rund 100 Gästen in der Schulmensa aufgetischt. Probieren konnte man auf diese Weise unter anderem Kriegsmarzipan, »Kalter Hund«, einen Käseigel, Soljanka und einen vegetarischen Burger, um einen kleinen Teil des bunten Speisenangebots zu nennen. Das Kochbuch ist nach Jahrzehnten geordnet, außerdem findet man dort eine kleine Übersicht der wichtigsten zeitgeschichtlichen Ereignisse. Wie Geschichte und Esskultur zusammenhängen lernten die Jugendlichen auf diesem Wege.

In Kriegszeiten herrschte fast überall Not, die bekanntlich erfinderisch macht. So enthält das so genannte Kriegsmarzipan keine Mandeln, sondern lediglich ein wenig Mandelaroma, dafür jede Menge Grieß und Zucker. Spannend auch die drei Interviews mit Zeitzeugen, die die Kochrezpte begleiten. Da ist bespielsweise die 95-jährige Ursula Franke, die aus ihrer Kindheit und den damaligen Essgewohnheiten berichtete. Sie erzählte in dem Interview, das von Liese Hartmann geführt wurde, dass in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten eher Hausmannskost wie beispielsweise Quark und Kartoffeln oder Gemüse aus dem eigenen Garten auf den Tisch des Hauses kam. Gegegessen wurde, immer gemeinsam mit der ganzen Familie, erinnerte sie sich.

Die Wirtschaftswunderjahre, die den Kriegszeiten folgten, waren geprägt von eher schweren, üppigen Speisen, das Hungern der letzten Jahre wollte man endlich hinter sich lassen. Besonders beliebt war eigentlich alles, wozu man Mayonaise oder Buttercreme verwenden konnte, fanden Anja Spörl und Hanah Khachani heraus. Die 60er und 70er Jahre waren wiederum geprägt vom Aufbruch und der Lust auf Neues. So kam der Toast Hawaii mit der damals noch exotischen Ananas auf den Tisch, bei Partys wurde die sogenanten Fliegenpilze (Eier mit einem Tomatendeckel und Mayonaise-Punkten, Anm. d. Red.) serviert. In den 70er wollte man mit seiner Küche auch ein wenig Weltläufigkeit beweisen, hier gab es beispielsweise »Französiche Zwiebelsuppe« oder gefülltes Baguette.

Ein eigenes Kapitel widmeten die Schüler der DDR und ihrer Küche sowie den politischen Umständen. Die passenden Gerichte wurden natürlich ebenfalls serviert: »Soljanka« und der »Schwedenbecher« (Apfelmus mit Vanilleeis und Eierlikör, Anm. d. Red.) waren typsiche Gerichte, die in der DDR gerne gegessen wurden. Auch hierzu gibt es ein Interview, das von Sophie Puritscher geführt wurde. So erfährt man, dass Essengehen in Restaurants oder Bars in der DDR eher selten praktiziert wurde, Zitursfrüchte Mangelware waren und die Leute viel im eigenen Garten anbauten, um sich selber zu versorgen.

In den 90er Jahren wurde die Küche dann wieder ein Stück internationaler mit asiatischen Speisen oder Chili con Carne. Aus den 90er Jahren stammt auch der italienische Nachtisch-Klassiker: Das Tiramisu. Die Wiedervereinigung sind als große Veränderungen der 90er Jahre zu nennen, die Pop-Kultur erlebte ihre Geburtsstunde.

Das Essen in den 2000er Jahren ist geprängt von dem Wunsch sich gesund zu ernähren. Fleisch verliert an Bedeutung, dafür hält das so genannte Superfood wie die Acai-Beere Einzug auf deutsche Teller. Nicht nur vegetarisch soll es sein, sondern auch vegan. Hier gibt es eine vegane Schokomousse, die interessanter Weise zwei Avocados enthält. »Die Schüler haben alle Rezepte selber gekocht und fotografiert. Auch das Layout haben sie weitgehend selber gemacht. Ebenso wie Sponsoren für das Buch und die entstehenden Kosten gesucht und gefunden«, berichtet Ursula Honisch nicht ohne Stolz auf ihre Schüler.

Es ist wirklich ein tolles Buch geworden«, strahlt sie mit ihren Schülern um die Wette. Wer das Buch gerne kaufen möchte, kann dieses unter der Internetadresse: www.100-jahre-esskultur.jimdofree.com oder unter www.lmgu.de bestellen. Es kostet 6.50 Euro. hw

Artikel vom 23.01.2019
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