100 Jahre Panasonic – seit gut zwei Jahren auch in Ottobrunn

Ottobrunn · »Wir fühlen uns hier zuhause«

Geschäftsführer Johannes Spatz (l.) und Bürgermeister Thomas Loderer.	Foto: MO

Geschäftsführer Johannes Spatz (l.) und Bürgermeister Thomas Loderer. Foto: MO

Ottobrunn · Der japanische Elektronik-Konzern Panasonic, der vor genau hundert Jahren gegründet wurde, ist ein echter Global Player und ein wahrer Technik-Gigant. Jeder kennt ihn. Die Bekanntheit rührt vor allem von Produkten wie Fernsehgeräten oder Lautsprecher-Boxen, also von Produkten aus dem Bereich Unterhaltungselektronik. Nur wenige wissen, dass dieser Bereich innerhalb des Konzerns nicht das Hauptgeschäft darstellt.

Wichtiger sind das klassische Industriegeschäft sowie der Bereich Automotive. In beiden Geschäftsfeldern nehmen nicht Endverbraucher die Produkte ab, sondern andere Hersteller- und Zulieferfirmen.

Vor gut zwei Jahren wurden drei zum Konzern gehörige Unternehmen, die bis dahin an verschiedenen Standorten getrennt voneinander agierten, nämlich Panasonic Electric Works (Holzkirchen), der Batteriespezialist Sanyo (München/Moosfeld) und eine in Haar ansässige Vertriebseinheit zur neuen europäischen Unternehmenszentrale für den Industriebereich am Standort Ottobrunn zusammengeführt.

Seit Oktober 2017 firmiert das Unternehmen unter dem Namen Panasonic Industry Europe GmbH. 570 der rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die europaweit für Panasonic Industry Europe einen Jahresumsatz von rund einer Milliarde Euro erwirtschaften, arbeiten in Ottobrunn.

Wie ergeht es dem Unternehmen am Standort Ottobrunn und wie sehen die langfristigen Perspektiven aus? Über diese und andere Fragen sprach Bürgermeister Thomas Loderer für Mein Ottobrunn mit Geschäftsführer Johannes Spatz (55).

MO: Herr Spatz, haben Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich gut in Ottobrunn eingelebt?
Johannes Spatz: Ja, wir sind inzwischen angekommen und fühlen uns zuhause. Der Übergang ist sehr gut gelungen. Die Infrastruktur und die Verkehrsanbindung passen. Inzwischen ist auch bei den Kollegen in Japan Ottobrunn zunehmend bekannt geworden.

MO: Gab es für Sie nach dem Umzug positive Überraschungen, also positive Dinge, mit denen Sie zu Anfang nicht gerechnet hatten?
Johannes Spatz: Unser Umfeld hier hat sich sehr positiv entwickelt. Wenn ich daran denke, wie es noch vor ein paar Jahren aussah, als das Gebiet ja fast eine Geisterstadt war mit vielen zugewachsenen Flächen, zerbrochenen Scheiben in leer stehenden Gebäuden, hat sich alles sehr zum Guten gewandelt. Erfreulich ist auch, dass wir neben den interessanten Nachbarn direkt vor der Haustür eine gute Kantine haben.

MO: In der neuen Europa-Zentrale Ottobrunn wurden drei Standorte zusammengelegt. Haben Sie dadurch Mitarbeiter verloren?
Johannes Spatz: Der Umzug war natürlich für einige nicht leicht. Wir haben dann nach Lösungen gesucht und zum Beispiel einen Shuttle-Kleinbus von Holzkirchen eingeführt, der von Haustür zu Haustür fährt und gut angenommen wird. Aufgrund des Umzugs haben wir keinen unserer Mitarbeiter verloren. Aber generell haben wir jetzt eine große Konkurrenzsituation, da wir näher an München sind. Mitarbeitern eröffnen sich mehr Möglichkeiten und sie werden abgeworben; aber auch wir sind ständig auf der Suche nach guten neuen Mitarbeitern und überlegen uns, wie wir noch attraktiver werden können. Deshalb bieten wir jetzt zum Beispiel auch ein Duales Studium an.

MO: Was genau macht Panasonic, speziell hier in Ottobrunn?
Johannes Spatz: Panasonic ist ein japanischer Technologiekonzern mit einem breiten Portfolio. Was den Industrie-Bereich angeht, so ist unsere Technologie in vielen Produkten anderer Unternehmen enthalten und damit im Grunde zunächst einmal unsichtbar. Die Steuerung von Thermomix ist beispielsweise von Panasonic; unsere Rundzellenbatterien sind in den Autos von Tesla eingebaut und die Schalteinheit beim BMW i3 stammt auch von uns. Panasonic ist über die Jahre gesehen die Nummer eins bei den Patentanmeldungen weltweit.

