Bypass für den Ring?

Tunnellösung als neuer Ansatz zur Lösung des Ring-Problems angedacht

Die Belastungen für die Anwohner des Mittleren Rings steigen beständig. Abhilfe könnte ein sogenannter Express-Tunnel schaffen. Dieser wird jetzt diskutiert.	Foto: RedG

Die Belastungen für die Anwohner des Mittleren Rings steigen beständig. Abhilfe könnte ein sogenannter Express-Tunnel schaffen. Dieser wird jetzt diskutiert. Foto: RedG

Giesing/Harlaching · Ausufernde Staus, ständig steigende Emissionswerte an Lärm und Abgasen. Die Menschen am Mittleren Ring haben unter vielerlei Belastungen zu leiden.

Und diese Belastungen werden weiter wachsen. Blickt man auf den Giesinger Ringabschnitt zwischen ehemaligem Osramgelände an der Isar westlich und der Tegernseer Landstraße weiter südöstlich, dann lesen sich die Zukunftsprognosen der Verkehrsplaner gerade für die Belasteten am Ring-Rand durchaus bedenklich.

Einen weiteren, gut zehnprozentigen Verkehrsanstieg erwarten die Fachleute der Stadt etwa allein für den Abschnitt an der Tegernseer Landstraße als einer der münchen weit (neben der Landshuter Allee) stärkst belasteten Teiltrassen binnen der kommenden Jahre. Für 2025 gehen die Verkehrsauguren von einem Anstieg auf rund 150.000 Fahrzeuge täglich in diesem Bereich aus. Trotz vieler Initiativen ist ein Ringtunnel an der »TeLa« derzeit weit von einer Realisierung entfernt.

Einen neuen Vorstoß zur Entlastung wagt aktuell der Giesinger Landtagsabgeordnete Andreas Lorenz. »Express-Tunnel-Giesing« lautet der Arbeitstitel für sein Plankonstrukt einer in großen Teilen doppelstöckig vierspurigen Tunnelröhre zwischen der Brudermühlstraße und dem McGraw-Graben.

Innovativ an diesem Vorstoß ist der Gedanke, nicht wie an anderen Ringabschnitten auf der bestehenden Trasse einen Tunnel zu realisieren – sondern fast medizinisch anmutend eine Art »Bypass« mittels einer neuen Tunnelschneise zu forcieren, die zwar in manchen Teilen parallel zur heutigen Ringtrasse verläuft, insgesamt aber kürzer ist.

Interessant: Den U-Bahnbof Wettersteinplatz soll der neue Tunnel in einer Tiefe von rund 35 Metern durchqueren. Die Röhre selbst soll dabei unterhalb des U-Bahnhofs geführt werden. An wichtigen weiteren Schnittstellen wie etwa der Schönstraße soll die Unterführung unter den Häusern verlaufen. Das Bauvorhaben soll dabei im Schildvortriebsverfahren nach bergmännischer Bauweise entstehen.

Verkehrsplaner Martin Vieregg erarbeitet dabei den technisch planerischen Entwurf der Lorenz-Idee. Mit von den Planern geschätzten Kosten in Höhe von rund 230 Millionen Euro soll das Bypass-Projekt auch deutlich »preiswerter« kommen als bislang erwogene Tunnelvarianten. Vieregg hat zudem errechnet, dass durch die neue Röhre rund 90.000 Fahrzeuge täglich in den Bypass abgeleitet werden könnten. Insgesamt ließen sich laut Vieregg gut 80 Prozent der Verkehrsflüsse des Mittleren Rings im Bereich der heutigen Candidbrücke ins neue Tunnelkonstrukt ableiten – an der Tegernseer Landstraße immernin noch einmal rund 60 Prozent. Um medizinisch zu bleiben: Auch einen verkehrlichen Kollaps in der Bauphase glaubt Lorenz auf diesem Weg verhindern zu können.

