Hilfe für Mütter und Babys: Schwabinger Krankenhaus startet Pilotprojekt

Anonyme Geburt

Schwabing · Schon in der Bibel ist davon die Rede: Der kleine Moses wird von seiner Mutter in einem Weidenkörbchen »ausgesetzt«.

Das ist viele 1000 Jahre her, doch auch heute noch geht es manchen Neugeborenen ähnlich. Um zu verhindern, dass die Säuglinge nach der Geburt irgendwo an einer Straßenecke oder in einer Mülltonne ausgesetzt werden, gibt es inzwischen in vielen deutschen Krankenhäusern eine sogenannte »Babyklappe«.

  • Auch am Schwabinger Krankenhaus soll jetzt eine solche anonyme »Abgabestelle« für Neugeborene eingerichtet werden. Doch parallel dazu hat die Münchner Stadtverwaltung hier ein zweites Projekt gestartet, das noch viel weiter geht: die sogenannte »anonyme Geburt«. »Aus Angst, ihre Identität preisgeben zu müssen, bringen die betreffenden Frauen ihr Kind oft ganz allein zur Welt – ohne jegliche medizinische Versorgung«, erzählt Birgit Thomas vom Gesundheitsreferat. »Das Leben von Mutter und Kind ist dadurch gefährdet.«

Hier will das Projekt »Anonyme Geburt« Abhilfe schaffen: Die Frauen können sich schon während der Schwangerschaft in der Schwabinger Klinik beraten lassen und dann auch »ganz normal« dort entbinden. – Alles vollkommen anonym. Das Kind wird anschließend für 8 Wochen in einer Pflegefamilie untergebracht.

Dann erst beginnt das Adoptionsverfahren. »So haben die Mütter noch 8 Wochen Bedenkzeit, ohne ihre Anonymität aufgeben zu müssen«, erklärt Bürgermeisterin Dr. Gertraud Burkert, die »Schirmherrin« des Projekts. Und Birgit Thomas ergänzt: »Während dieser Zeit kann sich die Einstellung der Mutter zum Kind vollkommen verändern. - Schon allein wegen der hormonellen Umstellung.« Allerdings: Der 8-wöchige Aufschub für die Mutter ist nach der derzeitigen Gesetzeslage eigentlich nicht erlaubt: Ärzte und Hebammen müssen jede Geburt binnen einer Woche dem Standesamt melden.

In München gibt es jedoch eine Sondervereinbarung zwischen Gesundheits-, Sozial- und Kreisverwaltungsreferat. Aber auch wenn Anonymität hier oberstes Gebot ist, will man doch versuchen, einiges über die Mütter zu erfahren. – Schon im Interesse des Kindes. »Ich habe selbst eine Adoptivtochter und weiß, wie schlimm es ist, wenn man überhaupt nichts über seine Eltern weiß«, meint Getraud Burkert. Daher sollen die Mütter nach Möglichkeit einige Zeilen über sich niederschreiben.

Die werden dann in einem Umschlag versiegelt und bei einem Rechtsanwalt hinterlegt. Mit 18 Jahren darf das Kind dieses Kuvert einsehen. - So verliert die »anonyme Geburt« im Nachhinein doch noch etwas von ihrer Anonymität. rme

Artikel vom 14.02.2002
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