MO: Wird in Ottobrunn auch produziert und entwickelt?
Johannes Spatz: Hier in der Zentrale konzentrieren wir uns vor allem mit unserem Vertrieb auf den Kunden, darüber hinaus sind hier die Personal- und Finanzabteilung, das Marketing und das Produktmanagement im Industriebereich angesiedelt. Unsere Kunden sind sowohl die großen Automobilhersteller und Zulieferer bis hin zum Installateur, die ganz unterschiedlich bedient werden müssen. Zudem haben wir in Ottobrunn verschiedene Labore eingerichtet. Deren Aufgaben reichen von der Entwicklung und Prüfung neuer Lösungen über die Überprüfung nationaler technischer Anforderungen bis hin zur Fehlersuche bei Kundenreklamationen.

MO: Um welche Labore handelt es sich?
Johannes Spatz: Das geht los bei klassischen Umwelttestlaboren, wo Temperatur, Feuchtigkeit oder Hochspannung eine Rolle spielen. Wir haben auch ein Laserlabor - Laserbeschriftung und Laserkunststoffschweißen lauten hier die Stichworte. Und wir haben ein großes chemisches Batterielabor. Wir können hier Lithium-Ionen-Zellen zerlegen.

MO: In welchen Bereichen sehen Sie weiteres Wachstum?
Johannes Spatz: Als Vertreter eines Elektronik-Unternehmens ist es für uns schön zu sehen, wie sich die Elektrifizierung der Welt immer weiter entwickelt - zum Beispiel bei der Mobilität - und wie die Vernetzung aller Lebensbereiche mit elektronischen Geräten weiter voranschreitet.

Mobilität und Vernetzung sind zwei große Wachstumsbereiche, für die wir mit das Fundament gelegt haben. Durch die Elektrifizierung, Vernetzung und Automatisierung wird die Produktentwicklung immer schneller. Vermutlich sehen wir in den nächsten zehn Jahren mehr Innovationen als in den letzten hundert Jahren zusammen.

MO: Wie profitiert Ihr Geschäft von der Energiewende?
Johannes Spatz: In vielfältiger Weise: im Speicherbereich, also der Batterie, beim Energiemanagement und bei der Energieerzeugung. Beim Thema Energie und Energiesparen geht es zudem ums Messen: Wieviel Strom verbrauchen meine Maschinen? Das ist eine Frage, die sich gerade auch Unternehmen immer häufiger stellen. Panasonic hat einen Energiemesser konstruiert, der energiesparsam ist. Nach den Messungen können wir uns zusammen mit dem Kunden überlegen, was der nächste Schritt sein könnte. Zudem sind energie- und ressourcenschonende Produktinnovationen Teil unserer Unternehmensphilosophie.

Solarpanels sind aufgrund der marktbeherrschenden Stellung chinesischer Hersteller bei uns leider nur noch ein Nischenprodukt. Aber wenn es um Qualität geht, können Sie sicher sein, diese auch bei uns zu erhalten. Beispielsweise werden unsere Solarpanels in einer Kooperation mit Toyota auf dem Auto- dach installiert. Momentan kann mit der gewonnenen Energie zumindest das Autoradio oder die Klimaanlage betrieben werden.

MO: Welche Chancen sehen Sie infolge der Umbrüche im Bereich Mobilität?
Johannes Spatz: Mobilität ist für uns ein Riesen-Thema. Wir sind hier gut aufgestellt, etwa bei Sensoren oder im Bereich der Connectivity, also der Kommunikation zwischen Fahrzeugen. Generell ist die Elektrifizierung von Fahr- und Flugzeugen ein großes Wachstumsthema für uns.

MO: Arbeiten Sie mittlerweile mit Unternehmen aus Ottobrunn zusammen, zu denen Sie vorher keinen Kontakt hatten?
Johannes Spatz: Ja, hier ist insbesondere Airbus zu nennen. Da hatten wir von der Industrieseite vorher null Kontakt. Aufgrund der Nachbarschaft haben wir uns getroffen und festgestellt, dass es spannende mittel- und langfristige Themen gibt, die uns beide interessieren. Auch eine Zusammenarbeit mit der IABG können wir uns vorstellen .

MO: Woran erkennt man bei Panasonic in Ottobrunn das Japanische?
Johannes Spatz: Wir sind stolz, dass wir Teil eines großen und erfolgreichen japanischen Konzerns sind, keine Frage. Wir sehen uns jedoch auch als europäisches Unternehmen, weil hier unser Markt ist und hier unsere Kunden sind.

MO: Vielen Dank für das Gespräch!

Artikel vom 30.07.2018
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