In den Münchner Toastmasters-Clubs hat man gut reden

Reden ist Gold

Ludwigsvorstadt/Riesenfeld · Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf einem Podium, ganz alleine. Etwa 500 Augenpaare sind auf Sie gerichtet, 500 Ohrenpaare warten gespannt darauf, was Sie zu sagen haben.

  • Na, läuft es Ihnen bei diesem Gedanken eiskalt den Rücken hinunter? Bekommen Sie Schweißausbrüche, feuchte Hände und einen trockenen Mund? Wenn ja, dann sind Sie ein typischer Fall für die »Toastmasters«. –

Nein, es geht hier nicht um Röstbrot oder Wettessen, sondern um die hohe Kunst der Rhetorik. Sie zu erlernen, haben sich die Mitglieder der 5 Münchner Toastmasters-Klubs zum Ziel gesetzt. Im Unterschied zu »normalen« Rhetorikseminaren gibt es hier keinen Dozenten, der die Schüler »zur Rede stellt«. Die Teilnehmer bringen sich vielmehr selbst das Redehalten bei, indem sie immer wieder den »Ernstfall« proben und sich gegenseitig Feedback geben. Orientierungshilfen bietet dabei das sogenannte Redehandbuch – die Bibel der weltweit in über 8.500 Clubs organisierten Toastmasters, in der die zehn Gebote der Redekunst niedergelegt sind.

So richtig streng geht es in den Klubsitzungen aber nicht zu. »Wir stellen zwar konkrete Redesituationen nach, aber bei uns herrscht doch eine viel freundlichere, intimere Atmosphäre als das in Wirklichkeit oft der Fall ist«, meint Präsident Josef Killinger.

Viele Klubmitglieder »reden« schon seit mehreren Jahren mit bei den Toastmasters: Führungskräfte aus der Wirtschaft ebenso wie Studenten und Rentner, Männer genauso wie Frauen. Geredet wird über alles und jeden – zum Beispiel über das Phänomen der »Zeit« oder über den letzten Sommerurlaub – teils aus dem Stegreif, teils in Form von vorbereiteten Vorträgen. Dabei kontrollieren sich die Toastmasters durch eine Art Ampelanlage: Ein Mitglied gibt jeweils Lichtsignale, wenn das vorgegebene Redezeit-Limit erreicht bzw. überschritten ist.

»Das schult das Zeitgefühl und hilft, zum Punkt zu kommen«, erklärt Josef Killinger. Doch die wirkliche Stunde der Wahrheit schlägt immer erst am Ende jedes Toastmasters-Meetings. Dann nämlich wird in geheimer Wahl der beste Redner des Abends gekürt. - Und der »Äh- und Hm-Zähler« gibt bekannt, wer wie oft welche nutzlosen Füllwörter verwendet hat. Da mag es manch einem zwar vor Schreck die Sprache verschlagen, aber trotzdem profitiert auf Dauer jeder von dieser Kontrolle. »Ich hatte am Anfang mindestens 30 bis 40 ´Ähs´ pro Abend, heute sind es nur noch ein oder zwei«, berichtet ein Mitglied stolz.

Doch das ist nur einer von vielen Gründen, warum es sich lohnt, einmal bei den Toastmasters vorbeizuschauen: in der Evangelischen Stadtakademie (Herzog-Wilhelm-Str. 24) oder im BMW Nachbarschaftsforum (Riesenfeldstr. 7). Gäste bzw. neue Mitglieder sind herzlich willkommen in den zwei deutsch- und den drei englischsprachigen Münchner Klubs. Hier erhält niemand Rede-Verbot! Infos unter www.rhetorenschmiede.de oder unter Tel. 3 14 62 75. rme

Artikel vom 06.03.2002
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