Bloß nie in die Schublade

Winfried Frey will dem Publikum immer wieder Neues bieten

Würde gerne mal einen schrägen Ermittler spielen: Winfried Frey hat schon viele verschiedene Rollentypen verkörpert. So was wie »Columbo« fehlt noch. 	Foto: cr

Würde gerne mal einen schrägen Ermittler spielen: Winfried Frey hat schon viele verschiedene Rollentypen verkörpert. So was wie »Columbo« fehlt noch. Foto: cr

Von Carsten Clever-Rott
München · Etwas Wehmut wird dabeisein, wenn am 28. Juni der Vorhang im Kleinen Theater in Haar fällt. Dann nämlich endet die letzte Fernsehaufzeichnung des BR mit dem Chiemgauer Volkstheater. Mitten drin ist Winfried Frey, dessen künstlerisches Schaffen über die Schauspielerei hinaus geht.

Für den Wahl-Truderinger wird es weitergehen, es gibt immer neue Aufgaben, auch wenn man bei einem Casting mal leer ausgeht. 2018 ist für Winfried Frey ein besonderes Jahr. Im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen hat er schon jetzt eine genaue Vorstellung von Heiligabend in diesem Jahr. Den möchte der unter anderem aus »München 7« und »Dahoam is dahoam« oder auch vom Nockherberg bekannte Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur in einem engen Kreis beim Frühschoppen verbringen. Der Anlass? Nicht etwa Weihnachten. Am 24. Dezember feiert der gebürtige Neuburger seinen 50. Geburtstag. Es hat ihn immer zur Bühne gezogen. Schon als Jugendlicher gehörte Winfried Frey zum Ensemble des Theaters am Platzl. Bernd Helfrich entdeckte den jungen Darsteller und holte ihn zum Chiemgauer Volkstheater, dem Frey immer treu geblieben ist. Gleichzeitig hat er in alle möglichen Sparten der Schauspielerei geschaut und sich auch dort weiterentwickelt – alles in München. Durch die Schauspielschule kam Frey in die Landeshauptstadt. »Da bin ich dann klebengeblieben«, erzählt er in seiner ihm typischen Art, ein bisschen augenzwinkernd, aber immer fokussiert.

München, da gerät der 49-Jährige ins Schwärmen. »München ist eine tolle Stadt, eine Ausnahmestadt.« Als solche hat er das Millionendorf kennengelernt. Frey schätzt die Mischung, die Menschen und besonders die Erfahrungen aus über 30 Jahren Wahlheimat. Dass man als Schauspieler in München mehr Jobmöglichkeiten hat als anderswo, macht vieles leichter. Auch die Vielseitigkeit öffnet Türen. Schublade? Um Gottes Willen! »Früher war ich immer der Sympathieträger«, berichtet Frey. Der Weg schien vorgezeichnet, bis das Casting für den Film »Alle haben geschwiegen« (1995) kam. Winfried Frey sprach vor, hatte für seine Rolle extra 15 Kilo abgenommen. Die Rolle hat er nicht gekriegt, dafür aber eine andere. »Sie sehen aus wie mein Hauptdarsteller«, sagte Regisseur Norbert Kückelmann und besetzte den Sympathieträger unversehens und unerwartet als Verbrecher. Der Film, der eine wahre Geschichte nacherzählte, wurde beim Münchner Filmfest von Kritikern und Publikum gleichermaßen gefeiert. Auch Franz Xaver Bogner war der Schauspieler aufgefallen. Der Weg führte über »Café Meineid« und »München 7« zu »Der Kaiser von Schexing«. Winfried Frey ist gefragt. Auch hinter der Bühne arbeitet er viel, aber vorne ist es schon schöner. Jedenfalls ist er nicht mit seinem Schauspiellehrer von einst einer Meinung, der sagte: »Applaus verdirbt!« Freys Erfahrung: »Applaus motiviert!«

Drum macht er auch vor kleinerem Publikum weiter. Zum Beispiel beim »Truderinger Ventil«, dem schon traditionellen Derblecken im Münchner Osten. Nach dem Tod des Initiators Egon L. Frauenberger im Jahr 2009 sollte das Ventil, das sich in neun Jahren etabliert hatte, nicht eingestellt werden. Unversehens sah sich Winfried Frey mit der Bitte konfrontiert, das Projekt weiterzuführen. Eine anspruchsvolle Aufgabe. Worauf er sich einließ, das wusste Frey, hatte er bis dahin doch bereits zweimal beim Ventil auf der Bühne gestanden. Es war eine große Herausforderung und das ist es bis heute. Dass die Truderinger ihr Ventil noch immer in der Starkbierzeit erleben dürfen, haben sie Winfried Frey zu verdanken. Er nahm die Herausforderung an, dem Publikum Jahr für Jahr etwas Neues zu präsentieren. »Man muss sich immer wieder neu erfinden.« Ein Ende ist nicht in Sicht, Gott sei Dank. »Mir macht das nach wie vor Freude.« Anscheinend auch Freys Ehefrau Petra Auer. Selbst Schauspielerin steht sie ebenso beim Ventil mit auf der Bühne, hat Theater gespielt und war bei »München 7« in einer Folge die Frau Kneidl, Gattin des Polizisten Hans »Johnny« Kneidl, dargestellt wiederum von Winfried Frey. Als Schauspieler mit 20 Verträgen im Jahr hat sich Frey mit der Situation arrangiert, nicht immer zu wissen, was kommt. Wenn mal nichts kommt, macht er eben von sich aus was für die Bühne. Frey ist sozusagen als Lobbyist für die darstellende Kunst im Einsatz, besonders fürs Theater. Seine Meinung: Man muss die Leute motivieren und begeistern. »Geht ins Theater!« Da kann man was erleben. Der direkte Kontakt zum Publikum ist durch nichts zu ersetzen. Manchmal muss man aber auch darauf verzichten. Aktuell spricht Frey noch bis Ende des Jahres Hörbücher für Sony ein, die ausschließlich online über Spotify vertrieben werden.

Viel hat er schon gemacht in seinem Leben, viel wird auf Winfried Frey auch noch zukommen. Was ihn reizen würde, wäre eine Rolle als skurriler Ermittler, »so zwischen Columbo und Monk«. Oder was in Richtung Komödie, wo er sich die Rolle als gutmütiger Verlierer, für den man ein Herz hat, vorstellen kann. Und wenn kein Angebot kommt, kann er sich die Rolle halt selbst schreiben. Hat er ja schließlich auch gelernt.

Artikel vom 15.06.2018
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