Die Zugriffszahlen sinken

Landkreis: unzureichende Vorbeugung vor Biberschäden

Wirksam, aber nur bei täglicher Kontrolle: Biberfalle, hier bei Langenpreising. 	Foto: kw

Wirksam, aber nur bei täglicher Kontrolle: Biberfalle, hier bei Langenpreising. Foto: kw

Erding · Es gibt einige Tierarten, die können bei Landwirten den Adrenalinspiegel ganz schön nach oben treiben. Der Biber bekommt hier inzwischen ernsthafte Konkurrenz, was den letzten Platz auf der Beliebtheitsskala angeht: Der Wolf. Dabei hat Isegrim einen nicht zu verachtenden Vorteil: Er ist der einzige natürliche Feind des Bibers.

Dumm nur, dass der Räuber auch dann Hunger hat, wenn sich gerade kein Biber auftreiben lässt. Wölfe hat man im Kreis Erding noch nicht gesehen, sodass der Biber aktuell noch das einzige Thema bleibt. Aber der Biber hat noch einen anderen »Fressfeind«: Der seit Mittwoch ehemalige Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU). Der nämlich verkündete einmal gut gelaunt vor einer Jagdgenossenschaftsversammlung in Bergham: »Biberfleisch schmeckt hervorragend. Hab’ ich neulich vorgesetzt bekommen.« Den Jägern wäre diese Möglichkeit einer vernünftigen Einnahmequelle ja zu gönnen, doch sieht die Realität anders aus, und die steht in einem Papier des Landratsamts zum »Bibermanagement«. Der größte europäische Nager ist nach wie vor geschützt, auch wenn es angesichts der Stärke der Population immer größere Zweifel am Sinn dieser Vorschriften gibt. Darum ist das Verfahren ausgesprochen kompliziert: Das Landratsamt muss nämlich den »Zugriff« genehmigen. Ein enstprechender Antrag muss von Einzelpersonen jedes Jahr neu gestellt werden. So sieht es das Gesetz vor. Und weil es diese Bestimmungen gibt, kann das Landratsamt natürlich auch Zahlen vorlegen und diese sind einigermaßen ernüchternd: Die Zahl der genehmigten Zugriffe hat sich gegenüber dem Vorjahr von 27 auf 35 erhöht, aber die Zahl der »entnommenen«, also erlegten Biber ist von 44 auf 29 regelrecht eingebrochen.

Die Maßnahmen liefen, auch wenn der gute Wille des Landratsamts dokumentiert ist, weitgehend ins Leere. Die Ursache dafür wird derzeit geprüft, erste Hinweise gibt es: Die Fallenbetreuung sei »verbesserungsfähig«, heißt es in einer Veröffentlichung des Landratsamts, überdies seien die Anträge oft unzureichend ausgefüllt. Es könnten also durchaus noch mehr Zugriffe genehmigt werden, wenn die Vorschriften, die das Landratsamt nicht selbst gemacht hat, sondern »nur« einhalten muss, beachtet würden. Dabei sind diese Vorschriften vergleichsweise einfach: Karte mit dem betroffenen Gewässerabschnitt, Problemschilderung, Kontaktdaten des Jagdausübungsberechtigen. Die Schäden müssen »erheblich« sein, gesundheitliche Gefährdungen des Menschen oder Gefahr für die öffentliche Sicherheit muss gegeben sein, Alternativen zur Schadensvermeidung müssen fehlen. Im Klartext: Wenn der Biber öffentliche Wege untergräbt, Menschen im hohen Gras in kaum sichtbare Löcher treten und sich verletzen können, ist Gefahr im Verzug, der Zugriff angezeigt.

Es gebe nicht viele Rückmeldungen, so das Landratsamt, das darauf verweist, dass jeder einzelne Zugriff meldepflichtig sei. Damit ist man wieder bei den Vorschriften. Dringender Rat des Landratsamts: »Zusammenarbeit aller Beteiligten optimieren«. Spitzenreiter beim Biberfang ist übrigens Eitting. Seit Beginn der Aufzeichnungen durch das Landratsamt in der Jagdsaison 2011/12 sind hier schon knapp 80 Biber entnommen worden. Langenpreising ist weit abgeschlagen mit 30 auf Platz zwei, dicht gefolgt von Moosinning, Oberding zählt im gleichen Zeitraum keine 20 Zugriffe. Naturschützer brauchen keine grauen Haare zu bekommen: Der Erhaltungszustand der Population darf sich durch den Zugriff nicht verschlechtern. Wenn er das, wie im Eittinger Fall, auch nach 80 gefangenen oder geschossenen Bibern nicht getan hat, ist das Wasser auf die Mühlen derer, die eine Lockerung der Vorschriften fordern. Aber dann müsste eben auch konsequent gehandelt werden: Die Fallen müssten täglich kontrolliert werden. Bleibt ein Biber nämlich zu lange in einer Falle stecken, ist die Grenze zur Tierquälerei schnell überschritten.

kw

Artikel vom 23.03.2018
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