Im Gespräch mit Verkehrserzieher und Polizeihauptmeister Bernhard Schweida

Ebersberg · »Die Rücksichtnahme ist stark zurückgegangen«

Bernhard Schweida. 	Foto: PI Ebersberg

Bernhard Schweida. Foto: PI Ebersberg

Ebersberg · Seit 2015 ist Polizeihauptmeister Bernhard Schweida Verkehrserzieher der Polizeiinspektion Ebersberg. Polizeioberkommissar Martin Schedo hat hiermit Unterstützung im Bereich der Verkehrserziehung bekommen. Wir haben mit ihm über das Programm »Fit im Auto« gesprochen.

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Wann hat die Kreisverkehrswacht ihr Fahrtrainingsangebot eingeführt? Wie kam es dazu?

Bernhard Schweida: Wir haben 2017 die Programme »Fit im Auto« und Motorrad-Sicherheitstraining gestartet. Grund hierfür war, dass wir der Meinung waren, dass hier Handlungsbedarf bestand. Von dem Programm »Fit im Auto« hatte ich bereits Ende 2016 gehört. Ab diesem Zeitpunkt war für mich klar, das müssen wir auch auf die Beine stellen. Meine Kollegen Martin Schedo und Dirk Anders sind selbst langjährige Motorradfahrer und wissen wie wichtig regelmäßiges Training, speziell zu Beginn der Motorradsaison, ist. Die Unfallzahlen, speziell im Bereich der Wiedereinsteiger, sprechen leider eine deutliche Sprache. Unser Ziel war ein gutes Sicherheitstraining anzubieten, dass sich auch jeder leisten kann. So verstehen wir aktive Verkehrssicherheitsarbeit.

Wie wurde das Angebot angenommen?

Schweida: Die Programme liefen anfangs etwas zäh an (7 Teilnehmer bei »Fit im Auto«) aber nachdem wir die ersten Kurse absolviert hatten, meldeten sich viele Teilnehmer aufgrund der positiven Mundpropaganda. In unseren zahlreichen Präventionsveranstaltungen bewarben wir die Programme auch. Die Kurse waren in der zweiten Jahreshälfte immer ausgebucht. Aufgrund der großen Nachfrage führten wir im November 2017 einen zusätzlichen Kurs »Fit im Auto« durch.

Was ist das oberste Ziel des Sicherheitstrainings?

Schweida: Das oberste Ziel ist die Teilnehmer sicherer für den Straßenverkehr zu machen. Das heißt wir zeigen unter anderem auch die Schwächen auf. Denn nur wer seine Schwächen kennt, kann gezielt daran arbeiten. Wir üben Situationen, die im täglichen Fahrbetrieb eher selten vorkommen, zum Beispiel eine Gefahrenbremsung oder plötzliche Hindernisse auf der Fahrbahn. Was macht zum Beispiel ein Motorradfahrer, wenn bei einer Kurvenfahrt, in Schräglage, plötzlich ein Hindernis auf der Straße liegt? Solche Situationen werden besprochen und gezielt geübt. Wir nehmen beispielsweise bei »Fit im Auto« den Teilnehmern die Angst vor der Fahrschule. Wir bringen Fahrschule und Senioren bewusst zusammen. Es ist keine Schande, im fortgeschrittenen Alter noch ein paar Fahrstunden zu nehmen. Viele (meist) Teilnehmerinnen berichten uns auch, dass sie seit Jahren oder sogar Jahrzehnten gar nicht mehr oder kaum gefahren sind, weil der Mann immer gefahren ist. Der aber jetzt aufgrund Krankheit oder Tod nicht mehr fahren kann...

Warum bieten Sie heuer erstmals auch Pedelec-Trainings an?

Schweida: Das Pedelec-Training sehen wir als sehr wichtig an, weil die Unfallzahlen im Bereich der Pedelecs stark ansteigen. Das Pedelec bringt viele Möglichkeiten, aber auch Gefahren mit sich. Die relativ hohe Geschwindigkeit kann für Ungeübte durchaus gefährlich werden. Die schweren Pedelecs haben ein anderes Brems- und Fahrverhalten im Vergleich zu herkömmlichen Fahrrädern. Zudem werden aber wertvolle Tipps und Informationen rund um das Thema Pedelec gegeben. Das Pedelec-Training wird unter Federführung von Gerhard Eberl (stellv. Vorsitzender der KVW Ebersberg) angeboten.

Wo sehen Sie bei Senioren womögliche Unsicherheiten in der Fahrweise?

Schweida: Ein Problem sind Bewegungseinschränkungen (z.B. beim Schulterblick), aber auch rechtliche Unsicherheiten/Änderungen und Gewohnheiten, die sich über die Jahrzehnte eingeschliffen haben. Auch die Fahrzeugtechnik hat sich verändert – eine Gefahrenbremsung mit einem modernen Fahrzeug ist nicht vergleichbar mit einem Fahrzeug vor 20 Jahren. Viele Teilnehmer können mit der Technik ihrer Fahrzeuge gar nicht umgehen (Tempomat, Parkassistenten, elektron. Seitenspiegel usw.)

Fahren die Leute generell »rücksichtsloser« wie früher?

Schweida: Ich denke schon, dass der Fahrstil generell egoistischer geworden ist. Die gegenseitige Rücksichtnahme ist meiner Meinung nach stark zurück gegangen. Es wird einfach nicht mehr aufeinander aufgepasst. Auch in der Fahrpsychologie versuchen wir im Bereich unserer Möglichkeiten anzusetzen.

Das Interview führte Stefan Dohl

Artikel vom 09.03.2018
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