Was die Bürger denken

Das überarbeitete PAG überzeugt nicht uneingeschränkt

Mehr Personal für die Polizei oder mehr         Rechte für die Polizei? In Erding war die Entscheidung eindeutig, allerdings nicht repräsentativ.	Foto: privat

Mehr Personal für die Polizei oder mehr Rechte für die Polizei? In Erding war die Entscheidung eindeutig, allerdings nicht repräsentativ. Foto: privat

Erding · Freiheit oder Sicherheit – es scheint, als gäbe es nicht beides zusammen. Die Logik, die dahinter steht, scheint einleuchtend. Wenn der Staat überall genauer hinsehen und früher eingreifen kann, wo Verbrechen geplant werden, bedeutet das ein Plus an Sicherheit.

Das will die regierende CSU mit der am Dienstag beschlossenen Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) erreichen. Zum Wohl der Menschen in Bayern. Die aber ­zeigen nicht ungeteilte Zustimmung.

Besonders die Oppositionsparteien im Landtag in München kritisieren das Gesetz, für das Innenminister Joachim Herrmann seit Wochen wirbt und die Schreckens­zenarien der Gegner mehrfach als »groben Unfug« bezeichnet hat.

Das Problem an der öffentlichen Debatte: Kaum einer kann wirklich im Detail mitreden. Noch weniger lässt sich vorhersagen, wie weit das überarbeitete Gesetz reichen kann und in der Praxis wird. Also hat die Erdinger SPD im Vorfeld zur Abstimmung im Landtag die Diskussion »umgedreht« und die Bürger befragt, welche Maßnahmen sie grundsätzlich befürworten oder ablehnen würden. Auf dem Schrannenplatz in der Großen Kreisstadt wurden die Menschen am vergangenen Samstag, 12. Mai, befragt: Was macht Bayern sicherer?

Dabei ging es in erster Linie eben nicht um die Inhalte des PAG, sondern darum, wie tief der Staat in den Privatbereich der Bürger reinschauen und dort eingreifen darf. Vor allem: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit der Staat im Sinne der öffentlichen Sicherheit eingreifen darf?

Die Befragten konnten in vier verschiedene Säulen Bälle ­legen und somit ihre Meinung dokumentieren. Eine deutliche Mehrheit sprach sich demnach für mehr Personal für Polizei und Justiz aus. Mehr Rechte für die Polizei und härtere Strafen empfanden deutlich weniger als sinnvolle Lösung. Psychisch kranke Menschen präventiv in Betreuung zu nehmen – die Erdinger SPD spricht hier von »wegsperren« – ist nur für eine Minderheit ein gangbarer Weg.

Gertrud Eichinger, Dritte Landrätin des Kreises Erding, hat an diesem Tag viel mit den Menschen gesprochen. Demnach verstehen die meisten unter dem Begriff »Sicherheit« etwas anderes als die Staatsregierung mit dem PAG. Es geht um gefühlte, um subjektive Sicherheit.

»Den Menschen ist bessere Sicherheit im Verkehr als Fußgänger oder Radfahrer ein Anliegen, dass sie persönlich betrifft. Die allerwenigsten fühlen sich durch Terroristen bedroht«, fasste Eichinger zusammen.

Anerkennung sprach sie Polizei und Justiz aus, dank deren guter Arbeit die Zahl der Straftaten zum Vorjahr um zehn Prozent gesunken sei, »und das, obwohl landesweit jede Menge Überstunden auflaufen und Planstellen nicht besetzt sind.«

Die SPD sieht hier Missstände, die behoben werden sollten, anstatt neue Maßnahmen zu diskutieren. Demnach sollten speziell im Landkreis Erding die Polizeidienststellen in Erding und Dorfen besser ausgestattet werden. Damit ließe sich mehr für die Sicherheit erreichen. Gertrud Eichinger: »Bei guter Politik stehen Freiheit und Sicherheit nicht im Widerspruch. Wir brauchen nicht mehr Überwachungsstaat.«

In diesem Zusammenhang durften sich die angesprochenen Bürger an der Tafel des Werte-Netzwerkes beteiligen. Mit bunten Schnüren konnten sie Wertebegriffe markieren, die ihnen am wichtigsten waren. Das Ergebnis ist zwar nicht repräsentativ, aber an diesem Tag wurden Begriffe wie Ehrlichkeit, Respekt, Teamgeist, Vielfalt und Toleranz am häufigsten genannt.

Ob damit das Ziel eines verbesserten subjektiven Sicherheitsgefühls erreicht werden kann, ist ebenso wenig belegbar, wie der durch den Weg, den die Staatsregierung geht. Weil diese aber die demokratisch legitimierte Entscheidungsbefugnis hat, entscheidet sie über die Politik in Bayern. Dabei ist es wie immer, wenn man in die Zukunft planen muss: Ob’s funktioniert, sieht man erst hinterher. cr

Artikel vom 18.05.2018
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