Als die Antike ins Wohnzimmer einzog

Maxvorstadt · Ausstellung zu Johann Joachim Winckelmann: Todestag jährt sich zum 250. Mal

Inspiriert von der Antike: Verkleinerte Nachbildung der Warwick-Vase als Sektkühler (Original Marmor, 2. Jh.  n. Chr.) , William Bateman, London, Silber, 1837, Leihgabe Sammlung »Arcadia ca. 1800«.       Foto: © Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek

Inspiriert von der Antike: Verkleinerte Nachbildung der Warwick-Vase als Sektkühler (Original Marmor, 2. Jh. n. Chr.) , William Bateman, London, Silber, 1837, Leihgabe Sammlung »Arcadia ca. 1800«. Foto: © Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek

Maxvorstadt · In den internationalen Reigen der Jubiläumsveranstaltungen zu Johann Joachim Winckelmann reiht sich die Studioausstellung »Tod in Triest. Auf den Spuren von Johann Joachim Winckelmann« in den Antikensammlungen am Königplatz ein – ab sofort bis 9. Dezember 2018 sehen.

Winckelmann gilt als Begründer der modernen Archäologie und Kunstwissenschaft. Er wurde am 8. Juni 1768 in Triest ermordet. Sein gewaltsamer und tragischer Tod ließ ihn zu einer in ganz Europa verehrten Persönlichkeit aufsteigen. Heuer jährt sich der Todestag zum 250. Mal. In der Ausstellung am Königsplatz wird die Bedeutung des aus Stendal in der Altmark stammenden Gelehrten für die Fachwissenschaft der Klassischen Archäologie sowie für das Kunstverständnis des Klassizismus im Allgemeinen, aber auch für den Kunststandort München im Speziellen hervorgehoben. Denn der bayerische Kronprinz und spätere König Ludwig I. orientierte sich bei seinen Plänen zur Einrichtung der Glyptothek auch an den Schriften Winckelmanns und an dessen Ideen von einem entwicklungsgeschichtlichen Verständnis der antiken Kunst. Zudem befinden sich am Königsplatz berühmte Skulpturen aus der einstigen römischen Sammlung des Kardinals Alessandro Albani, als dessen Bibliothekar Winckelmann in Rom wirkte; darunter der in der Schau gezeigte »Winckelmann’sche Faun«, der »Knabe mit der Siegerbinde« oder der »Faun mit den Flecken«. Johann Joachim Winckelmann eröffnete seinen Zeitgenossen einen neuen Zugang zur Antike durch seine auf eigener Anschauung beruhenden, sinnlich erfahrbaren sowie mit einem erotischen Blick unterlegten Kunstbeschreibungen. Winckelmann trug maßgeblich zu den damaligen kunsthistorischen und ästhetischen Debatten bei und wurde seinerseits in Wort und Bild rezipiert.

Neben den Werken von Angekika Kauffmann (Ihr 1764 entstandenes Bildnis von Winckelmann trug maßgeblich zu seinem kometenhaften Aufstieg wie zu seinem Nachruhm) rundet ausgewähltes Interieur und Kunstgewerbe des Frühklassizismus die Schau ab und öffnet den Blick auf Winckelmanns umfassende Prägung des 18. und frühen 19. Jahrhunderts – die von der Philosophie über die Kunst bis zur Literatur reichte. In Ausstattungs- und Gebrauchsgegenständen aus der Zeit von 1770 bis nach 1800 spiegelt sich die damals mannigfache Aneignung der griechischen, etruskischen und römischen Antike wider.

Von Keramik bis Möbel

Winckelmann war einer der wichtigsten Wegbereiter der klassizistischen Ästhetik, und das auf internationalem Niveau: Der »goût grec« verbreitet sich rasch über ganz Europa bis in die neue Welt und löste nicht nur eine radikale Geschmackswende aus, sondern war auch das Kennzeichen der großen politischen Umwälzungen, die mit der amerikanischen und französischen Revolution ihren Ausgang nahmen. Der Klassizismus mit seiner fashionablen Durchdringung des Alltags stand für die neue Zeit der praktizierten Aufklärung im Gegensatz zum Barock des ancien régime. Die Ausstellung zeigt deshalb antikisch beeinflusste Wedgwood-Keramik neben Möbeln sowie Porzellan- und Silberobjekten. Inspiriert von Winckelmanns wissenschaftlich-archäologischen Schriften sowie die seiner Zeitgenossen hielt das Altertum Einzug nicht nur in adeliges, sondern auch in bürgerliches Wohnambiente.

Artikel vom 08.06.2018
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