Vielen stinkt es jetzt schon!

Sehr umstritten: Planung einer Biomasse-Anlage an der Carl-Wery-Straße

Gegen das Projekt mit Waage, Kompostieranlage, Abfallaufbewahrung, Hackschnitzeltrocknung und Eingangslager besonders im hinteren Bereich und westlich des S-Bahnstranges südlich der Rotkäppchenstraße formiert sich vielstimmiger Widerstand. 	Foto:  RedN

Gegen das Projekt mit Waage, Kompostieranlage, Abfallaufbewahrung, Hackschnitzeltrocknung und Eingangslager besonders im hinteren Bereich und westlich des S-Bahnstranges südlich der Rotkäppchenstraße formiert sich vielstimmiger Widerstand. Foto: RedN

Perlach-Waldperlach-Neubiberg · Den Neubibergern und Perlachern stinkt es in diesen Tagen gewaltig. Grund: Direkt an der Stadtgrenze auf städtischem Gebiet will die Unternehmensgruppe Werner eine Biomasse-Aufbereitungsanlage errichten.

An der Carl-Wery-Straße 63 –südlich der Rotkäppchenstraße zwischen Baumschule und Bahnlinie - sollen auf einem knapp fünfeinhalb Hektar großen Gelände jährlich bis zu 14.000 Tonnen Gras, Laub oder Silage in Brennstoff umgewandelt werden (wir berichteten).

Die Anwohner dies- und jenseits der Stadtgrenze fühlen sich als »Müllkippe des Umkreises«. Sowohl im Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach als auch im Neubiberger Gemeinderat haben sie ihrem Ärger zuletzt bereits in deutlichen Worten Luft gemacht. Denn schlechte Luft und Geruchsemissionen in hoher Konzentrierung ist das, was die Bürger im Umfeld neben einem deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen besonders befürchten.

Der Ärger mündete in diesem Sommer schließlich in die Gründung einer eigenen Bürgerinitiatve »Saubere Luft für Neubiberg und Waldperlach«. Zusammen mit der Siedler- und Eigenheimervereinigung Waldperlach-Neubiberg will man die Biomasseanlage doch noch verhindern. Es könnte eine harte Auseinandersetzung werden. Denn der Bauherr erwägt offenbar sogar eine Klage, um das Projekt an den Start bringen zu können.

Die Protagonisten auf beiden Seiten stehen sich derzeit relativ verständnislos gegenüber.

Die Unternehmensgruppe Werner, die unter anderem im direkten Umgriff der aktuellen Planungen seit Jahren eine Baumschule betreibt, beruft sich auf die aus ihrer Sicht klare Machbarkeit der Anlage vor Ort und entsprechende Zusagen der Stadt, die man beim seinerzeitigen Grunderwerb aus privater Hand erhalten habe. Die Anlage sei an der geplanten Örtlichkeit auf jeden Fall »rechtlich zulässig«, argumentierte Unternehmensanwalt Benno Ziegler bei der seinerzeitigen Projektvorstellung im Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach.

Die Stadt habe »die Nutzung« des Geländes für ein gewerbliche Kompostieranlage damals »schriftlich bestätigt«, erklärte Ziegler. Es sei ein »Leuchtturmprojekt«, so Ziegler gegenüber der Lokalpolitik. Projektleiterin Swantje Schlederer unterstrich dabei, es gebe viele Interessenten »aus der ganzen Welt, die nach diesem Patent ihre Anlagen bauen und ausrichten wollten«.

Im Kern stehe dabei das innovative Verwertungsverfahren »Florafuel«, mit dem etwa aus Gras und anderen Grundstoffen in Form von Briketts und Pellets reiner Biobrennstoff entsteht. Weil das Unternehmen eine Vermarktungsplattform für ihr innovatives Konzept benötigt, will man jetzt an der Carl-Wery-Straße entwicklungstechnische Fakten schaffen. Denn die bestehende Anlage der Unternehmensgruppe Werner in Grasbrunn genügt diesen Ansprüchen offenbar nicht.

Auf einem Pachtgelände des Freistaates an der Ortsgrenze sind die baulichen Voraussetzungen ausgeschöpft, es gibt keine echte energetische Versorgung und damit auch keine winterfeste Halle. Doch auch innerhalb der Stadtbehörden scheint das Projekt noch einigermaßen umstritten. Die Lokalbaukommission halte es bislang nicht für genehmigungsfähig, so die Firmenvertreter.

Im städtischen Referat für Umwelt und Gesundheit laufen derzeit noch die Prüfungen. Details lässt die Behörde bislang nicht verlauten. Das Unternehmen will aber laut Aussagen Zieglers sogar den Klageweg beschreiten, wenn das Projekt vonseiten der Stadt abgelehnt werden sollte. Einziger Ausweg bleibe ein geeigneter Ersatzstandort. Der ist aber offenbar bisher nicht in Sicht.

Eine klar ablehnende Meinung hat sich die Front der Projekt-Gegner längst gebildet. Nachdem der Neubiberger Gemeinderat bereits vor der Sommerpause einstimmig die Anlagen-Planung auf Münchner Gebiet abgelehnt hatte, formierte sich auch im Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach deutlicher Widerstand. »Wir wollen diese Anlage an dieser Örtlichkeit nicht haben«, fasste BA-Planungssprecher Wolfgang Thalmeir (CSU) die Stimmungslage seines Gremiums treffend zusammen. »Mit dem geplanten U-Bahn-Betriebshof in diesem Bereich ist die Belastungsgrenze erreicht«, ergänzte BA-Chef Thomas Kauer (CSU).

Rhetorisch deutlich gegen die Maßnahme lassen sich auch die Projektgegner aus der Bürgerschaft vernehmen. »Immissionsschutzrechtlich unzumutbar und nicht akzeptabel«, lautet deren Tenor eines an den Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter adressierten Schreibens der neuen Initiative – die fast zeitgleich zu eigenen Gründen auch eine Unterschriftenaktion gegen das Vorhaben gestartet hatte. »Wir fühlen uns wie die Müllkippe des Umkreises«, machte der Neubiberger Initiativsprecher Oliver Hellmund zuletzt unmissverständlich deutlich.

Schließlich lägen die nächsten Wohnbauten nur rund 50 Meter neben der Planung. »Massiven Gestank« erwarten die Gegner. Gerade mit Blick auf die im direkten Umfeld lebenden Menschen. Im Hinblick auf benachbarte Kindertageseinrichtungen, den Sport- und Landschaftspark oder Gastronomien sei diese Entwicklung fehl am Platz. Die Bürgerinitiative setzt deshalb im Besonderen auf die Unterstützung durch die Lokalpolitik.

Nachdem Gemeinde Neubiberg und Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach das Projekt bereits dezidiert abgelehnt hatten, soll es auch bereits eine schriftliche Unterstützerzusage vonseiten des Landrates Christoph Göbel geben. Durch eine am Ende möglichst lange Unterschriftenliste will man auch das mächtige Münchner Rathaus auf diese Spur setzen. »Wir müssen jetzt gegen die Anlage kämpfen – Wenn sie steht, ist es zu spät«, geben die Initiativstreiter zu bedenken. Auch wenn das Unternehmen darauf verweist, dass die Grenzwerte eingehalten würden: Sollte die Anlage kommen, dürfte es vielen so richtig stinken. RedN

Artikel vom 12.09.2018
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