»Brother act« für Beteiligung

Maxvorstadt · Für mehr Wähler bei Kirchenvorstands-Wahl: Pfarrer wetten um Ergebnisse

Vor den Augen des Heiligen Paulus im Innenhof der Ludwigskirche fordern sich die Pfarrer Gottswinter (links) und Stegmann zur Wette heraus.	Foto: Privat

Vor den Augen des Heiligen Paulus im Innenhof der Ludwigskirche fordern sich die Pfarrer Gottswinter (links) und Stegmann zur Wette heraus. Foto: Privat

Maxvorstadt · Sie sammeln »Schäfchen« hinter sich, leihen ihr Ohr für Sorgen und Nöte, finden auch mal deutliche Worte auf der Kanzel. Doch nun sind sie »in den Ring« gestiegen und wetten um das höhere Wahlergebnis bei ihren »Kirchen-Wahlen«: der katholische Pfarrer Markus Gottswinter von St. Ludwig und sein evangelischer Kollege Olaf Stegmann aus St. Markus. Topp, die Wette gilt!

Und was bei den Gottesdienstbesuchern hier wie dort schon vergnügtes Schmunzeln ausgelöst hat, hat einen durchaus ernsten Hintergrund: Denn etwa 6.000 evangelische Gläubige aus der Markusgemeinde sind am 21. Oktober (bzw. bis dato per Briefwahl) aufgerufen, den neuen Kirchenvorstand zu wählen, der in den kommenden sechs Jahren die Geschicke der Gemeinde lenken wird: ihr Profil gestaltet, über Personal und Finanzen entscheidet, Gottesdienstformen und das Kirche-Sein in der Maxvorstadt entwickelt, Bauvorhaben stemmt, Seelsorge und Kirchenmusik pflegt.

Etwa einen Monat später, am 18. November, sind die katholischen Geschwister aus St. Ludwig mit den Kirchenverwaltungswahlen dran. Seit vielen Jahren bewegt sich die Wahlbeteiligung bei der Kirchenvorstandswahl der evangelischen Kirchengemeinde St. Markus bzw. den Kirchenverwaltungswahlen der katholischen Pfarrgemeinde St. Ludwig im unteren einstelligen Prozentbereich. Eine eher enttäuschende Quote, wenn man bedenkt, dass diese beiden Gremien unter anderem über den Haushalt, das Personal, Bauvorhaben und das gottesdienstliche Leben der Kirchengemeinde bzw. Pfarrgemeinde entscheiden.

Die Wählerinnen und Wähler der Kirchengemeinde können mit ihrer Wahl der Kandidaten z.B. entscheidenden Einfluss darauf nehmen, wie Ihre Kirchensteuern eingesetzt werden, zu welcher Uhrzeit die Gottesdienste stattfinden oder welche alternativen Gottesdienstformen es geben soll. Einige Vertreter des Kirchenvorstands werden darüber hinaus in regionale Synoden und die Landessynode der Evang.-Luth. Kirche in Bayern gewählt bzw. berufen. Umso mehr verwundere es, so die Gemeinden, dass fast 95 Prozent der Kirchenmitglieder diese Mitgestaltungsmöglichkeit durch die Wahl nicht nutzen und mit ihrer Stimme die Ideen und Visionen der Kandidatin/des Kandidaten ihres Vertrauens stärken.

Pfarrer Markus Gottswinter von der katholischen Pfarrgemeinde St. Ludwig und Pfarrer Olaf Stegmann von der evangelischen Kirchengemeinde St. Markus haben sich deshalb zu der etwas ungewöhnlichen Maßnahme entschlossen, um die Wahlbeteiligung in den zweistelligen Bereich zu heben. Mit dieser Wette wollen die beiden Geistlichen in der Öffentlichkeit für mehr Wahlbeteiligung werben Was aber, wenn ein Wahlergebnis nur durch relativ wenige legitimiert ist? Die Frage stellt sich »bei Kirchen« nicht anders als vergangenen Sonntag in der Landespolitik. Demokratische Formen leben von der Beteiligung vieler.

Entsprechend kurios ist der Wetteinsatz: Kirchenkaffee gegen Frühschoppen. Hat St. Markus die höhere Wahlbeteiligung, versüßt Markus Gottswinter höchstpersönlich den evangelischen Kaffee. Liegt St. Ludwig vorne, wird Olaf Stegmanns Trinkfestigkeit beim katholischen Frühschoppen getestet. Also: ab an die Wahlurnen!

»I will follow HIM« – das gilt für beide. Und so haben sie sich für den Fall hoher Wahlbeteiligung einen besonderen »Brother act« ausgedacht: nämlich gemeinsam jenen Song für die Gläubigen zu performen. Das gibt es bei 25 Prozent Wahlbeteiligung. Ob einzeln gerechnet oder gemeinsam veranschlagt, lassen die beiden Herren offen. Topp, die Wette gilt!

Artikel vom 17.10.2018
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