Anders als bei Arbeiten direkt an der im Verlauf der Tegernseer Landstraße besonders engen Herzschneise könnten beim Bypass-Verfahren in bergmännischem Vortrieb die Verkehrsströme entlang des Rings weitergeführt werden.

Doch Lorenz Idee und Viereggs Planung geht insbesondere mit Blick auf die Tegernseer Landstraße und die heutige Candidbrücke noch weiter. »Im Bereich der Tegernseer Landstraße mit dem heute trennenden Graben könnte Giesing künftig zusammenwachsen«, glaubt der CSU-Politiker. Es sei durchaus möglich, im Zuge der »Bypass-Bauten« die Tegernseer Landstraße zurückzubauen und baulich aufzuwerten. In einer Art Segelkonstruktion aus Glas könnten die Anrainer-Häuser von Emissionen geschützt werden. Durch die neue Variante würde sich laut Lorenz vor allem auch die weiter zunehmend staubelastete Zu- und Abfahrtseinfädelung an der Ring-Schnittstelle von Tegernseer Landstraße und Chiemgaustraße »auflösen«.

Zumal Lorenz im Verbund mit seinem Planer den möglichen neuen Expresstunnel und den McGraw-Graben mittels einer Rampe auch an die Stadelheimer Straße anbinden kann.

»Damit ließe sich die Chiemgaustraße entlasten«, glaubt Lorenz. Errechnet hat Planer Vieregg dabei eine Umlenkung von zumindest rund 12.000 Fahrzeugen täglich. »Die Stadelheimer Straße ist doch ohnehin besser ausgebaut und leistungsfähiger«, argumentiert Lorenz. »Das macht Sinn, auch wenn ich damit ausgerechnet meinen Eltern, die an der Stadelheimer Straße wohnen, mehr Verkehr verschaffe«, schmunzelt der Giesinger.

Man müsse nur den LKW-Vekehr betrachten, der künftig vermehrt vom »Bypass« aus durch die Stadelheimer Straße verkehren und die Chiemgaustraße umfahren könnte. Weil die Durchfahrt durch die S-Bahn-Unterführung an der Chiemgau-/Aschauer Straße für viele Brummis zu niedrig sei, müsse derzeit noch umständlich in Richtung Ständlerstraße »gekurvt« werden.

Weiter westlich am Candidplatz glauben die Planer, durch die Bypass-Lösung auch die Candid-Brücke entscheidend verkehrsberuhigen zu können – weil durch den Abfluss zum neuen Express-Tunnel statt bislang 110.000 Fahrzeugen täglich künftig nur noch 20.000 Kfz den Berg rauf und runter rollen würden.

»Interessant« fanden die Pläne nicht nur viele der anwesenden Giesinger Bürger. Auch CSU-Stadtratschef Manuel Pretzl verbuchte den Vorstoß als »interessante Idee«. Pretzl wolle die Ideen ins Rathaus weiterreichen und sich für eine Prüfung von Kosten und Machbarkeit vonseiten der Stadt einsetzen. Vor allem der Kostenaspekt ließ manchen Anwesenden staunen.

Ob die Idee nach positiver Expertise der Stadtplaner dann auch in einen entsprechenden Umsetzungsantrag münden wird, ist derzeit noch völlig offen. Unterstützung erhält der Vorschlag von »Mobil in Deutschland«: »Wir von Mobil in Deutschland63 e.V. sehen das weitaus positiver. Gerade der Münchner Süden ist aufgrund des noch fehlenden Autobahnringschlusses deutlich belasteter als der Norden oder Osten. Hier ist Abhilfe nötig. Die Stadt denkt über Fahrverbote nach, anstatt ihre Hausaufgaben zu machen und zu bauen. Wohnungsbau alleine ist nichts wert, wenn nicht auch die nötige Infrastruktur entsteht. Es ist höchste Zeit, dass viel mehr solche Initiativen kommen und sich der Stadtrat mit dem wichtigsten Verkehrsträger in Deutschland, dem Autoverkehr, befasst. Frei von Ressentiments und Ideologie.« RedG/Mobil

Artikel vom 27.06.2018
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