In der Verbundleitwarte wird rund um die Uhr gearbeitet

Immer für München bereit

Ein Wasserrohr hat den Dienst versagt. Egal welcher Tag und welche Uhrzeit: Die Monteure der SWM rücken sofort aus. Bild links: Wenn Birgit Lindner nicht gerade unterwegs ist, nimmt sie in der Entstörleitstelle Anrufe entgegen. Fotos: cr

Ein Wasserrohr hat den Dienst versagt. Egal welcher Tag und welche Uhrzeit: Die Monteure der SWM rücken sofort aus. Bild links: Wenn Birgit Lindner nicht gerade unterwegs ist, nimmt sie in der Entstörleitstelle Anrufe entgegen. Fotos: cr

München · Die letzten Stunden des Jahres verbringen die Menschen gerne mit der Familie oder mit Freunden. Das alte Jahr soll mit einer schönen Silvesterfeier verabschiedet, das neue mit einem gemeinsamen Anstoßen begrüßt werden.

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Doch in einer Stadt wie München kann nicht jeder den Jahreswechsel so feiern. In der ganzen Stadt gibt es Menschen, die sich darum kümmern, dass die Versorgung gesichert ist, angefangen bei Feuerwehr, Rettungsdiensten und Polizei über die Entsorgungsbetriebe, die schon in den ersten Stunden des neuen Jahres unterwegs sind, bis hin zu den Versorgern, die sich um Strom, Wasser und Wärme kümmern – und ausrücken, wenn ein Defekt für Verdruss sorgt.

In der Verbundleitwarte der Stadtwerke München sitzen an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr Menschen, deren Job die Versorgungssicherheit ist. Das gilt an Weihnachten genauso wie in der Neujahrsnacht, wenn die meisten Menschen nicht an Arbeit denken wollen.

"Es gibt Phasen, da klingelt es praktisch durch." Birgit Lindner kennt solche Phasen. Sie ist in der Entstörleitstelle der Verbundleitwarte für die Behebung von Ausfällen bei Gas, Wasser und Fernwärme zuständig. Wenn das Telefon klingelt, müssen sie und ihre Kollegen praktisch mit allem rechnen; von der zaghaften Seniorin, die jetzt gerade nicht sicher ist, ob sie hier überhaupt richtig ist, bis hin zum Rechtsanwalt, der gleich mal wortgewaltig Dampf macht, wenn der Defekt nicht in ein paar Minuten behoben ist. Die meisten liegen irgendwo dazwischen, in der Regel sind sie freundlich und ein wenig ratlos. Wenn sie wissen, wie es weitergeht, sind die Anrufer oft schon beruhigt.

Für die Gas-, Wasser- und Strommeister in der Leitstelle geht's dann vielleicht gerade richtig los. Dringlichkeit einschätzen, planen, koordinieren, nach Bedarf selbst ausrücken. Bei Gasalarm sei immer sofort Bedarf, erklärt Lindner. "Hier geht es um Menschenleben." Dann rücken die Monteure aus, wenn's sein muss auch mit Sondersignalen wie Martinshorn und Blaulicht. Jede Sekunde ist dann wichtig. Auch wenn sich der Einsatz als Fehlalarm herausstellt. "Wo Menschen sind, da menschelt's", hat Birgit Lindner Verständnis. Wer einen Defekt oder einen Notfall meldet, kann halt selten exakt einschätzen, was die Ursache ist und wie eilig es ist. Muss er auch gar nicht. Dafür sind die Einsatzkräfte der SWM zuständig. "Wir fahren lieber einmal umsonst raus, als dass wegen eines Versorgungsfehlers irgendwas passiert."

Die Arbeit ist nicht planbar. Zu Schichtbeginn weiß keiner im Team, was der Tag bringen wird. Manchmal passiert gar nichts. In dieser Zeit erledigen die Handwerker des Teams sogenannte "Füllarbeiten", Aufgaben, die nicht dringlich sind, aber auch ausgeführt werden müssen. In drei Schichten zu je acht Stunden geben sich die Kollegen die Klinke in die Hand. Dazwischen immer etwa zehn Minuten Übergabezeit. Da schaut keiner auf den vorrückenden Minutenzeiger. Lindner: "Hier springt jeder für den anderen ein." Das gilt besonders, wenn ein Kollege wegen Krankheit ausfällt. Der Betrieb muss aufrechterhalten werden. Im Team findet sich immer eine Lösung, denn hier ziehen alle an einem Strang.

Den Schichtdienst müsse man schon mögen, findet Kollege Harald Nautsch. Es sei nicht immer leicht, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen, wenn die Arbeit mal um 6 Uhr, mal um 14 Uhr und mal um 22 Uhr beginnt. 36 Jahre macht er das schon und bleibt dabei so entspannt wie möglich. Auch Markus Lingner hat alles andere als "gewöhnliche" Arbeitszeiten. Der Schweißer arbeitet regelmäßig im 24-Stunden-Dienst. "Vorausschlafen geht manchmal nicht so gut", meint er, aber im Dienst müsse man immer Profi sein und sich voll auf die Arbeit konzentrieren. Die Arbeit an den Versorgungsnetzen verzeiht in der Regel keine Fehler.

Als Fehler, auf den die Mitarbeiter in der Entstörleitstelle keinen Einfluss haben, betrachtet Birgit Lindner das Verhalten mancher Autofahrer, wenn ein SWM-Team mit Notsignalen von hinten anrückt. "Einige scheren dann sogar absichtlich aus", habe sie bereits beobachtet. Damit teilen die Einsatzteams das Schicksal anderer Blaulicht-Kräfte. Mit denen arbeiten die SWM in München übrigens oft zusammen und das funktioniere sehr gut, wie Lindner meint. Für alle Beteiligten ist das der Normalfall, sonst könnte die Hilfe nicht so zuverlässig funktionieren.

Wie der Dienst in der Silvesternacht aussieht, weiß keiner. Erfahrungswerte aus den letzten Jahren helfen da nur wenig. So ganz unbemerkt streicht der Jahreswechsel in der Entstörleitstelle nicht an den Mitarbeitern vorüber. Um Mitternacht wird gerne angestoßen – alkoholfrei, versteht sich – ein kurzer Blick aus dem Fenster aufs Feuerwerk… und wenn dann ein Notruf reinkommt, ist die Feier augenblicklich vorbei.
Es ist kein einfacher Beruf, aber tauschen will Birgit Lindner auch nicht. "Superinteressant" sei die Arbeit, man komme raus und die Kunden seien ja doch ganz unterschiedlich. Der Umgangston vonseiten der Anrufer sei fordernder geworden, hat sie bemerkt. Doch dann gebe es auch die Anrufe, mit denen sich der eine oder andere Kunde bedanke. "Man muss halt mit sich reden lassen", meint Birgit Lindner, das gelte für beide Seiten. Schließlich hätten alle Beteiligten dasselbe Ziel. Mit Ruhe und Besonnenheit können die Anrufer ihren Teil beitragen, auch kritische Situationen schnell in den Griff zu bekommen.

Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Auch an Silvester. Ohne den Einsatz all derer, die auch an Feiertagen ihren wichtigen Job machen, sähe es in München wohl anders aus.
Danke dafür.
Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 29.12.2018
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