Langenpreising: die Vielfalt der Sekundärbiotope

Zurück zur Natur

Hochwild wie das Reh findet Deckung zwischen den hohen Abraumhalden des früheren Kiesabbaus. Foto rechts: Ein ausgezeichneter Schwimmer: Die Ringelnatter ist schnell in den Teichen unterwegs.	Fotos: kw

Hochwild wie das Reh findet Deckung zwischen den hohen Abraumhalden des früheren Kiesabbaus. Foto rechts: Ein ausgezeichneter Schwimmer: Die Ringelnatter ist schnell in den Teichen unterwegs. Fotos: kw

Langenpreising · Wo immer der Mensch die Natur nutzt, hinterlässt er Spuren. Dabei ist Bergbau besonders augenfällig: Kiesgruben reißen riesige Wunden in die Landschaft, beeinträchtigen das Erscheinungsbild über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.

Das ist zwischen dem Langenpreisinger Ortsteil Zustorf und dem Hauptort Langenpreising in dem Bereich zwischen der Verbindungsstraße und der Sempt nicht anders. Anstatt derartige Wunden zu heilen, überlassen die Behörden solche Bereiche gerne der Natur, die sich selbst zu helfen weiß.

In dem genannten Bereich fließt der Einseegraben, der das große Wiesengebiet zwischen Sempt und den inzwischen wild bewaldeten Abraumhügeln der ehemaligen Kiesabbauflächen begrenzt. Der Kiesabbau wurde vor vielen Jahren aufgegeben bei einigen dieser Flächen, anderswo wird er noch fortgesetzt. Im Großen und Ganzen haben schon frühere Generationen diese Flächen mehr oder weniger sich selbst überlassen, und die Natur hat sie sich langsam, aber sicher zurück geholt.

Sie hat auch zumeist sorgsam überdeckt, was gedankenlose Zeitgenossen zwischen den entstandenen Weihern abgekippt haben, und was heute möglicherweise sogar als »Altlast« definiert werden müsste: So kann man zwischen Sträuchern und Bäumen auch noch einen Fahrradlenker und einen Fahrradsattel aus dem Abraumhügel ragen sehen, wenn man ganz genau hinschaut. Heute käme niemand mehr auf die Idee, solche »Altlasten« am Ende »sanieren« zu wollen. Der Eingriff in den Naturhaushalt wäre enorm. Experten nennen solche von Menschen geschaffenen Landschaftselemente »Sekundärbiotope«.

Hat der Kiesabbau zunächst eine Mondlandschaft hinterlassen, siedeln sich dann die ersten Pionierpflanzen an, sorgen für erste neue Humusschichten. Büsche, später Bäume, folgen und sehr schnell auch eine Tierwelt, die jetzt weit breiter aufgestellt ist als vor dem Eingriff des Menschen, denn die Teiche blieben zurück. Das zeigt sich auch in Langenpreising.

Der Bisam ist hier zuhause, unzählige Frösche geben ein lautstarkes Konzert und müssen sich nur vor der Ringelnatter in Acht nehmen, denn das Reptil kann hervorragend schwimmen. Zwischen den inzwischen bewaldeten Abraumhügeln findet Hochwild wie das Reh Tageseinstand und Deckung. Die großen Wiesen zwischen Einseegraben und Sempt sind keine hundert Meter entfernt und bieten Äsung für das Wild. Das wissen auch die Jäger, deren Hochsitze unübersehbar sind, und die nur vorsichtig eingreifen. Eine Fuchsfalle zeugt von genau diesen Versuchen.

Die meisten dieser Teiche sind privat, eingezäunt, teilweise sogar videoüberwacht. Etliche haben sich hier ein Refugium geschaffen, wie ein mit reichlich Patina überzogener Wohnwagen schon seit geraumer Zeit beweist. Der Naturfreund, der es versteht, sich angepasst zu verhalten und der Geduld aufbringt, findet aber trotzdem quasi direkt vor der Haustür ein Stück Wildnis vor, die bei der ganzen Debatte um Artensterben ein Lichtblick ist, ohne – und das fällt eben auf – dass ein großes Schild »Naturschutzgebiet« aufgestellt werden muss. kw

Artikel vom 04.05.2018
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