Mieter & BA 4 protestieren: 72 Wohnungen in Schwabing-West in Gefahr

Ausgetrixt wegen 20 Cent?

Schwabing-West · 20 Cent sind nicht viel Geld, aber sie können über die Zukunft eines ganzen Wohnblocks entscheiden.

Weil die Durchschnittsmiete um genau 20 Cent zu hoch lag, konnte die Stadt München ihr sogenanntes »Vorkaufsrecht« auf den Gebäudekomplex an der Ecke Karl-Theodor-/Belgradstrasse nicht ausüben. –

Das teilte jedenfalls das Kommunalreferat den 72 betroffenen Haushalten und dem BA Schwabing-West auf eine entsprechende Anfrage hin mit. Da die Stadt ihr Vorkaufsrecht nicht geltend machen konnte, ging die gesamte Immobilie an eine neue Investitionsgesellschaft über.

Die Mieter, die über diesen Eigentümer-Wechsel erst im Nachhinein informiert wurden, sind zutiefst verunsichert: Wie wird es nun weitergehen? Werden sie sich in absehbarer Zukunft eine neue Bleibe suchen müssen, weil der neue Hausherr die Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln wird? Und vor allem: Wie hat die Stadt überhaupt ermittelt, dass die Durchschnittsmiete zu hoch liegt, um das Vorkaufsrecht anzuwenden?

Keiner der Hausbewohner kann sich erinnern, jemals über die Miethöhe befragt worden zu sein. Vom BA 4 darauf angesprochen, hatte das Kommunalreferat allerdings eine Erklärung parat: »Die Berechnung wurde auf Grund einer vollständigen Mieterliste durchgeführt, die uns der frühere Vermieter zur Verfügung gestellt hat«, teilte man dem BA mit.

Doch der will nicht so recht glauben, dass die Durchschnittsmiete tatsächlich die vorgegebene Grenze überschreitet. Keiner der bisher vom BA befragten Bewohner konnte nämlich bestätigen, dass seine Miete das Limit übersteigt. »Die Mieter werden nun selbst eine Erhebung durchführen«, erklärt BA-Chef Dr. Walter Klein. »Und wenn sich herausstellen sollte, dass die Durchschnittsmiete tatsächlich niedriger liegt, dann müssen die im Kommunalreferat sich warm anziehen.« Doch selbst wenn sich der Verdacht nicht erhärten sollte, sind die 72 betroffenen Haushalte den Plänen des neuen Vermieters nicht schutzlos ausgeliefert, beruhigt BA-Mitglied Albrecht Schmidt (SPD).

Er verweist auf den 10jährigen Mieterschutz im Erhaltungssatzungsgebiet, muss aber auch einräumen: »Während dieser Zeit können die Mieter damit rechnen, dass ihre Wohnungen bereits von potentiellen Käufern besichtigt und im Internet präsentiert werden. Wir kennen das von einem ähnlichen Fall in der Agnesstrasse.« – Deshalb haben die Bewohner der Karl-Theodor-/Belgradstrasse beschlossen, der Zukunft nicht einfach tatenlos entgegen zu sehen. Sie haben kürzlich eine Mietergemeinschaft gegründet. Denn Wohnungen – v.a. solche mit erschwinglichen Mieten – sind in München zu rar, als dass man sie kampflos aufgeben könnte. rme

Artikel vom 07.03.2002
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