Ein Kommentar von Alfons Seeler

Die Botschaft hör’ ich wohl

Umworben: Geschäftsführer Michael Scharold und Präsident Robert Reisinger. Foto: Anne Wild

Umworben: Geschäftsführer Michael Scharold und Präsident Robert Reisinger. Foto: Anne Wild

München/Giesing · »Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube«, lässt Goethe seinen Faust sagen. Nicht unähnlich müssen sich die Präsidiumsmitglieder des TSV 1860 München gefühlt haben, als ihnen eine Pressemitteilung von Athanasios »Saki« Stimoniaris, dem Sprecher von Investor Hasan Ismaik, überraschend aus den Zeitungen entgegenschlug.

Nur wenige Tage nach der jüngsten Aufsichtsratssitzung, in der den Gesellschaftern die sportlichen Planungen von Sportchef Günther Gorenzel und Trainer Daniel Bierofka sowie Geschäftsführer Michael Scharold für die neue Saison in Varianten für die Regionalliga und die Dritte Liga vorgestellt wurden, tauchte überraschend Hasan Ismaik in München auf.

Auf der Terrasse eines Luxushotels ließen sich der Jordanier und seine Vertreter am vergangenen Samstag in Meister-T-Shirts fotografieren und reckten erhobene Daumen in die Kamera. Schließlich galt es den Bayerischen Meistertitel zu feiern, den die Mannschaft des TSV 1860 München errungen hatte. Ihr Trainer Daniel Bierofka, der im kommenden Jahr seine Ausbildung zum Fußballlehrer an der Hennes-Weisweiler-Akademie des DFB machen wird, gilt Ismaik als Säulenheiliger. »Der Aufstieg in die Dritte Liga wäre das Sahnehäubchen seiner (Bierofkas) selbstlosen Arbeit«, lobte Ismaik via Facebook überschwänglich. Der Selbstlose erschien dann auch Tags darauf in Begleitung von Gorenzel im Hotel, um sich die Glückwünsche persönlich abzuholen.

Am Dienstag ließ nun Sprecher Stimoniaris die Münchner Presse in einer schriftlichen Mitteilung wissen: »Mehrheitsgesellschafter Ismaik macht Zusagen für Geschäftsbetrieb und eröffnet sportliche Perspektive.« Nach einem »gemeinsamen Termin« mit Bierofka und Gorenzel hätte sich Ismaik entschlossen, »ein zusätzliches Budget zur Verfügung zu stellen, damit einerseits die Verträge des Trainerteams verlängert werden können, andererseits aber auch die Mannschaft die notwendigen zusätzlichen Verstärkungen bekommt – unabhängig von der Spielklasse«, lautet das Versprechen. Man habe entschieden, »die Wünsche von Bierofka und Gorenzel zu 100 Prozent zu erfüllen.«

Der Haken an der Sache? Die Investorenvertreter hatten zu ihrem »gemeinsamen Termin« weder Geschäftsführer Michael Scharold noch einen Vertreter ihres Mitgesellschafters geladen. Entsprechend einschränkend heißt es auch, man wolle in Kürze eine erneute Sitzung des Aufsichtsrats einberufen und »bei Geschäftsleitung und Vereinsvertretern um Wohlwollen« werben. Um welche Art der Finanzierung es sich handeln soll, darüber schweigt sich die Mitteilung aus. Bekanntermaßen lehnt das Präsidium die Aufnahme weiterer Darlehen beim Hauptgesellschafter der Profifußballtochter ab.

Dass der umtriebige Stimoniaris sich nicht einfach vorab des Wohlwollens von Geschäftsführung und Vereinsvertretern versichert hat, ehe er mit seiner emotionalen Pressemitteilung an die Öffentlichkeit ging, lässt die Vermutung aufkommen, es könnte sich um eine taktische Finte handeln. Sind die angekündigten finanziellen Mittel an restriktive Forderungen geknüpft, denen der Verein nicht nachgeben kann, müssten die Vereinsvertreter zwangsläufig ablehnen und würden als Verhinderer einer vermeintlich goldenen Zukunft gebrandmarkt.

Das Präsidium des TSV 1860 München reagierte auf die Mitteilung der Investorenseite mit der Feststellung, man begrüße das Vorhaben des Mitgesellschafters, die sportliche Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, wolle aber zunächst die Rahmenbedingungen für diesen Schritt geklärt wissen. »Stehen diese im Einklang mit Verbandsregularien sowie kaufmännischer Vernunft und greifen auch nicht in die Vereinsautonomie ein, darf von einer Zustimmung des Präsidiums ausgegangen werden«, heißt es.

(as)

Artikel vom 09.05.2018
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